Schwelm. Bündnis von Bürgermeister, Ratsparteien, DGB, Stadtsportverband und Kirchen ruft zur Demo auf. Erste große Kundgebung im südlichen EN-Kreis.
Hunderttausende Menschen gehen seit vielen Tagen im ganzen Land auf die Straße, um ihre Abscheu gegen die AfD und deren menschenverachtenden politischen Pläne zu verdeutlichen. Und nachdem diese Proteste bereits in Wuppertal, Hagen und Witten gelaufen sind, fragten sich immer mehr Menschen aus Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal: „Wann passiert bei uns denn auch etwas?“ Die erste Antwort kommt aus Schwelm: Jetzt! Am Vormittag des 3. Februar wird eine Demonstration durch Schwelm ziehen, mit dem Ziel einer großen Abschlusskundgebung auf dem Märkischen Platz.
„Zurzeit formiert sich in Schwelm ein gesellschaftliches Bündnis, das ein deutliches Zeichen für Rechtsstaat und Demokratie setzen will“, beginnt die Mitteilung der Stadt Schwelm. Dieses Bündnis besteht aktuell aus Bürgermeister Stephan Langhard, aller im Rat der Stadt vertretenen Parteien, dem DGB-Kreisverband Ennepe-Ruhr, dem Stadtsportverband sowie den Kirchen in Schwelm und ruft zu der Demonstration für Samstag, 3. Februar, ab 11 Uhr auf.
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Treffpunkt des Protests ist zunächst der Schwelmer Bahnhof. Der Demonstrationszug wird sich von dort aus in Bewegung setzen und mit Fahnen und Plakaten über die Bahnhofstraße zur Abschlusskundgebung zum Märkischen Platz ziehen. Bürgermeister Stephan Langhard, die Stadtverwaltung und Schwelms Ratsfraktionen, die die Veranstaltung auf den Weg bringen, rufen weitere Einrichtungen und Vereine – zum Beispiel aus Kultur, Gesellschaft, Sport und dem sozialen Bereich – zur Teilnahme am Veranstalterbündnis auf.
„Die Demonstration am Vormittag des 3. Februars reiht sich ein in den Protest aus der Mitte unserer Gesellschaft, der bereits in zahlreichen deutschen Städten hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus mobilisiert hat und damit beweist, dass die schweigende Mehrheit eben nicht mehr schweigt“, teilen die Veranstalter mit.
Auslöser des Aufstands der gesellschaftlichen Mitte ist das kürzlich durch das Recherche-Kollektiv „Correctiv“ aufgedeckte Geheimtreffen von hochrangigen AfD-Politikern, weiteren Rechtsextremen und finanzstarken Unternehmern, die die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland planen. Diese von ihnen sogenannte „Remigration“ weist unabweisbar Parallelen zu den Deportationen in der Zeit des Nationalsozialismus auf. Eine Situation, die die Menschen auf die Straße treibt.
Das war in Schwelm während der vergangenen Jahre immer wieder der Fall. Die erste große Demonstration, zu der Menschen aus dem weiten Umland kamen, zog im Oktober 2015 durch die Stadt. Hunderte Menschen hatten sich zu einer Gegendemonstration zusammengefunden, um Rechtsextremen, die aus ganz Deutschland nach Schwelm gekommen waren, Paroli zu bieten. Die Faschisten waren einem Aufruf der ehemaligen nationalsozialistischen Splitter-Partei „Pro NRW“ gefolgt, die gegen den Moschee-Neubau mobil gemacht hatte.
Die letzte größere Demonstration für die Werte der Demokratie hatte am 7. Januar 2022 stattgefunden. Seinerzeit waren Woche für Woche Corona-Spaziergänger durch Schwelm gelaufen – ein Sammelsurium aus Impfgegnern, Systemgegnern, Verängstigten, Verschwörungstheoretikern und Rechten. Die Gegendemo geriet allerdings zur einmaligen Sache, nachdem die Veranstalter vom Bündnis ENSSQ Linksextremen eine Bühne für generelle Kapitalismus-Kritik geboten hatten.
Nun die nächsten Demo und diesmal ist damit zu rechnen, dass tausende Menschen durch die Schwelmer Straßen ziehen werden. „Die in Vorbereitung befindliche Schwelmer Demonstration will Rechtsstaat und Demokratie stärken, damit in Deutschland nicht noch einmal Willkürherrschaft und Terror die Macht übernehmen und antidemokratische Gruppen Staat und Gesellschaft zerstören können“, teilen Bürgermeister Langhard und die Schwelmer Lokalpolitiker mit.
„Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“, so fährt das Schwelmer Veranstalterbündnis fort, „stehen für Gleichheit und Freiheit, für Volkssouveränität, Pluralismus, Toleranz und sprechen sich ausdrücklich gegen Antisemitismus aus. Demokratie ist kein Naturgesetz, sie lebt aus jedem einzelnen Bürger heraus und erfordert Engagement, Dialog und Respekt. Jede und jeder einzelne von uns verkörpert die Demokratie, mit unserer persönlichen Bereitschaft, sich für sie einzusetzen“.
Bürgermeister Stephan Langhard positioniert sich ebenfalls ganz deutlich: „Was auch immer auf uns einwirkt – Kriege unserer Zeit, Unruhen, Klimawandel, Rassismus, Antisemitismus – all das sollte unser demokratisches Handeln nicht infrage stellen, sondern im Gegenteil stärken. Wir dürfen nicht aus Opportunismus, Gleichgültigkeit oder Angst vor Reaktionen aggressiver und radikaler Zeitgenossen den Mund halten. Oft fehlt es extremen Menschen an einem solchen Stopp-Zeichen von Seiten der bislang schweigenden Mehrheit, die sich nun klar zu Wort meldet – auch bei uns in Schwelm“.
Noch ist nicht klar, in welchen Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises die AfD überhaupt antreten wird. In Ennepetal hatte sie sich zur Wahl 2020 zurückgezogen, in Gevelsberg nun zur Hälfte der Ratsperiode wieder aufgelöst, in Schwelm war sie seit ihrem Bestehen gar nicht angetreten. Allerdings war die NPD viele Jahre im Rat der Stadt Schwelm vertreten, der sich nun geschlossen gegen rechtsextreme Parteien wie die AfD stellt.
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