Schwelm. Stadt Schwelm und Trägerverein kündigen den Pachtvertrag. Mindestens zwei Sommer wird es in Schwelm nun kein Freibad geben. Das sind die Pläne.
Es war seit Jahren ein Tod auf Raten, nun haben die Stadt Schwelm und der Trägerverein den letzten Sargnagel für das Schwelmer Freibad eingeschlagen. Mit der einvernehmlichen Aufhebung des Pachtvertrages endet vorerst Schwelms Jahrzehnte lange Freibad-Geschichte. Im Rathaus unterzeichneten Bürgermeister Stephan Langhard für die Stadt sowie Ernst-Walter Siepmann und Monika Heumann für den Vorstand des Trägervereins das entsprechende Dokument. Die Chance, in Schwelm im Sommer ins Freibad zu gehen, wird es frühestens 2026 wieder geben.
+++ So soll das neue Ganzjahresbad in Schwelm aussehen +++
Nur dem Trägerverein und seinem herausragenden Engagement ist es zu verdanken, dass die Schwelmer Kinder über viele Jahre überhaupt noch der Sommerhitze in ein Freibad vor ihrer Haustüre entfliehen konnten. Rückblick: Schon im Jahr 2008 war die Stadt Schwelm pleite, die Infrastruktur marode. Das galt insbesondere für das Freibad am Ländchen. Ohne eine Alternative in der Hand oder den Plänen zu einem Neubau, wollte der überwiegende Teil der Schwelmer Politiker das hochdefizitäre Bad, das damals schon einen enormen Sanierungsstau aufwies, ersatzlos schließen.
Ein Stück Lebensqualität gesichert
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Eine Entwicklung, die vor allem Ernst-Walter Siepmann nicht hinnehmen wollte. „Mit dem Freibad hatte ich vorher gar nichts am Hut, aber das konnte ich so nicht akzeptieren“, erinnert er sich. Schnell fanden sich zahlreiche Mitstreiter, die den Trägerverein gründeten, damit die Kreisstadt nicht plötzlich ohne Freibad dasteht. Der Deal, der den Fortbestand dieses Stücks Lebensqualität sicherte, das die Stadtväter bereits damals ausradieren wollten, lautete: Aus der Stadtkasse fließt ein Zuschuss an die Pächter, die im Ehrenamt den kompletten Freibadbetrieb, inklusive des Personals, der Wartung und Instandhaltung sichern. Vorteil für die Stadt Schwelm: Die Kosten betrugen auf einen Schlag nur noch zwischen zehn und zwanzig Prozent dessen, was die Nachbarstädte Gevelsberg und Ennepetal Jahr für Jahr für ihre Freibäder – auch weiterhin – aufwenden.
Sommer für Sommer für Sommer richtete das Team des Trägervereins das Schwelmebad her, sorgte für strahlende Gesichter bei den Kindern und erlangte selbst eine gewisse Prominenz in der Stadt. Siepmann: „Ich wurde plötzlich von Kindern in der Fußgängerzone erkannt, die mich freudig begrüßten.“
Doch neben den vielen schönen Momenten, die das Team erlebte, während es zehntausenden Besuchern vielen Sommern durch sein Engagement eine Abkühlung verschaffte, dürfen zwei Sachen nicht unter den Tisch fallen. Erstens: Ehrenamtlich ein Freibad zu betreiben, ist mit einem gigantischen Arbeitspensum verbunden. „Es stört mich nicht, dass ich nun nicht mehr jeden morgen um 5 Uhr aufstehe, um rechtzeitig am Bad zu sein“, sagt Ernst-Walter Siepmann. Zweitens: Über all die Jahren herrschte ein starkes Ringen des Trägervereins mit mehreren Bürgermeistern und unterschiedlichen politischen Mehrheiten im Rat der Stadt Schwelm um größere finanzielle Unterstützung.
Keinen Schwimmmeister mehr gefunden
Denn: Die Substanz des Schwelmebads wurde zunehmend schlechter, die Reparaturen häuften sich, die Kosten stiegen. Gleichzeitig kostete das überbordende Engagement für das Freibad auch bei den Köpfen des Trägervereins immer mehr Substanz. Schwerste gesundheitliche Rückschläge bremsten den Vorsitzenden Ernst-Walter Siepmann und seine Stellvertreterin Monika Heumann vor allem in jüngster Vergangenheit mehr und mehr aus. Dazu, dass so die Saisonvorbereitung und die Durchführung immer schwieriger wurden, kam in diesem Jahr noch, dass die Verantwortlichen keinen Schwimmmeister fanden, der die Sicherheit gewährt und für den Betrieb zwingend erforderlich ist. Ende Juni hieß es bereits: Das Schwelmebad bleibt geschlossen.
Wenige Wochen später ist das Freibad nun auch formell im Büro von Bürgermeister Stephan Langhard abgewickelt worden. „Das Team des Trägervereins um Ernst-Walter Siepmann hat damit ungezählten Bürgerinnen und Bürgern noch viele Sommer lang den Schwimm- und Badespaß unter freiem Himmel ermöglicht. Dieses ehrenamtliche Wirken über viele Monate im Jahr hinweg kann nicht hoch genug gewürdigt werden“, dankte der Bürgermeister allen Aktiven rund um das Freibad.
Wann Schwelm wieder ein neues Freibad bekommt, ist ungewiss. Das Ziel, das Politik und Verwaltung einmal angepeilt hatten, wenn alles optimal läuft, lautete Neueröffnung eines Ganzjahresbads an selber Stelle im Sommer 2026. Theoretisch könnten ab sofort die Bagger anrücken, doch so weit sind Planungen und Ausschreibungen noch nicht vorangeschritten.
Kostenrahmen schon jetzt pulverisiert
Und dann schwebt über all dem auch noch das Damoklesschwert der Kosten. Hatte die Politik vor knapp zwei Jahren eine Kosten-Obergrenze in Höhe von 15 Millionen Euro für den Bau des Ganzjahresbades beschlossen. Doch für viele schien dieser Beschluss schon damals höchstens symbolischen Wert zu haben. Und die Befürchtungen, dass niemand für eine vergleichsweise derart geringe Summe ein topmodernes Ganzjahresbad baut, bewahrheitete sich zügig.
Bereits ein Jahr später, nachdem mit dem Planungsbüro pbr aus Osnabrück ein Objekt- und Freianlagenvertrag geschlossen wurde, das den Realisierungswettbewerb gewonnen hatte, landete die erste grobe Kostenschätzung der Verwaltung bei 21,5 Millionen Euro plus mindestens weitere 1,5 Millionen Euro an Planungskosten. Ein Plus von fast 50 Prozent über der von den Fraktionen verfügten Grenze, bevor überhaupt ausgeschrieben wurde. Das begründete der technische Beigeordnete der Stadt Schwelm, Ralf Schweinsberg, in dessen Verantwortungsbereich im Rathaus der Bau liegt, der Politik im Januar wie folgt: „Als Sie die Summe beschlossen haben, herrschte auch noch Frieden in der Ukraine.“
Es bleibt also abzuwarten, wie er die Kosten halbwegs in dem Rahmen halten will, den der Ratsbeschluss ihm vorgibt. Ein Weg soll nun über Fördermittel laufen. Die Verwaltung hat einen entsprechenden Antrag beim Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur (SJK)“ eingereicht.
Nun liegt es nach der Auflösung des Pachtvertrags also wieder in der Hand der Politik und der Verwaltungsspitze, dass die Schwelmer so schnell wie möglich wieder im Sommer unter freiem Himmel schwimmen gehen können.
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