Ennepetal. Waldretter werden ist ganz einfach: Wer den Wäldern in Ennepetal helfen möchte, muss dafür gar nicht viel tun.
Montagmorgen. Die Maschinen bei der Firma Alfred Thun stehen still. Ins Schwitzen geraten die Beschäftigten trotzdem – in einem Waldstück in Mühlinghausen, ein etwa 45-minütiger Fußmarsch entfernt von ihrem Betrieb an der Peddenöde. Sie setzen 500 Bäume in die Erde und engagieren sich gemeinsam im Namen des WESTFALENPOST-Projekts als Waldretter in Ennepetal. Es ist eine freiwillige Aktion für die Belegschaft des Unternehmens, fast alle machen mit. Einzig ein Mitarbeiter am Telefon und zwei im Lager halten die Stellung im Betrieb, während alle anderen die Spaten in den Boden versenken und die Wurzeln der Setzlinge mit Erde bedecken. Ein Einsatz, der entscheidend für die Zukunft der heimischen Wälder ist.
„Wir haben in Deutschland in den vergangenen Jahren so viel Wald verloren, dass die Fläche zusammen genommen so groß wie das Saarland ist“, sagt Klaus Peter. Der Förster ist im Auftrag des Ruhrverbandes Ruhr (RVR) für einen Großteil der Flächen im Ennepe-Ruhr-Kreis zuständig. Gerade Ennepetal hat es stark getroffen. „Der Anblick auf diesen massiven Kahlschlag tut weh“, sagt Alexander Thun, der Geschäftsführer des Betriebs, der Komponenten für Fahrräder und E-Bikes produziert.
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Dass an diesem Morgen so gut wie alle aus seinem Team Bäume pflanzen, etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt derzeit das Ennepetaler Familienunternehmen, damit hätte Alexander Thun nicht gerechnet. Jetzt hat er als Schirmherr des Waldretter-Projekts das nächste Ziel im Blick. Er möchte, dass noch mehr Namen an der Sponsorentafel auftauchen, sich noch mehr Mitstreiter finden. Vor knapp zwei Jahren rief die WESTFALENPOST zusammen mit dem RVR und Waldlokal das Waldretter-Projekt ins Leben. Seitdem ist viel passiert. „4400 Bäume sind in Ennepetal schon gepflanzt worden“, weiß Klaus Peter. 1000 beim ersten Waldretter-Fest im April 2022, 2900 in den vergangenen Wochen in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen und an diesem Montagmorgen weitere 500.
55.000 Bäume wurden mittlerweile im gesamten Kreisgebiet gepflanzt. Der Förster ist dankbar für die große Unterstützung, denn es seien die vielen Spenden und auch Aktionen, die solche Mengen überhaupt erst möglich machen, auch wenn das Ziel noch längst nicht erreicht ist. Er weiß: Alleine sei es nicht zu leisten, die heimischen Wälder wieder aufzuforsten. Wichtig sei auch, dass die Leute mit eigenen Augen sehen, wie groß die Schäden sind, die der Borkenkäfer und die lang anhaltende Trockenheit angerichtet haben, um das Bewusstsein für das Thema zu stärken. Pflanzaktionen wie diese seien entscheidend.
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Heute sind die Bedingungen gut. Der Boden ist feucht, in den tiefen Schichten fehle das Wasser noch, aber Klaus Peter geht davon aus, dass die Setzlinge gut angehen werden. Dieses Mal hat er Traubeneiche, Rotbuche, Bergahorn, ein paar Lärchen und Wildkirschen dabei. Baumarten, die widerstandsfähiger sind als die Fichten, die die Landschaften jahrzehntelang prägten. Klaus Förster sagt: „Die Baumschulen kommen kaum hinterher und haben längst nicht so viele Setzlinge wie derzeit benötigt werden.“
Es ist ein langer Atem gefragt – und viel Muskelkraft. Die Spitzhacke von Oliver Klimaschewski ist an diesem Morgen am begehrtesten. Der Mitarbeiter der Firma Thun war schon beim ersten Pflanzfest dabei und kann sich noch gut an den harten Boden erinnern. Seine Kolleginnen und Kollegen sind dankbar. Jeder darf mal die Spitzhacke schwingen und dafür sorgen, dass die Löcher in der Erde tief genug sind. „Im Büro wäre es weniger anstrengend“, sagt ein Mitarbeiter und lacht. „Spitzhacke“ ruft jemand. „Es ist ein schönes Gefühl, so etwas Gutes zu tun“, sagt ein anderer. „Nur gut, dass nicht wieder so viel Schnee liegt, wie bei der ersten Pflanzaktion.“
So können Sie Bäume spenden
Wir laden alle ein, sich an der Wiederaufforstung von Südwestfalen zu beteiligen und selbst Waldretter zu werden. Eine Baumspende ist ab einem Betrag von 5 Euro möglich. Dafür wird die Fläche gerodet und hergerichtet, ein Setzling gepflanzt und gepflegt. Und weil nicht jedes Bäumchen angeht, wird bei Bedarf noch mal nach gepflanzt.
Ab einem Betrag von 50 Euro, also ab 10 Baumspenden, wird auf Wunsch eine Spendenquittung ausgestellt. Hier geht’s zur Spende: wp.de/waldrettern
Baumpate werden: Da die Wiederaufforstung eine Generationenaufgabe ist, kann man auch Baumpate werden. Für monatlich 10 Euro wird der Spender Pate einer 50 Quadratmeter großen Waldfläche, um für eine kontinuierliche Wiederaufforstung zu sorgen. Wer 19 Euro monatlichspenden möchte, wird Pate von 100 Quadratmetern Mischwald. Details: waldlokal.com/waldretter-projekt
Direktspenden sind möglich an: WaldLokal gGmbh; IBAN: DE794145 0075 0000 0283 57; Verwendungszweck: Waldretter/ und Ort der Aufforstung.
Die Partner des Waldretter-Projektes in Ennepetal sind: Waldlokal gGmbH und der Regionalverband Ruhr Grün.
Kurze Zeit später zieht sich der Himmel zu, Schneehagel, Graupel. Zeit für eine Stärkung mit Kaffee und Brötchen mit veganem Aufschnitt vom Voerder Kreiselmarkt. „Ich gehe hier seit Jahren regelmäßig spazieren“, sagt Patrick. Er sei froh, dass er eine Möglichkeit habe, zu helfen, die Flächen wieder aufzuforsten, statt nur zu zu sehen, wie der Wald Stück für Stück verschwindet.“ Er war auch beim ersten Mal dabei, und er will es auch beim nächsten Mal sein. Ende des Jahres, sofern Bäume zu haben sind, soll es die nächste große Pflanzaktion im Rahmen des Waldretter-Projektes geben. Um dem Ziel, insgesamt 23.000 Bäume zu pflanzen näher zu kommen.