Gevelsberg. Umweltverschmutzung und regelmäßige Brandstiftung: Die Wülfing-Brache in Gevelsberg ist seit Jahren ein Problem. Das soll sich ändern.
Sie liegt zwar nicht in bester Innenstadtlage und verschandelt dort das Stadtbild, trotzdem ist die Wülfing-Brache auch an der Mühlenstraße keine Augenweide. Und natürlich ist die Optik nur das kleinste der vielen Probleme, die das Areal des früheren Chemikalienhandels an der Ecke zur Drehbank verursacht. Umweltverschmutzung und Brandstiftung beschäftigen Behörden und Feuerwehr seit Jahren.
Eine Lösung schien lange Zeit nicht in Sicht, beziehungsweise kam nicht zustande. Jetzt gibt es konkretere Pläne, wie es mit der Immmobilie weitergehen soll. Die Stadt Gevelsberg möchte sie kaufen und hat die Politik darüber in Kenntnis gesetzt. Gemeinsam mit dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AAV) aus Hattingen soll so eine Möglichkeit zur Sanierung des Bodens und zum Gebäudeabriss geschaffen werden.
Die Stadt plant aber nicht, die Fläche anschließend selbst zu entwickeln. Stattdessen soll der benachbarte Recyclingbetrieb sie kaufen. Laut Stadtverwaltung hatte dieser schon in der Vergangenheit Interesse daran bekundet und sich finanziell bereits auf der Brache eingebracht. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am Montagabend Kritik an diesem Vorgehen.
Rede von Belastung für Umwelt
Erhöhte Werte von Halogenkohlenwasserstoffen in Boden, Bodenluft und Grundwasser, darüber hinaus von Mineralölkohlenwasserstoffen im Boden und im Bereich des Grundwassers führt die Stadt Gevelsberg als Schadstoffe auf, die Untersuchungen auf dem ehemaligen Gelände des Chemikalienhandels Wülfing aufgezeigt hätten. Was sperrig klingt, fasst Bürgermeister Claus Jacobi etwas griffiger zusammen: „Es ist der Umwelt nicht mehr zuzumuten, dass man das da so lässt.“ Dabei kommt er auch auf die diversen Einsätze der Feuerwehr in den vergangenen Jahren zu sprechen, die durch Brandstiftung auf der Brache immer wieder anrücken musste.
Das Gelände ist laut Stadt als sogenannte Altlast im entsprechenden Kataster des Ennepe-Ruhr-Kreises aufgeführt. Die Untere Bodenschutzbehörde sei deshalb an den damaligen Betreiber herangetreten, um ein Konzept zur Sanierung der Fläche abzustimmen. Im Laufe der Gespräche habe der Betreiber Insolvenz angemeldet. Später habe sich herausgestellt, dass wegen der Insolvenz kein Pflichtiger für die Sanierungsmaßnahmen mehr greifbar gewesen sei.
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Allerdings habe das Nachbarunternehmen Interesse an der Brache gezeigt, um sich zu erweitern. „Daraus entstand 2019 eine interessante Projektidee, bei der sich der benachbarte Recyclingbetrieb als potenziell zukünftiger Nutzer finanziell an der Sanierung beteiligt, und zwar in Höhe des Verkehrswerts des Grundstücks“, so die Stadt Gevelsberg weiter. Das Problem: Die Vorstellungen des Grundstücksnachbarn hätten nicht zu den gesetzlichen Grundlagen der Sanierungsplanung gepasst, auf die die zuständigen Stellen des Ennepe-Ruhr-Kreises allerdings Rücksicht nehmen müssten. Das Endergebnis ist bekannt: Die Fläche liegt seit Jahren brach, verfällt und stellt obendrein noch eine Gefahr dar.
Grüne fordern Wettberwerb
„Jetzt ist die einmalige Chance, hier im Schulterschluss mit dem AAV, dem Ennepe-Ruhr-Kreis und dem benachbarten Unternehmen etwas zu bewirken“, erklärte Bürgermeister Claus Jacobi im Stadtentwicklungsausschuss am Montagabend. Zuvor hatte Andreas Lange von der Grünen-Fraktion kritisiert, dass der benachbarte Recyclingbetrieb bereits als Käufer der Fläche feststünde, ohne sich dem Wettbewerb stellen zu müssen. Auch am Kauf durch die Stadt stößt die Fraktion sich. „Warum müssen wir als Stadt ein Grundstück erwerben, um es dann einem Käufer, der schonmal Interesse daran hatte, günstig zu veräußern?“, fragte Lange. „Das sind Steuergelder.“
Zum Kaufpreis der Fläche gab es in öffentlicher Sitzung keine Beratungen. Die fanden später unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bekannt ist aber, dass sich die Stadt Gevelsberg mit einem Eigenanteil von 20 Prozent an den Sanierungskosten beteiligen möchte. Nach Rücksprache mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis würden sich die Kosten für Abbruch, Bodensanierung und Gutachten auf etwa 1.000.000 Euro belaufen, wie es dazu heißt.
„Die Stadt muss jetzt mal einen Vorschlag machen, wie es damit weitergeht“, machte der Bürgermeister seinen Standpunkt klar und kam auch auf den späteren Verkauf an das Nachbarunternehmen zu sprechen: „Ob es dafür einen Wettbewerb braucht, können wir gerne prüfen.“ Es gebe aber auch immer wieder Möglichkeiten, als Stadt zu entscheiden, wenn es einer Sache dienlich sei. „Hier haben wir ein Unternehmen, das sich einbringen will“, so Jacobi weiter. „Warum soll ich ein Unternehmen, das sich hier gut entwickeln kann, der Gefahr aussetzen, dass wer anders das Grundstück kauft?“
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