Gevelsberg. Sterbende Menschen sollen in Würde gehen können und vor allem nicht alleine. Die Sterbebegleiter im Hospiz in Gevelsberg sorgen dafür.

„Früher wurden sterbende Menschen ins Bad geschoben oder in die Wäschekammer“, sagt Ulla Münter. Sie habe das im Krankenhaus erlebt und konnte das nicht mehr mit ansehen. Sie meldete sich beim Ökumenischen Hospiz Emmaus, um sich als ehrenamtliche Sterbebegleiterin zu engagieren. „Um Menschen in Würde sterben zu lassen, ihnen beizustehen und sie nicht abzuschieben.“ Das war vor 29 Jahren, als das Gevelsberger Hospiz gerade begann. „Ich bin den Menschen so dankbar für das, was sie tun“, sagt Rita Wohlgemuth. Sie fand hier Unterstützung, als sie ihren Mann gehen lassen musste, jetzt will sie etwas zurückgeben. „Es ist erstaunlich, was man aus dieser Arbeit auch für sich selbst ziehen kann“, sagt Christel Krey-Altena. Die drei Frauen gehören zum ehrenamtlichen Team der Sterbebegleiter, das weitere Unterstützung benötigt. Weil die Arbeit wichtig ist, weil keiner alleine sterben sollte, weil der Bedarf so groß ist.

Man lebt bewusster

Christel Krey-Altena hat innerhalb von neun Monaten vier geliebte Menschen verloren. Einen guten Freund, ihre Mutter, ihre Schwester und dann ihren Ehemann. Sie hatte keinen Kontakt zum Hospiz, das kam erst später. Die Trauerbegleitung hat ihr gut getan, ihr zurück ins Leben geholfen. Zwei Jahre später fühlte sie sich stark genug, selbst anderen Menschen beizustehen.

Beginn im März

Wer sich für die Qualifizierung zur Sterbebegleiterin oder zum Sterbebegleiter informieren möchte, kann das am Montag, 13. Februar, tun. Treffpunkt ist um 18 Uhr an der Hagener Straße 339 in Gevelsberg.

Die Qualifizierung im Ökumenischen Hospiz Emmaus beginnt am Samstag, 18. März. Den Abschluss bildet der Entsendungsgottesdienst am Freitag, 8. Dezember. In den neun Monaten gibt es zahlreiche Seminare, Treffen und besondere Aktionen.

Weitere Informationen unter www.hospiz-emmaus.de oder info@hospiz-emmaus.de, 02332/61021.

Rita Wohlgemuth hat auch ihren Mann verloren, sie pflegte ihn lange und hat im Gevelsberger Hospiz dabei Hilfe erfahren. Ihr ist es wichtig zu sagen, dass niemand die Last alleine tragen muss, dass sie auf mehrere Schultern verteilt werden könne. „Man muss sich nicht schämen, wenn man um Hilfe bittet, es ist auch kein Zeichen von Schwäche.“ Das Hospiz sei die richtige Anlaufstelle, ein starker Rückhalt in dieser so schwierigen Zeit. Sie hat acht Jahre gewartet, ehe sie soweit war, selbst im Hospiz mitzuhelfen, andere zu begleiten, die in der Lage sind, in der sie war. Die Qualifizierung zur Sterbebegleiterin hat sie im vergangenen Jahr gemacht und dabei viel über sich selbst gelernt. Heute sagt sie, „gehört der Tod mehr zum Leben dazu“, sie kann ihn besser akzeptieren. Durch die Ausbildung beim Hospiz beschäftige man sich auch mit der eigenen Biographie, verliert Ängste und Selbstzweifel. Das habe gut getan, das habe sie stark gemacht.

Fast alle Ehrenamtlichen im Einsatz

„In der Ausbildung lernt man, wie wichtig es ist, zuzuhören, Schweigen auszuhalten“, sagt Ulla Münter. „Es geht um Begleitung in Augenhöhe.“ Und Lebensqualität, gerade in den letzten Tagen. Sie erinnert sich an eine Situation, in der viele Angehörige im Raum waren. Es war laut, es wurde geweint. „Ich habe für Ruhe gesorgt, einige gebeten, rauszugehen.“ Das hat die Situation entspannt, zum Wohl aller. Der Blick von außen könne helfen, Gutes bewirken. „Und das zu spüren, das tut auch einem selbst gut.“

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Es seien kleine Dinge, die aber immens wichtig sind, weiß auch Miriam Preuß. Sie ist zusammen mit Silke Jeromin Koordinatorin für die Sterbebegleitung für Erwachsene im ökumenischen Hospiz Emmaus. Aktuell sind 34 Ehrenamtliche dabei, fast alle sind derzeit in einer Begleitung. Von Stunden bis zu vielen Monaten oder auch Jahre: Die Begleitung bleibt bei einer Person bis zum Tod, und es gibt erst eine neue, wenn etwas Zeit vergangen ist. „Wir haben eine gute Betreuung, Supervision, Gesprächskreise, das hilft das Erlebte zu verarbeiten, sagt Rita Wohlgemuth. Miriam Preuß betont, dass viel Leben im Haus an der Hagener Straße sei. Es werde nicht nur für schöne Stunden für die Menschen gesorgt, um die sich das Hospiz kümmert, sondern auch für die vielen Helferinnen und Helfer.

Neue Qualifizierung beginnt

Vor allem Männer werden als Sterbegleiter gesucht, weil Männer lieber von Männern begleitet werden wollen, weil Männer anders trauern. „Frauen wollen reden, Männer schrauben“, sagt Ulla Münter. Es gibt kein richtig oder falsch, es gehe nur um das, was gut tut. „Es darf alles gesagt werden“ sagt Christel Krey-Altena. Und das Hospiz kann zu jedem Zeitpunkt dazu geholt werden. Sie rät, immer anzurufen. Auch wenn die Betreuung nicht zu Hause stattfindet, sondern der sterbende Mensch im Krankenhaus ist oder in einer Einrichtung. „Das Hospiz kann zu jedem Zeitpunkt im Leben angerufen werden“, sagt Ulla Münter.

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Christel Krey-Altena ist seit acht Jahren dabei und sagt, dass sie seitdem viel intensiver leben würde, man sei sich vielen Dinger bewusster. Sie sagt: „Die Ausbildung zur Sterbebegleitung ist ein Gewinn für mich und mein Leben.“ Neun Monate dauert die Qualifizierung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Wir schauen uns ganz genau, wer zu welcher Begleitung passt“, sagt Miriam Preuß, wer gerade selbst jemanden verloren hat, der sollte nicht sofort beim Hospiz mitmachen. 2022 wurden etwa 80 Begleitungen abgeschlossen, so heißt es, wenn der Mensch gestorben ist. Immer mehr Menschen seien alleine, weiß Ulla Münter aus ihrer Arbeit als Gemeindeschwester. Wer Menschen wohlwollend sieht, eine Aufgabe sucht, die einen bereichert, dann sollte man sich beim Hospiz melden, sagt sie. „Niemand sollte alleine sterben müssen.“

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