Schwelm. Im Haupt-, im Ehrenamt und bei der Schwelmer Jugendfeuerwehr fehlen Fachkräfte. Parallel steigt die Einsatz-Zahl in Schwelm auf ein Rekordhoch.
780. Das ist die Zahl an Einsätzen der Feuerwehr Schwelm im vergangenen Jahr. Und diese liegt somit auf einem Rekordhoch. „Diese hohe Einsatzzahl stellt eine extreme Belastung der ehren- und hauptamtlichen Einsatzkräften dar“, betont Matthias Jansen, Leiter der Feuerwehr Schwelm, bei der Jahreshauptversammlung am vergangenen Freitag in der Mensa des Märkischen Gymnasiums. Einen genauen Grund für diese hohe Zahl gibt es jedoch nicht. „Man kann keinen Aspekt finden, an dem man das festmachen kann. Es ist eher der Trend wie in den Jahren zuvor auch.“ Somit gehe der Einsatz-Anstieg nicht auf die Lockerung der Corona-Regeln, die Rückkehr zum „normalen Leben“ zurück.
Lesen Sie auch:
Schüsse in Gevelsberg: 15-Jähriger zieht plötzlich Pistole
Großes Geschäft in Schwelmer Hauptstraße schließt
Schwelm: Vater missbraucht die eigenen Töchter mehr als 1400 Mal
Vielmehr habe es mit dem allgemeinen Anstieg in jeglichen Bereichen zu tun. Dieser wurde auch unter anderem bereits durch die Kreispolizeibehörde mit Blick auf Verkehrsunfälle erläutert. „Wir unterscheiden zwischen Brandeinsätzen und Technischer Hilfeleistung“, erklärt der Leiter der Feuerwehr hierzu. Vor allem Zweiteres habe zugenommen. Zu Technischen Hilfeleistungen zählen sogenannte „Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachen“. So hilft die Feuerwehr beispielsweise bei Überschwemmungen, bei Rettungen von Tieren oder bei der Bergung von Unfallfahrzeugen. Aber auch die Beseitigung von Sturmschäden, die Rettung von Menschen über die Drehleiter, Türöffnungen oder die Beseitigung von Ölspuren fallen unter Technische Hilfeleistungen.
Es ist das erste Mal seit der Pandemie, dass die Jahreshauptversammlung der Schwelmer Feuerwehr wieder in Präsenz und ohne jegliche Einschränkungen stattfinden kann. In seiner Rede machte Matthias Jansen jedoch nicht nur auf die enorm hohe Zahl der Einsätze aufmerksam, er spricht zudem über die durchaus schwierige und herausfordernde Personalsituation sowie die Zukunft der Feuerwehr und die enorm wichtige Bedeutung der Ehrenamtlichen.
„Wir haben hier 45 Stellen im hauptamtlichen Bereich“, berichtet Matthias Jansen im Gespräch mit der Redaktion. Lange Zeit gab es hier vakante Stellen, im Moment können die durch Ausbildungsplätze besetzt werden. Vier Menschen beginnen ab dem 1. April ihre Ausbildung zum Feuerwehrmann beziehungsweise zur Feuerwehrfrau. Doch die Situation bleibt weiter angespannt. „Es ist sicherlich so, dass nicht nur Stellen in Schwelm vakant sind, sondern gerade was das Hauptamt betrifft in ganz NRW, wenn nicht sogar deutschlandweit.“
Laut Jansen habe das insbesondere mit der Struktur, Besoldung und Attraktivität zu tun. Der Job als Feuerwehrmann oder aber Feuerwehrfrau sei schlichtweg nicht mehr so beliebt. Und Ereignisse wie zum Beispiel während der Silvesternacht in Berlin beschleunigten den Vorgang, dass weniger Menschen zur Feuerwehr wollen, natürlich. „Die Menschen, die hier arbeiten, die machen das aus vollster Überzeugung, die machen das, um anderen Menschen zu helfen. Die Not der anderen steht da an höchster Stelle“, betont der Leiter der Schwelmer Feuerwehr. Wenn jemand zu einem Einsatz gerufen wird, mache dieser sich im Vorfeld bereits viele Gedanken darüber, was vor Ort auf ihn zukommen könnte. „Es fährt keiner von uns mit einer negativen Absicht in den Einsatz. Wir fahren in den Einsatz, um Menschen, die sich bei uns gemeldet haben, zu helfen“, macht Jansen sein Unverständnis gegenüber Geschehnissen wie denen in der Silvesternacht noch einmal deutlich.
Ein „24/7-Job“
Der Leiter der Schwelmer Feuerwehr weiß: „Das ist einfach nicht mehr so ein begeisterungsfähiger Beruf für Menschen. Wir machen das 24 Stunden, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr“, so Jansen. Gleichzeitig nimmt der Leiter der Feuerwehr Bezug auf Einsatzbereitschaft an Feiertagen, an Heiligabend. „Vor allem im Ehrenamt tragen das ja auch die Familienangehörigen mit“, sagt er. Daher zieht er den Hut zwar vor allen Feuerwehrmännern und -frauen, doch insbesondere vor den Ehrenamtlichen und deren Familien.
Die vakanten Stellen betreffen so vor allem auch das Ehrenamt. Hier seien derweil 120 Menschen aktiv, doch bei der hohen Anzahl an beruflichen Auspendlern, Urlauben und vielen weiteren Faktoren, sei die Zahl nicht so hoch, wie der erste Gedanke zunächst vermuten lässt, erklärt Matthias Jansen. „Wir haben einfach einen Fachkräftemangel“, betont er. „Beim Ehrenamt leisten die Arbeitgeber nun mal auch einen hohen Aufwand. Die Mitarbeiter müssen für Schulungen und Einsätze teils freigestellt werden. Und das ist natürlich auch für diese Betriebe schwierig bei einem allgemeinen Mangel an Fachkräften.“ Jansen dankt den zahlreichen Arbeitgebern daher ungemein für ihre Anstrengung, damit deren Mitarbeiter ihrer Leidenschaft „Ehrenamt“ nachgehen können.
Gleichzeitig spricht Matthias Jansen bei der Jahreshauptversammlung und im Gespräch mit der Redaktion über die angespannte Situation bei der Jugend-Feuerwehr. Hier gibt es eine Entwicklung, die die Feuerwehr sehr beunruhigt, sagt er. Die Folgen der Pandemie seien extrem, die Jugendfeuerwehr hat unter Corona so gelitten, dass sie Mitglieder verloren hat, Plätze bis heute nicht nachbesetzt werden konnten.
Dennoch betont der Feuerwehr-Leiter: Die Sicherheit in Schwelm und für Schwelmer Bürgerinnen und Bürger ist keinesfalls gefährdet. Zumindest aktuell nicht. Über einen längeren Zeitraum Prognosen abgeben, das kann Matthias Jansen jedoch nicht. „Wir versuchen weiter, permanent zu werben, die Feuerwehr immer wieder zu präsentieren, darzustellen und auf sie aufmerksam zu machen.“
+++ Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal: Nichts mehr verpassen mit unserem kostenfreien Newsletter +++
Einen Vorteil sieht der Chef der Schwelmer Feuerwehr auch in den neuen Standorten. Das geplante neue Feuerwehrgerätehaus sowie die moderne Feuer- und Rettungswache seien zwar Punkte, wo es „eine Erfordernis gibt, diese Standorte zu erneuern“, dennoch sei „solch ein neues, modernes Gerätehaus und solch eine Wache zu beziehen und dort den Dienst zu tätigen natürlich auch ein Motivationsfaktor.“ Und zwar nicht nur für die Menschen, die bereits da sind, auch für die, „die noch zu uns kommen wollen“. Allerdings ist für Matthias Jansen auch hier wichtig: „Die, die wir haben, müssen wir halten.“ Und das sei insbesondere durch Wertschätzung und Anerkennung möglich, aber auch mit solchen Bauaspekten, die für die Zukunft moderne Arbeitsplätze für einen anspruchsvollen Job bieten.