Gevelsberg. Anja Slabi leidet an einer psychischen Erkrankung und will anderen Menschen helfen. Psychose-Seminar hilft, den Weg zurück ins Leben zu finden.
„Entweder bringe ich mich jetzt um, oder ich kämpfe um mein Leben“, sagt Anja Slabi. Das war vor 13 Jahren. Sie hatte diesen Punkt erreicht, an dem nichts mehr ging. An Arbeiten war nicht mehr zu denken, die Krankheit war allgegenwärtig. Sie sagt: „Es war nicht mehr zu ertragen.“ Die Wechsel zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Die Leere, die schrägen Gedanken, die Ängste, die 100 Projekte, die sie gleichzeitig begann und doch nie beendete. Ihre Diagnose: Schizoaffektive bipolare Störung. Es sei hart gewesen. Die Medikamente, die Therapie, die Umstellung des Lebens. Doch sie hat es geschafft. So gesund wie jetzt, habe sie sich noch nie gefühlt. Doch geheilt ist sie nicht und wird sie nie sein. Jetzt weiß sie, was zu tun ist, wenn die Schlafstörungen wieder beginnen, ihre Psyche sie wieder vereinnahmen will. Sie will helfen, dass es auch andere schaffen, sich für das Leben zu entscheiden. Das Psychose-Seminar EN-Süd kann für viele der erste Schritt sein.
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Der Name ist sperrig und wenig einladend, eben ein medizinischer Fachbegriff. Es ist auch kein Seminar, sondern ein offenes Treffen für alle, die mit dem Thema Psychose zu tun haben: Angehörige, Profis, Betroffene. Menschen, die an wahnhaften Zuständen leiden. „Es soll eine Begegnung auf Augenhöhe sein“, sagt Ulrike Wortmann. Sie ist Ärztin für Psychiatrie und gehört zum Runden Tisch Psychische Erkrankungen, der sich in Gevelsberg gegründet hat, und betont, dass das Psychose-Seminar kostenlos, niederschwellig und vor allem informativ sei. Alles, was gesagt wird, bleibt in dem Kreis, man bewerte nicht, man korrigiere nicht, es sei ein zwangloses Angebot, das jedoch vieles bewirken kann.
Austausch mit Betroffenen
„Für mich war es wichtig zu wissen, was mit mir los ist. Nur so konnte man mir wirklich helfen.“ Anja Slabi wurde lange auf Depressionen behandelt.
Nächster Termin am 25. Januar in der KISS
„Mit-Betroffen - Menschen an meiner Seite“: So lautet das Motto des nächsten Psychose-Seminars: Wie kann man die Herausforderungen und Krisen gemeinsam meistern und gut für sich sorgen? Um diese und andere Fragen geht es Mittwoch, 25. Januar, ab 18 Uhr in der KISS, Kölner Straße 25, in Gevelsberg. Anmeldungen sind möglich unter KISS EN-Süd, 02332/664029 oder beim Sozialpsychiatrischen Dienst des Ennepe-Ruhr-Kreises: 02336/932782.
Die nächste Veranstaltung findet am Mittwoch, 22. Februar, ab 18 Uhr in der KISS statt. Das Thema des Abends: „Was ist das StäB? (stationsäquivalente Behandlung), Referentin ist Martina Kabacinski von der LWL-Klinik in Dortmund.
„Wenn die Realität auf einmal anders ist“, heißt es am Mittwoch, 22. März. In den Räumen der KISS wird ein Film über Menschen mit der Diagnose Schizophrenie gezeigt. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, sich auszutauschen. Um vorherige Anmeldung wird gebeten. Der Eintritt ist frei. Es ist ein Film des Medienprojektes Wuppertal.
„Was gibt es? Was wird gebraucht?“, um diese Fragen geht es beim Psychose-Seminar am Mittwoch, 26. April. Schwerpunkt wird die psychiatrische Versorgungslandschaft im EN-Kreis“sein. Bei der Gesprächsrunde werden verschiedene Akteure aus der Politik, Verwaltung und Gesundheit sein. Treffpunkt ist im Bürgerhaus Alte Johanneskirche, Uferstraße 3, in Gevelsberg
Der Erfahrungsaustausch steht am Mittwoch, 24. Mai, im Mittelpunkt: „Gemeinsam stark machen – vereint für eine gute Gesundheitsversorgung für Menschen in seelischer Not“ lautet die Überschrift für diesen Abend.
Die Medikamente wirkten jedoch kontraproduktiv. Erst als sie wusste, was es wirklich ist, kam sie dagegen an. „Das Surren des Kühlschranks war unheimlich laut, ich musste ihn in den besonders schlechten Momenten ausstellen. Ich konnte kein Licht ertragen, wie bei einer Migräne - nur noch viel schlimmer. Es rauschte alles an mir vorbei, alles war viel intensiver, und ich konnte nichts dagegen tun.“ Entweder lag sie im Bett oder sie strotze vor Energie. „Ich war richtig gut in meinem Job, unheimlich belastbar und agil.“ So lange, wie es ging. Dann kam der Absturz.
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Heute, mehr als zehn Jahre später, arbeitet sie nur noch einige Stunden in der Woche, mehr schafft sie nicht, es ist wichtig für sie, sich nicht zu überanstrengen. Sie unterstützt Patientinnen und Patienten als Genesungsbegleiterin im Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke. Sie hat bei der KISS, der Kontakt und Informationsstelle für Selbsthilfe, in Gevelsberg eine Gruppe für Bipolare gegründet. Engagiert sich ehrenamtlich, so gut sie kann. Dabei redet sie offen über ihre psychische Erkrankung, die noch immer ihr Leben begleitet, aber eben nicht mehr bestimmt. Sie will dabei helfen, dass andere ihren Weg finden, vermittelt Hilfe und gibt praktische Tipps. Sie legt jedem das Psychose-Seminar an Herz. „Ein Austausch mit Gleichgesinnten kann vieles bewirken.“
Auf Symptome achten
Wie man erkennt, dass etwas nicht stimmt? „Zu meinen Symptomen gehörte ein unkontrollierter Umgang mit Geld, mit Alkohol, ich war auf Feiern immer richtig gut drauf. Und dann, innerhalb von Minuten, war ich todunglücklich“, sagt Anja Slabi. Ulrike Wortmann erläutert, worauf man noch achten muss: Es geht um Realitätsverschiebungen, wenn jemand in seinem eigenen Film lebt, Halluzinationen hat, sich sozial zurückzieht und plötzlich seine Interessen verliert. Bei Jugendlichen zeige sich möglicherweise eine psychische Erkrankung, wenn die Schule verweigert wird, plötzliche Unlust und Konzentrationsschwächen auftauchen. „Betroffene sind zudem sehr feinfühlig.“
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Barbara Waldhart, Sozialarbeiterin der Kontakt-und Krisenhilfe, gehört auch zum Runden Tisch, der das Psychose-Seminar vor einigen Jahren ins Leben gerufen hat, und das nach der Corona-Pause wieder neu startet - am kommenden Mittwoch, 25. Januar, ab 18 Uhr in den Räumen der KISS (siehe Zweittext). Die Sozialarbeiterin sagt, dass es viele Unterstützungsmöglichkeiten gebe. Betreutes Wohnen, Beratungsstellen, medizinische Therapien. Bei Anja Slabi war es ein guter Hausarzt, ein Psychiater, der sie ernst genommen habe und ein Therapeut, dem sie vertraut. Sie nimmt Medikamente, wird therapeutisch auch in stabilen Phasen betreut. „Zu wissen und zu verstehen, was gerade passiert, das ist entscheidend“, sagt Anja Slabi. Das hat ihr das Leben gerettet.
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