Ennepe-Ruhr-Kreis. Wann wird der erste Wolf im EN-Kreis gesichtet? Es scheint eine Frage der Zeit, nachdem in der Nähe von Ennepetal ein Tier fotografiert wurde.

Einen hieb- und stichfesten Nachweis gibt es noch nicht – doch dass auch durch die Wälder von Ennepetal, Breckerfeld, Schwelm und Gevelsberg Wölfe streifen, wird immer wahrscheinlicher. Inzwischen hat es in Radevormwald eine weitere bestätigte Sichtung eines Tieres gegeben.

+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm+++

„Am 2. Dezember 2022 um 9.23 Uhr erfasste eine Wildkamera einen Wolf in einem Waldgebiet bei Radevormwald (Oberbergischer Kreis)“, teilte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) vor wenigen Tagen mit. Der Beobachtungsort sei vom regional zuständigen Wolfsberater und das Bildmaterial vom LANUV und von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) geprüft worden. Geschlecht, Identität und Verbleib des nachgewiesenen Wolfes sei nicht bekannt. Bereits wenige Wochen zuvor war eine bestätigte Sichtung in Wipperfürth gemeldet worden. Anfang November hatte ein weibliches Tier in Halver Schafe gerissen. Das Tier konnte damals einem Rudel aus Visselhövede/Niedersachsen zugeordnet werden.

Auch in Radevormwald habe es schon Wolfsrisse gegeben, meint Claudia Möllney. Allerdings sei ein Nachweis, zum Beispiel durch Speichelproben oder Haare, bisher nicht erfolgt. Die Ennepetalerin, die dem Vorstand des hiesigen Hegerings angehört und ihr Jagdrevier in Radevormwald hat, berichtet, dass dort auch Spaziergänger bereits Wölfe gesehen hätten. Im Mai vergangenen Jahres hatte es in der an Breckerfeld, Ennepetal und Schwelm grenzenden Stadt eine erste Wolfssichtung gegeben, die durch Fotos dokumentiert worden war.

+++Lesen Sie auch:+++

Ein Jahr Wartezeit auf Therapie: Zu wenig Psychotherapeuten

Ennepetal: Unfall-Opfer (18) prügelt auf Verursacher ein

„Ein Wolfsgebiet sind wir noch nicht“, betont Dr. Britta Kunz, Leiterin der Biologischen Station im Ennepe-Ruhr-Kreis. „Aber dass einzelne Wölfe hier mal durchlaufen, das wird passieren. Es kann auch gut sein, dass schon Tiere da waren.“ Die Diplom-Biologin macht aber deutlich, dass die Gefahr, die von einem Wolf ausgeht, gemeinhin überschätzt werde. „Leider hat sich das Bild vom bösen Wolf aus den Märchen festgesetzt“, meint sie. „Ich würde mir wünschen, dass man sachlich mit dem Thema umgeht.“ Natürlich habe es Risse von Rehen und Rotwild, aber auch von Schafen gegeben. Doch gerade für Reh- und Schafrisse seien häufig frei umherlaufende Hunde verantwortlich.

Gebiet muss wildreich sein

Dr. Matthias Kaiser, Leiter des Fachbereichs Artenschutz beim LANUV und für das Wolfsmanagement in NRW zuständig, bestätigt, dass grundsätzlich jederzeit und überall einzelne durchziehende Wölfe auftreten könnten. Gerade jetzt sei die Zeit, in der sich die Tiere ein Territorium suchen würden, in dem sie sich dauerhaft niederlassen können. „Ein solches Gebiet muss gewisse Ansprüche erfüllen“, erklärt der Experte. „Es muss wildreich sein, sprich: natürliche Beute muss viel vorhanden sein. Und es muss ruhige Rückzugsräume geben.“ Für die Jagd dürfe der Wald wiederum nicht zu dicht sein, so Kaiser. Grundsätzlich sei vorstellbar, dass der südliche Ennepe-Ruhr-Kreis zum Wolfsgebiet werden könnte, da es hier viele und auch größere Waldbereiche gebe. Das nördliche Kreisgebiet biete in dieser Hinsicht weniger gute Voraussetzungen.

Verhaltensempfehlungen

Einem Wolf in der freien Natur zu begegnen, ist selbst in einem Gebiet, in dem Wölfe ihre Revier haben, äußerst unwahrscheinlich. Wölfe meiden die Nähe des Menschen. Vor allem bei jungen und unerfahrenen Wölfen kann es aber vorkommen, dass die Neugier stärker ist als die Furcht. Für diesen seltenen Fall gibt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) die folgenden Empfehlungen:

Nicht versuchen, sich dem Wolf zu nähern, ihn anzufassen oder zu füttern!

Nicht weglaufen, am besten stehen bleiben und abwarten, bis sich der Wolf zurückzieht.

Wenn man selbst den Abstand vergrößern will, langsam zurückziehen.

Man kann den Wolf auch vertreiben, indem man auf sich aufmerksam macht (laut ansprechen, in die Hände klatschen, mit den Armen winken).

Hunde sollten unbedingt angeleint werden.

Informationen zu Wolfsnachweisen in Nordrhein-Westfalen sind zu finden unter https://wolf.nrw/. Dort gibt es auch eine Liste der regionalen Wolfsberaterinnen und -berater, die als Ansprechpersonen zur Verfügung stehen

Damit ein Wolf als „territoriales Einzeltier“, das sich dauerhaft in einem Gebiet aufhält und nicht nur „auf der Durchreise“ ist, eingestuft wird, muss es in einem Zeitraum von sechs Monaten mehrere individuelle Nachweise geben. Fotos reichten dafür in der Regel aber nicht, sagt Matthias Kaiser, da es sich auch um unterschiedliche Tiere handeln könnte. Denn nur selten sei ein Wolf aufgrund bestimmter Merkmale optisch unverwechselbar. Drei Nachweise wie in Halver, Radevormwald und Wipperfürth in zeitlicher und räumlicher Nähe könnten aber zumindest ein Indiz für einen territorialen Wolf sein. Der LANUV-Abteilungsleiter weist darauf hin, dass die Wölfe sich ihre Gebiet selbst aussuchen würden. „Wir tun nichts für eine Ansiedlung, wir begleiten den Prozess nur. Der Wolf zeigt uns schon, was gut für ihn ist“

Jägerin Claudia Möllney sieht die Ausbreitung des Wolfes durchaus kritisch, nicht zuletzt weil Schafe und in Einzelfällen auch Ponys Beute der Raubtiere würden. Allerdings setzt sie ganz pragmatisch auf einen Nebeneffekt, wenn ein Wolf durch die hiesigen Wälder streifen könnte: „Vielleicht nehmen dann mal alle Hundehalter ihre Hunde an die Leine, wenn sie im Wald unterwegs sind.“