Ennepetal. Glasfaser für (fast) alle: Das verspricht sich die Stadt Ennepetal von einem Kooperationsvertrag mit der Firma UGG. Doch so einfach ist es nicht.

Die Stadt Ennepetal soll Verhandlungen über eine Kooperationsvereinbarung mit dem Unternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“ aufnehmen. Einen entsprechenden Auftrag erteilte der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung in seiner jüngsten Sitzung einstimmig. UGG plant, das gesamte Stadtgebiet innerhalb von 18 Monaten mit Glasfaser im so genannten Eigenausbau auszustatten. Der Breitbandbeauftragte des Ennepe-Ruhr-Kreis, der Ennepetaler Ulrich Schilling, warnt vor zu hohen Erwartungen bezüglich der tatsächlichen Ausbaudichte, sagt aber auch: „Das ist auf jeden Fall besser als nichts.“

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„Das Unternehmen ist vor einigen Monaten auf uns zugekommen“, erklärte der Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt, Marco Heimhardt. Zwischenzeitlich habe ein erstes Austauschgespräch stattgefunden, in dem UGG das Vorhaben erläuterte. Demnach würden durch den Eigenausbau keine Kosten auf die Stadt zukommen, auch die Bürgerinnen und Bürger würden nicht an etwaigen Kosten beteiligt. Nicht von UGG erschlossen würden Anschlusspunkte in den Bereichen, in denen bereits Glasfaseranschlüsse vorhanden oder derzeit im Bau sind.

Im Vergleich mit anderen Interessenten besteht eine Besonderheit in der Zusammenarbeit von UGG darin, dass die Stadt Grundstücke für größere Verteilerkästen bereit stellen müsste. Der Vorteil für die Nutzer liege laut Verwaltung darin, dass jedem ein eigener Netzanschluss an den Hauptstrang der Glasfaserleitung zur Verfügung stünde und die Bandbreite nicht, wie bei anderen großen Anbietern, über das so genannte Vectoring per Software auf mehrere Anschlüsse verteilt werde.

Probleme bei Tiefbauarbeiten

Prinzipielle Bedenken gegen das Vorhaben bestünden nicht, erklärte die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage. Allerdings würden sich alle Baumaßnahmen im Sektor der Glasfaserverlegung anbieterunabhängig durch erhebliche Probleme und durch rabiates Vorgehen der Tiefbauunternehmen auszeichnen. „Grundsätzliche sicherheitsrelevante oder straßenverkehrsrechtliche Dinge werden nicht beachtet. Straßenaufbrüche werden nicht ordnungsgemäß wiederhergestellt oder die Baufelder in einem unschönen Zustand hinterlassen“, so die Verwaltung. Das sei allerdings kein Problem, das mit UGG speziell zusammenhänge, sondern sich mittlerweile über die ganze Branche erstrecke.

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Man sehe dieses Risiko, betonte Marco Heimhardt. „Es ist aber die Chance, dass wir eine fast hundertprozentige Erschließung mit Glasfaser im Stadtgebiet schaffen“, sagt er. Die Absicht des eigenwirtschaftlichen Ausbaus durch UGG wirkt sich auf das Förderprogramm „Graue Flecken“ aus, für das der Ennepe-Ruhr-Kreis bereits Bundes- und Landesmittel in Höhe von insgesamt 220 Millionen Euro bewilligt bekommen hat (wir berichteten).

Als „graue Flecken“ gelten – meistens in den Außenbereichen der Städte liegende – Gebiete und Adressen mit Downloadgeschwindigkeiten von weniger als 100 Mbit/s. Diese sollen mithilfe des Förderprogramms beseitigt werden. „Wir müssten als Kommune in der Haushaltssicherung keinen Eigenanteil beisteuern“, erläuterte Heimhardt. Doch wenn es gelinge, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, müsse die Stadt Ennepetal etwa 1,2 Millionen Euro selbst tragen. Bei einem Eigenausbau durch ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie UGG muss die Kommune sich ungeachtet der Haushaltslage nicht an den Kosten beteiligen.

Joint Venture von Allianz und Telefónica Group

In der Ausschusssitzung stand Ralf Stratmann, für die Expansion bei UGG zuständiger Manager, Rede und Antwort. Er betonte, dass das Glasfaserkabel grundsätzlich in Grabenbauweise verlegt werde, sprich die Bürgersteige beziehungsweise Straße würden aufgebuddelt und dann Leerrohre verlegt. Die Tiefbauunternehmen hätten alle deutsche Niederlassungen und eine deutschsprachige Bauleitung, zudem liege die Haftung immer bei UGG.

Grundsätzlich gehe man in einer Straße bis zu jeder Grundstücksgrenze. Es liege dann beim Eigentümer, ob er den „Hausstich“ haben wolle. Kostenlos sei der Anschluss, wenn man einen Vertrag mit dem Anbieter O2 abschließe (angeboten werden Bandbreiten von 100 bis 1000 MBit/s). UGG ist als reiner Netzbetreiber ein Joint Venture von Allianz und der spanischen Telefónica-Gruppe. O2 wiederum ist die Mobilfunk- und Highspeed-Internet-Marke von Telefónica in Deutschland.

Ulrich Schilling relativiert die Ausbauankündigung von UGG etwas. „Es werden einige Adressen übrig bleiben, weil es sich dort für die Firma nicht rechnet“, sagte der Breitbandbeauftragte des EN-Kreises im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Vorteil des Eigenausbaus sei, dass es den Steuerzahler keinen Cent koste. Ein Nachteil sei hingegen, dass die so angebundenen Kunden sich mittelfristig an einen Anbieter (hier O2) binden müssten, so lange der Glasfasermarkt – im Unterschied zum DSL-Markt – noch nicht reguliert sei. Dass Leitungen von anderen Anbietern genützt würden, sei Theorie, komme in der Praxis so gut wie nie vor. Bis sich das ändere, werde es noch fünf oder zehn Jahre dauern, meinte Schilling. Nichtsdestotrotz sei das UGG-Angebot grundsätzlich besser als nichts, weil Unternehmen, die an einem Glasfaserausbau in ländlicheren Regionen wie der hiesigen interessiert seien, den Kommunen nicht die Tür einrennen würden.