Gevelsberg. So war der allerletzte Gottesdienst in der Liebfrauenkirche in Gevelsberg. Jetzt wird die Kirche geschlossen.
Es war ein würdiger, ein emotionaler Abschied in der Liebfrauenkirche am Sonntagmorgen. Viele Menschen waren gekommen, um den letzten Gottesdienst in „ihrer“ Kirche mitzufeiern. Sehr viele, sodass kein Platz frei blieb, weder unten im Kirchenschiff noch oben auf der Empore. Es herrschte festliche Stimmung, auch wenn der Anlass kein freudiger war: Nach knapp 70 Jahren wird die Liebfrauenkirche endgültig geschlossen.
„Wie viele Taufen hat diese Kirche erlebt?“, fragte Propst Norbert Dudek in seiner Predigt. „1312, haben wir nachgezählt. Aber sicher waren es mehr, denn die italienische Gemeinde haben wir nicht mitgezählt.“ Hinzu kommen Hochzeiten, Firmungen, Kommunionfeiern. Und viele von diesen Menschen saßen an diesem Morgen beim Abschiedsgottesdienst und vergossen die ein oder andere Träne. Denn es sind bedeutende Erinnerungen, die sie mit diesem Orten verbinden. „So schauen wir auf dieses Lebenswerk zurück und, bitte, nicht mit Groll“, bat auch Propst Norbert Dudek.
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Trotz aller Trauer spürte man den Blick nach vorn und durchaus auch Offenheit für die neuen Pläne. Die sehen für das Gebäude an der Hagener Straße zum einen etwas ganz Neues vor, aber auch Altbewährtes kann bleiben: So entstehen im Kirchenschiff auf zwei Etagen Wohngruppen für Menschen mit Behinderung. Auch der alte Kirchturm von Liebfrauen bleibt als Landmarke erhalten.
Minutenlanger Applaus
Hinzu kommen eine kleine Kapelle, Räume für die Bücherei und die Kleiderkammer sowie ein neuer, viergruppiger Kindergarten. Trotz Verkauf und Schließung der Kirche kann ein Teil der Gemeindearbeit vor Ort bleiben – und Gottesdienste werden künftig für alle in der St.-Engelbert-Kirche stattfinden. „Ich glaube, das ist die beste Lösung, die wir uns hätten wünschen können, wenn die Kirche schon aufgegeben werden muss“, sagte auch Reinhold Lorch, der seit seiner Geburt Teil von Liebfrauen ist und auch in der Schola singt, die den Abschiedsgottesdienst musikalisch begleitete und am Ende minutenlangen Applaus bekam.
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Die Schließung der Kirche Liebfrauen reiht sich in einen Prozess ein, der im gesamten Bistum Essen Umsetzung findet und auch an der Propstei St. Marien nicht vorbei geht. Die abnehmenden Kirchensteuereinnahmen machen Sparmaßnahmen nötig und immer weniger Priester eine Konzentration auf weniger Kirchen – von ausbleibenden Kirchenbesuchern ganz zu schweigen. So wurden unter anderem auch Kirchen in den Blick genommen und hinterfragt, welche Standorte in den Gemeinden noch sinnvoll sind. „Die Entscheidung fiel aus verschiedenen Gründen auf Liebfrauen“, erklärte Matthias Wittwer vom Kirchenvorstand, der mit der Abwicklung betraut ist. Es war ein Abschied auf Raten, bereits seit 2015 hat die deutsche Gemeinde keine Sonntagsgottesdienste mehr in Liebfrauen gefeiert. Lebendiges Gemeindeleben gab es deshalb in den vergangenen Jahren immer weniger und sowohl die deutsche als auch die italienische Gemeinde, die dort ebenfalls ihre Messen feierte, konnten sich allmählich mit dem Gedanken abfinden.
Kirche geschlossen
Am 2. Mai 1954 wurde die Kirche „Unsere Liebe Frau“, kurz: „Liebfrauenkirche“ eingeweiht.
Nach dem Abschiedsgottesdienst am 4. Juni bleibt die Kirche nun geschlossen und wird lediglich für Ausräumarbeiten betreten. Alle Gottesdienste finden in St. Engelbert statt.
Bis zum Ende des Jahres soll die Kirche in den Besitz der Firma urwohnen übergehen, die als Investor auftritt. Die Evangelische Stiftung Volmarstein wird Betreiber der Wohngruppen und des neuen Kindergartens Liebfrauen.
So überwog beim Abschiedsgottesdienst die Zuversicht und der Blick nach vorn. „Wir als Gemeinschaft bleiben ja erhalten und müssen uns jetzt einfach etwas sammeln, um dann in St. Engelbert weiterzumachen“, sagte Silvia Buchholz, die die katholische Bücherei leitet und froh ist, dass diese erhalten bleibt.
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Auf den Weg machen, das ist auch das Bild, dessen sich Propst Dudek in seiner Predigt bediente, als er eine Anekdote aus der Liebfrauenkirche erzählte: Die Kirche birgt offenbar so manches Geheimnis, unter anderem ein unsichtbares Mosaikbild, das Jesus Christus darstellt und hinter einer Trockenbauwand verborgen liegt. „Bei diesem Mosaik fehlt ein Stück, nämlich die Stelle, an der später die Fenster für die Sakristei eingebaut wurden. Es fehlen die Füße Jesu. Liebe Schwestern und Brüder, die Füße sind wir. Wir, die wir miteinander leben heute, und miteinander in die Zukunft gehen.“