Ennepetal. Nicole Schurmann, Chefin der Theke im Marktkauf in Ennepetal, ist eine Sommelière für Fleisch, Wurst- und Schinken. Das steckt dahinter.

Mit Wurst und Schinken kennt sie sich aus – und das so gut, dass sich Nicole Schurmann Wurst- und Schinkensommelière nennen darf. Die 38-Jährige, die als stellvertretende Abteilungsleiterin im Marktkauf tätig ist, ist die erste Frau in der Region, die diese Zusatzqualifikation erworben hat. Zuvor hatte sie schon einen Lehrgang zur Fleischsommelière absolviert. „Ich mache meine Arbeit mit Leidenschaft“, sagt sie. „Und ich bin wissbegierig.“

In den vergangenen Jahren hat sich Nicole Schurmann stetig fortgebildet. Dabei kam sie erst über einen Umweg zu ihrem Beruf. „Ich bin gelernte Bäckereifachverkäuferin“, erzählt die Wittenerin. Doch weil sie gegen Mehlstäube und Latex allergisch ist, musste sie den Beruf aufgeben. Den Lebensmitteln blieb sie aber treu und schulte ab 2015 im Marktkauf Ennepetal zur Fleischereifachverkäuferin um. Nach zwei Jahren schloss sie mit „sehr gut“ ab.

Aktuelle Trends

Neben dem Trend zu hochwertigem Fleisch beobachtet Nicole Schurmann auch, dass Kunden angesichts der allgemeinen Preissteigerungen verstärkt auf Sonderangebote achten.

Beim Fleisch sei die „Barbecue“-Szene richtig groß geworden. „Was da in Amerika in ist, kommt auch nach Deutschland“ sagt sie. Bei der Wurst sei zum Beispiel Edelschimmelsalami im Kommen, ebenso handgebundene Salami.

Nach einem weiteren Jahr, in dem sie im Marktkauf Berufserfahrung sammelte, besuchte sie den Lehrgang zur Verkaufsleiterin und „Food Store Managerin“ und war mit der Prüfungsnote 1,5 Jahrgangsbeste. Der Abschluss ist gleichbedeutend mit einem Meisterbrief – und Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Lehrgang zur Fleischsommelière. „Das hat mir der Marktkauf angeboten und finanziert“, so Nicole Schurmann.

Umfassendes Wissen gesammelt

Ursprünglich ist der Sommelier beziehungsweise die Sommelière aus dem Bereich des Weins bekannt. Dabei handelt es sich kurz gesagt um qualifizierte Weinkellner oder -berater, die Gästen passende Weine zu den Speisen empfehlen und Restaurantinhaber bezüglich des Weinsortiments beraten können und die sich um dessen Aufbau, Bestellung, Lagerung und Lagerbestand kümmern. Bei Fleisch, Wurst und Schinken geht es in eine ähnliche Richtung. „Ich habe die Tiere noch besser kennen gelernt, bezüglich Haltung, Fütterung, Rasse und Aufzucht“, berichtet Nicole Schurmann über ihre zweiwöchige Fortbildung, die sie 2019 in Frankfurt absolvierte. Auch die einzelnen Teile, die Reifung, die Zuschnitte und die ,Special Cuts’, also die besonderen Schnitte, waren Thema.“ Natürlich spielte die Sensorik – Geruch, optischer Eindruck und Geschmack – eine Rolle, ebenso die Konsistenz.

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„Man schmeckt heraus, wie ein Tier gehalten wurde“, erklärt sie und betont, dass in ihrem Unternehmen nur qualitativ hochwertiges Fleisch verkauft werde. „Die Kunden legen mehr Wert auf Nachhaltigkeit. Einige haben uns schon gesagt, dass sie lieber weniger kaufen, dafür aber in höherer Qualität.“ Im Marktkauf trage man dem Rechnung, in dem man neben Bio-Fleisch (was die höchsten Ansprüche an Haltung und Transport stellt) auch zunehmend Fleisch aus der Haltungsstufe 3 (Frischluftzugang und gentechnikfreies Futter für die Tiere), das nicht zuletzt von regionalen Landwirten geliefert wird, anbiete.

Nicole Schurmann erwarb 2020 das Zertifikat als Wurst- und Schinkensommelière.
Nicole Schurmann erwarb 2020 das Zertifikat als Wurst- und Schinkensommelière. © WP | Hartmut Breyer

2020 folgte der nächste Lehrgang für Nicole Schurmann. Sie erwarb das Zertifikat als Wurst- und Schinkensommelière. Dabei sammelte sie Wissen über die Geschichte der Wurst, über nationale und internationale Spezialitäten sowie Herstellungsweisen, Sensorik, Mikrobiologie und mehr. Wer also beim Einkauf mehr über Aufschnitt oder Schinken erfahren möchte, kann sich von der Fachfrau umfassend beraten lassen. „Wurst ist mein Bereich, an der Theke bin ich die Chefin“, sagt sie. Insgesamt 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bedienung und Produktion gehören zu der Abteilung, die Andreas Halpick leitet. Ihr besonderes Augenmerk legt die Sommelière darauf, dass der Einkauf für die Kunden ein Erlebnis ist, dass die Ware ansprechend präsentiert und aktuellen Trends Rechnung getragen wird. „Wir möchten den Kunden das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.“

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Nicole Schurmann legte 2021 einen Lehrgang zur Ernährungsberaterin obendrauf. „Das war bei den Sommelier-Lehrgängen nur kurz Thema, aber es hat mich fasziniert.“ Und so lernte sie beispielsweise noch einiges über die Inhaltsstoffe, die bei Intoleranzen und Allergien eine Rolle spielen, aber auch über wasser- und fettlösliche Vitamine, die Fleisch ebenfalls enthält.

Weitere Fortbildung geplant

Manchmal müsse sie als Ernährungsberaterin das Gegenteil von dem vertreten, was sie als Fleisch- oder Wurstsommelière raten würde. „Als Ernährungsberaterin steht die Gesundheit im Vordergrund, als Sommelière bin ich Genussbotschafterin.“ Wobei beides natürlich nicht grundsätzlich im Gegensatz zueinander stehe. Dabei betont Nicole Schurmann, dass ein Erwachsener durchschnittlich nicht mehr als 600 Gramm Fleisch in der Woche – vom Steak bis zur Wurst – verzehren sollte.“ Die berufliche Leidenschaft pflegt sie daheim ebenfalls. „Ich koche gerne, auch Fleisch“, erzählt die Mutter von drei Kindern. Am liebsten bereitet sie Steaks zu, macht Wedges und Salat selbst. Auch Gulasch oder einen klassischen Sonntagsbraten mag sie gerne. „Im Grunde möchte ich zurück zu dem, wie es früher war. Da gab es zwei-, dreimal Fleisch in der Woche und sonst oft Eintöpfe und Suppen.“ Bald möchte Nicole Schurmann übrigens noch eine weitere Fortbildung absolvieren: zum Cortador beziehungsweise zur Cortadora. Dabei geht es um Schinken, vor allem Knochenschinken. Im Blick stehen die verschiedenen Arten und Reifemethoden und nicht zuletzt das Schneiden (spanisch: „cortar“). Das nötige Handwerkszeug dafür hat Nicole Schurmann bereits, denn sie sammelt Messer.

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