Ennepetal. Die Verwaltung legt angesichts der Finanznot eine Liste mit Stellen vor, die die gestrichen werden könnten. Folgen wären zum Teil gravierend.

Die Stadt Ennepetal muss dringend und massiv sparen. Allein in den kommenden beiden Jahren droht ein Haushaltsloch in Höhe von jeweils etwa 15 Millionen Euro. Damit wäre das noch vorhandene Eigenkapital vollständig aufgebraucht. Um ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufstellen zu können, das aufzeigt, wie man innerhalb von zehn Jahren wieder einen Haushaltsausgleich erreichen will, sind einschneidende Maßnahmen erforderlich. Nun legt die Verwaltung ein Papier vor, in dem aufgezeigt wird, an welchen Stellen und in welchem Umfang städtisches Personal eingespart werden könnte und welche Auswirkungen sich daraus ergeben würden.

Bis zu 65 Stellen stehen zur Disposition. Im Maximalfall könnte die Stadt damit mehr als 4,6 Millionen Euro Personalkosten im Jahr einsparen – allerdings nicht ab sofort. Denn betriebsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen. Am Freitag, 12. April, wird die Vorlage Thema in einer Sondersitzung des Hauptausschusses (15 Uhr, Saal Haus Ennepetal) sein.

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Der Kämmerer und Beigeordnete Tim Strathmann, der zugleich Personaldezernent ist, betont, dass es sich bei der Vorlage um eine Übersicht darüber handelt, was aus Sicht der Verwaltung im Personalbereich möglich wäre. „Letztlich gibt es drei Bausteine, mit denen wir eine Haushaltsverbesserung erreichen können. Einsparungen beim Personal sind ein Baustein.“ Außerdem stünden die Investitionen auf dem Prüfstand. Diese beiden Bausteine würden sich zum Teil bedingen, weil beim Wegfall oder Aufschub verschiedener Bauprojekte unter anderem nicht so viele Kräfte im Bereich Hochbau benötigt würden. Der dritte Baustein sind laut Strathmann Beitragserhöhungen, nicht zuletzt im Kita-Bereich, Steuererhöhungen sowie sonstige Sparmaßnahmen.

Große Bandbreite bei Auswirkungen

Die Verwaltung erwartet nun von der Politik ein Votum, welche der aufgeführten Stellen tatsächlich gestrichen werden sollen. Zu jeder einzelnen Stelle beziehungsweise zu den Stellenanteilen erklärt die Verwaltung, welche Konsequenzen aus einem Wegfall beziehungsweise einer Reduzierung erwachsen würden. Die Bandbreite ist dabei groß und reicht von erheblich langsamerer Umsetzung von Projekten, Arbeitsverdichtung und daraus zum Teil folgenden längeren Bearbeitungszeiten über die Einschränkung von Sprech- und Öffnungszeiten bis hin zum Wegfall bestimmter Angebote und zur Schließung von Einrichtungen. Manches würden die Bürgerinnen und Bürger nicht unmittelbar bemerken, anderes würde sofort spürbar. In einigen Fällen geht es um die Streichung von ohnehin derzeit nicht besetzte Stellen, was sich mittel- bis langfristig aber natürlich ebenfalls bemerkbar machen würde.

Eingang in Personalwirtschaftskonzept

Da der Kämmerer erst am 18. April einen Doppelhaushalt für 2024 und 2025 einbringen wird, muss der Hauptausschuss bezüglich der Personaleinsparungen noch keine Beschlüsse fassen. Nicht zuletzt könnten die Politiker zunächst noch abwarten, welche Ergebnisverbesserungen andere Maßnahmen erbringen.

Die vereinbarten Stellenkürzungen sollen in ein Personalwirtschaftskonzept eingearbeitet werden, das im Zusammenhang mit dem Haushaltswirtschaftskonzept aufgestellt werden muss. Die zu reduzierenden Stellen sollen im Stellenplan mit „künftig wegfallend“ beziehungsweise „künftig umzuwandelnd“ vermerkt und bei nächstmöglicher Gelegenheit im Rahmen der Fluktuation nicht nachbesetzt werden.

Einige Beispiele, mit welchen Fragen sich der Hauptausschuss unter anderem befassen muss:

Die vorgesehene Stabsstelle Wirtschaftsförderung (mit 0,85 Stellen eingeplant) könnte ersatzlos gestrichen werden. Dadurch ergäbe sich eine jährliche Kosteneinsparung von etwa 100.000 Euro. Das Aufgabengebiet müsste zum Teil vom Amt der Bürgermeisterin mit übernommen werden. Gespräche und Maßnahmen zur Standortsicherung könnten nur noch über die Bürgermeisterin selbst laufen, eine Zusammenarbeit mit Schulen und Behörden fiele weg, es gäbe keinen kurzen Draht zur Verwaltung mehr.

Würde eine gerade freigewordene Stelle (Stellenanteil 0,69) im Bürgerbüro nicht nachbesetzt, müssten die Öffnungszeiten reduziert werden und es käme zu längeren Warte- und Bearbeitungszeiten. Mögliche Ersparnis: etwa 40.000 Euro. Die Reduzierung einer Stelle „Assistent/in an Bibliotheken“ auf eine halbe Stelle (insgesamt gibt es drei volle Stellen plus Abteilungsleitung, die auch für das Stadtarchiv zuständig ist) würde zu eingeschränkten Öffnungszeiten der Stadtbücherei führen, das Kinderprogramm der Bücherei müsste reduziert und die Nebenstelle im Reichenbach-Gymnasium geschlossen werden. Und die Streichung der Rentenversicherungsstelle hätte die Konsequenz, dass keine Rentenberatung (ein rein freiwilliges Angebot der Stadt) mehr möglich wäre.

Kindertreffs und Musikschule

Unmittelbare Auswirkungen hätte auch der Wegfall der Leitung Jugendarbeit in den Kindertreffs Voerde und Büttenberg sowie das Einsparen der dort tätigen Ergänzungskräfte: Die Einrichtungen müssten geschlossen werden. Im Musikschulbereich könnten laut Vorlage zwar geringe Stellenanteile in der Verwaltung und beim Unterricht wegfallen, dadurch würden aber Geigen- und Cello-Unterichtseinheiten im Jekits- und im Kernbereich wegfallen und das Pizzicato-Projekt mit dem Reichenbach-Gymnasium (Klassenorchester Jahrgangsstufen 5 und 6) müsste aufgekündigt werden. Sollten außerdem keine Nachbesetzungen für Kolleginnen und Kollegen, die in den Ruhestand gehen, erfolgen, hätte das zunächst gravierende Einschränkungen wie den Wegfall des Jekits-Angebots und letztendlich die Schließung der Musikschule zur Folge.

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Dutzende solcher Aufgaben und Angebote betrifft die Auflistung der Verwaltung. Nun liegt es an den Ratsfraktionen, zu beurteilen, welche Stellen komplett oder teilweise und welche gar nicht gestrichen werden sollten. Eine Vorgabe, welche Summe beim Personal eingespart werden sollte, gebe es nicht, erklärt Tim Strathmann. Letztlich müssten die drei genannten Bausteine (Investitionen, Personal, Steuern/Gebühren/Sonstiges) eine Einsparsumme von etwa 10,5 Millionen Euro erbringen, um ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept zu erstellen. Insgesamt betragen die Personalkosten der Stadt etwa 40 Millionen Euro, auf Vollzeit-Äquivalent gerechnet gibt es 573 Stellen.