Schwelm. Nadine Blumenroth (29) aus Schwelm hat zwei Kinder. Sie spricht offen darüber, wie sie mit der Erwartungshaltung an junge Mütter umgeht.

Das Beste, was eine Frau sein kann, ist Mutter. Kinder zu haben ist rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr das Schönste, was es gibt. Soviel zu einem Bild, mit dem sich wohl nicht wenige Frauen konfrontiert sehen. Auch, wenn sie das selbst manchmal anders empfinden – trotz aller Liebe für ihren Nachwuchs. Eine dieser Frauen ist Nadine Blumenroth aus Schwelm.

Die 29-Jährige hat zwei Söhne, einer ist drei Jahre alt, der andere sieben Monate. Und vorab ist ganz wichtig, zu betonen: Sie liebt ihre Kinder über alles und ist von ganzem Herzen Mutter. Sie wollte Mutter sein und ist froh über jede Sekunde, die sie mit ihrer jungen Familie verbringen darf. Dennoch gibt es manchmal Momente, da hadert sie mit der Rolle, die ihr von der Gesellschaft zugeschrieben wird, wie sie sagt. Mit einer Erwartungshaltung anderer. Aus ihrer Sicht wird das Mutter sein von vielen zu stark romantisiert. Gefühlt jede und jeder hat für sie Ratschläge parat, wenn es schwierig wird.

Und schwierig wird es bei der jungen Frau aus Schwelm schon bei der ersten Schwangerschaft. „Man soll sich ja freuen über die Schwangerschaft und es ist total toll“, beschreibt sie das Gefühl, das andere ihr vermitteln. Und natürlich hätten sie und ihr Mann sich sehr gefreut. Die Schwangerschaft sei geplant gewesen. Das Problem: Nadine Blumenroth muss sich über Monate hinweg ständig übergeben. Trotzdem arbeitet sie nebenbei bei ihrer Großmutter in einem Kiosk. „Ich hatte einen Arzt, der mich nicht krankschreiben wollte“, erzählt sie. „Stellen sie sich nicht an, andere Frauen haben das auch geschafft“, habe sie zu hören bekommen.

Plazentaablösung und Anomalien

Sie fühlt sich dort immer unwohler und wechselt zu einer Ärztin, die sie sofort krankgeschrieben habe. „Nach sieben Monaten Übergeben wurde es dann besser“, erinnert sich die 29-Jährige. „Dann habe ich mich auch eher wohlgefühlt.“ Ihr erster Sohn kommt schließlich drei Wochen zu früh auf die Welt. „Ich hatte eine Plazentaablösung“, sagt Nadine Blumenroth. Für ihren Sohn und auch für sie potenziell lebensbedrohlich. Zum Glück geht es beiden im Nachhinein gut. Ihr erstes eigenes Kind auf dem Arm zu haben, überwältigt die 29-Jährige aber nicht in dem Maße, wie sie es erwartet hatte. Dieses Gefühl sei erst später gekommen. Stattdessen sieht sie es pragmatisch. „Am Anfang habe ich gedacht: ,Okay, das ist jetzt mein Kind. Das kriegen wir hin.“

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Und dieses Kind entpuppt sich als sehr unkompliziert. „Ein richtiges Anfängerkind“, sagt die junge Mutter. Es schläft nachts durch, nach drei Monaten habe sie abstillen können. Kompliziert sei es mit ihrem zweiten Sohn gewesen. „Die zweite Schwangerschaft war noch schlimmer“, verrät sie. Wieder kämpft sie damit, sich übergeben zu müssen auch nachts. Sie sei deswegen sogar ins Krankenhaus gekommen. Ein weiteres Mal landet sie dort wegen Corona. Im fünften Monat werden bei ihr eine Plazenta- und eine Nabelschnuranomalie festgestellt. Auch ihr zweiter Sohn kommt daher drei Wochen früher als geplant zur Welt. Dieses Mal per Kaiserschnitt. Bei einer normalen Geburt hätte in diesem Fall zu viel schief gehen können, erklärt Blumenroth.

Zum Glück ist ihr Kind kerngesund. Die Narbe schränkt sie noch heute körperlich ein. „Als der Kaiserschnitt war, war ich mit den Nerven am Ende. Ich habe mich wie ein Pflegefall gefühlt“, gibt die 29-Jährige zu. Eine Hebamme habe sie von vornherein nicht haben wollen. „Ich wollte mich nicht verunsichern lassen. Ich dachte: ,Ich bin die Mutter, ich weiß dann schon, was richtig ist.“ Der neue Familienzuwachs tut sich schwerer mit dem Stillen als der große Bruder. Nachts hält er seine Eltern regelmäßig auf Trab, schreit generell viel.

Erwartungen an die Mütter

„Als er viereinhalb Monate alt war, hatte ich ihn eigentlich abgestillt“, sagt die junge Mutter. Beim Feiern trinkt sie deshalb das erste Mal seit langem wieder Alkohol. Zuhause liegen danach wieder die Nerven blank, denn auf einmal will ihr Sohn die Flasche doch nicht mehr. Stillen kann sie ihn in dem Moment aber auch nicht. Es wird eine lange Nacht. Mittlerweile hat sich die Situation entspannt. „Im Moment wird es immer besser“, freut sich die Schwelmerin. Zwar werden nun beide Kinder nachts wach, die jungen Eltern haben aber ihren Umgang damit gefunden.

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Und auch wenn sie das Gefühl hat, dass die Gesellschaft von ihr erwartet, nur noch Mutter zu sein, bemüht sich Nadine Blumenroth, ein eigenständiges Leben zu führen. „Man ist Mama, man ist Frau und man ist auch noch Freundin für andere“, sagt sie. „Wenn ich mich mit anderen Müttern treffe, reden wir gar nicht über unsere Kinder.“ Sie und ihr Mann wechseln sich mit der Betreuung ab, wenn einer von beiden unterwegs sein möchte.

Die 29-Jährige weiß, dass einige Väter ihre Frauen auch mit Erwartungen konfrontieren. „Die sehen immer nur, dass alles funktioniert, denken, dass Frauen geborene Mütter sind und wundern sich, wenn der Haushalt mal nicht gemacht ist“, ärgert sich Blumenroth. Sie hat aber auch hier ihren Weg gefunden, damit umzugehen. Und wenn ihr jemand heute Ratschläge gibt, wie sie zu sein hat oder wie sie mit ihren Kindern umzugehen hat, hört sie einfach nicht mehr hin. „Ich gehe nicht mehr darauf ein und sage einfach ,okay’.“ Einen Ratschlag für andere Mütter hat sie dann aber doch: „Du wirst wissen, was dein Kind braucht. Lass Dich nicht unter Druck setzen von anderen und bleib locker.“