Gevelsberg. Die Post hat den Telegramm-Dienst eingestellt. Die Gevelsbergerin Marlis Schäfer erzählt die Geschichte eines alten Telegramms aus ihrem Besitz.

Mit dem Ende des Jahres hat die Deutsche Post einen Dienst eingestellt, der über einen langen Zeitraum als wichtiges Telekommunikationsmittel diente, in Zeiten von E-Mail, SMS, WhatsApp etc. aber nur noch mit seinem Nostalgiefaktor punkten konnte: das Telegramm ist Geschichte. Als über das Ende für das Medium berichtet wurde, da kramte Marlis Schäfer, langjährige Vorsitzende des Heimatvereins Gevelsberg sowie kirmes- und karnevalserprobte Hippendörferin, ein altes Telegramm heraus. „ANKUNFT 9.28 H DORTMUND HUMMER AUF GEMÜSE“ – diese Nachricht hatte sie am 24. März 1966 um 12.44 Uhr ihrem Vater Walter Fischer zukommen lassen.

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Abgesendet hatte es die damals 21-Jährige aus Nesselwang im Allgäu. „Ich habe dort damals drei Wochen lang Skiurlaub gemacht“, erzählt Marlis Schäfer, geborene Fischer. „Zu der Zeit konnte man nicht gleich die Rückfahrt buchen, wenn man mit der Bahn fuhr. Ich musste ein paar Tage vorher beim Reisebüro Venne in Gevelsberg anrufen, die haben mir dann die Rückfahrzeit mitgeteilt.“ Und weil ihre Eltern kein Telefon hatten – in den 60er Jahren hatte das noch nicht jede Familie – musste sie die Ankunftszeit in Dortmund mitteilen, damit sie abgeholt werden konnte.

Das Telegramm aus dem Jahr 1966.
Das Telegramm aus dem Jahr 1966. © WP | Privat / Repro Hartmut Breyer

Doch was bedeutet „Hummer auf Gemüse“? „Im Allgäu gab es immer so deftiges Essen, Schweinsbraten oder Schnitzel“, erzählt Marlis Schäfer, „aber nur wenig Gemüse.“ Und so diktierte sie bei der Post „Hunger auf Gemüse“. Das kam dann am anderen Ende der Leitung – wie bei „Stille Post“ – als „Hummer auf Gemüse“ an. „Als mein Vater mich abgeholt hat, hat er aber gar nicht gefragt, was ich gemeint habe, sondern nur gesagt: ,Es gibt Möhren düöagereen’.“ (Möhren durcheinander, Anm. d. Red.)

Den Skiurlaub hatte Marlis Schäfer, die seit einigen Jahren in der Nähe eines Sohnes und dessen Familie in Hasperbach wohnt, sich 1965 erstmals geleistet, nachdem sie bei einem Fest der damaligen Aechterbi’eckschen Landsknechte einen 100-Mark-Gutschein des Reisebüros Venne gewonnen hatte. Sie stockte den Betrag auf und fuhr allein nach Nesselwang. Es gefiel ihr so gut, dass sie im Folgejahr erneut dorthin reiste, 1967 war dann ihr Verlobter, der spätere Gevelsberger Hammerschmied Pit Schäfer dabei. Dann wurde geheiratet, die Familie wuchs und Nesselwang war passé.

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Übrigens war die junge Marlis Fischer recht gut auf Skiern unterwegs. Alte Fotos und Ergebnislisten dokumentieren, dass sie in ihrem Skikurs einige Rennen gewonnen hat. „Es waren aber meist nur zwei oder drei Teilnehmer in meiner Klasse am Start“, meint die heute 77-Jährige lachend.

Marlis Schäfer, damals Fischer, als Teilnehmerin eines Rennens ihrer Skischule.
Marlis Schäfer, damals Fischer, als Teilnehmerin eines Rennens ihrer Skischule. © WP | Hartmut Breyer