Ennepetal. Der Arbeitskreis Kluterthöhle hat die Russenhöhle in Ennepetal freigelegt. Was er dabei fand, ist „der Hammer“.

Die Begeisterung ist Stefan Voigt vom Arbeitskreis Kluterthöhle direkt anzusehen, als er die Gäste vor der sogenannten Russenhöhle in Ennepetal begrüßt. Einige Wochen harte Arbeit liegen hinter ihm und seinem Team – unterstützt von der Firma ABC und der Feuerwehr. 140 Kubikmeter Sprengschutt wurden beseitigt – aus der Russenhöhle und dem einige Meter weiter liegenden Russenbunker. „Da war mehr drin als erwartet“, gibt der umtriebige Höhlenforscher zu. „Am Anfang konnten wir nur auf allen vieren in die Höhle.“ Jetzt lässt sich im Innern ohne Probleme stehen und es ist noch viel Luft nach oben.

Seit August wurde gekärchert und gebaggert, was das Zeug hält. Jetzt – pünktlich zum Start der Fledermausschutzzeit – sind die „Aufräumarbeiten“ abgeschlossen. Der Geologische Dienst NRW konnte sogar schon erste Untersuchungen durchführen und hat die Felswand zwischen Russenhöhle und Russenbunker gescannt. So konnte eine 3D-Animation von allen Gesteinsschichten und -Störungen entstehen.

Hatte sich Stefan Voigt im August noch spektakuläre Funde in den beiden Hohlräumen erhofft, kann er jetzt bestätigen: „Das Ding ist der Hammer.“ Die freigelegten Wände bieten ganz besondere Einblicke in viele Millionen Jahre Erdgeschichte, das Kommen und Gehen des Ozeans und die Anpassung damaliger Lebewesen an die sich ändernden Gegebenheiten. Und in Zukunft sollen Russenhöhle und Russenbunker in Ennepetal Forschern Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit sich die Gesteinsschichten seitdem weiter verschoben haben.

Luftschutzraum für Zwangsarbeiter

Vorab noch zur Erklärung: Die beiden Höhlen heißen so, weil sie im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeitern als Luftschutzraum dienten. Auch dieser historische Aspekt soll noch weiter erforscht werden. Die Einbauten, die in Kriegszeiten im Russenbunker vorgenommen wurden, bleiben in Absprache mit dem Bodendenkmalamt erhalten. Die bisher ausgekundschaftete Ganglänge der Russenhöhle beträgt etwa 120 Meter, der Russenbunker umfasst etwa 110 Meter. Die Eingänge zu den beiden Höhlen sind im Klutertberg an der Talbahnlinie, nahe dem Spax-Firmenparkplatz An der Kehr zu finden.

Eine Wasserpfütze in der Russenhöhle bietet Raum für kleine krebsartige Grundwassertiere, die an die völlige Dunkelheit angepasst sind.
Eine Wasserpfütze in der Russenhöhle bietet Raum für kleine krebsartige Grundwassertiere, die an die völlige Dunkelheit angepasst sind. © WP | Max Kölsch

Für Besucherinnen und Besucher zugänglich sein werden sie künftig nicht. Denn: Dafür gibt es schon die nicht weit entfernt gelegene Kluterthöhle. „Hier geht es nicht um Tourismus, bei den anderen Höhlen geht es um Forschung“, bringt Stefan Voigt es auf den Punkt. Und um Naturschutz. Feuersalamander und Fledermäuse haben die Höhlen schon in Beschlag genommen. Die Eingänge hat der Arbeitskreis Kluterthöhle zugemauert, wer hinein möchte, kriecht auf allen vieren durch eine etwa kamingroße Öffnung. Fledermäusen stehen jeweils zwei kleine Einflugschlitze und mehrere Röhren dafür zur Verfügung. Kriechtiere haben eigene kleine Tunneleingänge bekommen.

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„Wir haben das gute Gefühl, dass wir hier etwas für die Natur gemacht haben“, freut sich der Höhlenexperte. Tierisch zu geht es auch bei den Forschungen zur Erdgeschichte. Wir haben hier schon acht Nautiliden gefunden, also schneckenartige Meeres-Fossilien. An einigen Stellen lassen sich auch viele versteinerte Stromatoporen, Brachiopoden und Korallen erkennen.

Fördermittel für den Arbeitskreis

„Wir sind froh, dass wir den Arbeitskreis Kluterhöhle haben“, freut sich auch Ennepetals Bürgermeisterin Imke Heymann, die für die wochenlange Arbeit in Russenhöhle und Russenbunker dankt. „Du brauchst einfach ein paar Verrückte, die das machen und die buddeln, die das mit Sinn und Verstand machen“, sagt sie. Sie kann sich gut vorstellen, dass – auch wenn Höhle und Bunker nicht öffentlich zugänglich sind – künftig Interessierte diese über 3D-Brillen in Form einer Animation erleben können.

Stefan Voigt deutet im sogenannten Russenbunker in Ennepetal auf ein Fossil im Gestein. Er und sein Team haben den Hohlraum und die nebenangelegene Russenhöhle von altem Sprengschutt und Schlamm befreit.
Stefan Voigt deutet im sogenannten Russenbunker in Ennepetal auf ein Fossil im Gestein. Er und sein Team haben den Hohlraum und die nebenangelegene Russenhöhle von altem Sprengschutt und Schlamm befreit. © WP | Max Kölsch

Und einmal im Jahr sollen sie sogar wirklich für Besucherinnen und Besucher zugänglich sein, nämlich zum bundesweiten Tag des Geotops. Dabei soll es aber bleiben, auch um der Kluterhöhle nicht das sprichwörtliche Wasser abzugraben. Und um Höhlen und Tiere darin zu schützen.

Für die Arbeiten in Russenhöhle und Russenbunker konnte der Arbeitskreis Kluterhöhle auf Fördermittel zurückgreifen. Ab kommenden Jahr soll dann auch die Renaturierung der Bismarckhöhle starten. Die ist mit 1,3 Kilometern Ganglänge weit größer als die kleinen Nachbarhöhlen und soll in mehreren Abschnitten bearbeitet werden. Auch dafür gibt es laut Stefan Voigt Fördermittel.