Ennepetal. Die Stadt Ennepetal hat den Pächtern von Grabeland-Parzellen im Heilenbecker Tal gekündigt. Das ehemalige Hesterberg-Areal könnte bebaut werden.

Seit Jahrzehnten haben mehr als zwei Dutzend Schrebergärtner ihr kleines grünes Refugium an der Wassermaus, zwischen Heilenbecker und Kahlenbecker Straße. Doch werden sie ihre Pachtgrundstücke verlassen müssen. Zu den Hesterberg-Liegenschaften, die die Stadt Ennepetal erworben hat, um auf dem bisherigen Firmengelände das Technische Rathaus zu bauen, gehören auch Waldflächen und eben jenes Grabeland mit den Gartenparzellen. Nun hat die Stadtverwaltung allen Pächtern zum Jahresende gekündigt, nicht zuletzt, weil das Areal für eine Bebauung genutzt werden könnte. Klaus Fischer, einer der Pächter, ärgert sich über das Vorgehen der Verwaltung und wirft Bürgermeisterin Imke Heymann Wortbruch vor.

Als die Stadtverwaltung vor mehr als zwei Jahren über den Kauf der Hesterberg-Immobilie informierte, hatte Imke Heymann bezüglich der Kleingartenanlage gesagt: „Die bleibt natürlich erhalten.“ (WP/WR vom 19. September 2020). Darauf bezieht Klaus Fischer nun seinen Vorwurf. Die Aussage sei noch dadurch untermauert worden, dass ihm entsprechende Pachtverträge zwischen der Stadt Ennepetal als neuem Verpächter und ihm selbst als Pächter übersandt worden seien. Doch dann habe er plötzlich die Kündigung erhalten. In dem Schreiben werde unter anderem ausgeführt, dass die meisten der dort vorgefundenen Gartenparzellen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würden – „es gebe planungsrechtlich unzulässige Bauten, die bauordnungsrechtlich bedenklich seien“, zitiert der 76-Jährige. Für ihn ist nicht nachvollziehbar, dass die Verwaltungsleitung im September 2020 die Fortführung der Pachtverträge zugesichert hat und eineinhalb Jahr später die Kündigung ausspreche, da gegen geltendes Recht verstoßen worden sei. „Der Zustand der Gärten dürfte auch im September 2020 bekannt gewesen sein“, meint er.

Die Grabeland-Parzellen an der Kahlenbecker Straße (Bildmitte). Unten links sind Teile der Hesterberg-Betriebsgebäude zu sehen.
Die Grabeland-Parzellen an der Kahlenbecker Straße (Bildmitte). Unten links sind Teile der Hesterberg-Betriebsgebäude zu sehen. © Hans Blossey | Hans Blossey

Die Bürgermeisterin räume ein, dass sie mit ihrer Aussage im Zuge des Hesterberg-Kaufs zu forsch gewesen sei, betont der Leiter des Amtes der Bürgermeisterin und des Rates, Wolfgang Schrey. Das bedaure sie, allerdings habe die Stadtverwaltung – und damit auch Imke Heymann – zu jenem Zeitpunkt noch nicht genau gewusst, um was es sich bei den Grundstücken, die beim Kauf nur eine Nebenrolle gespielt hätten, überhaupt handele. Als man eine Bestandsaufnahme dieses „Beifangs“ inklusive der 17.000 Quadratmeter Grabeland vorgenommen habe, habe sich das Thema als rechtlich durchaus komplex erwiesen, erklärt Schrey.

Schon vor Jahrzehnten hatte die Firma F. Hesterberg & Söhne GmbH & Co. KG Teile ihres Areals als Grabeland verpachtet. Die äußerst geringe Pacht – die bis zuletzt teilweise unter zehn Euro pro Jahr lag – wurde bei der Firmenverwaltung bar bezahlt. Schriftliche Pachtverträge gab es nicht. „Ich habe den Garten Anfang der 70er Jahre übernommen“, erzählt Klaus Fischer. „Da stand hier schon eine Hütte.“ Vor etwa 30 Jahren baute er eine neue Hütte, sogar mit Stromanschluss.

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Derartige Bauten sind ein Teil des Problems. „Wir haben bei einer Begehung festgestellt, dass in den Parzellen nicht nur Gemüse angepflanzt und Kaninchen und Hühner gehalten wurden, sondern auch feste Bauten standen“, erklärt Wolfgang Schrey. Für Grabeland gelten strenge Nutzungsregeln, grundsätzlich sind dort nur bestimmte Nutzungen und einfachste Unterstände erlaubt, während in Kleingartenanlagen, die als solche ausgewiesen sein müssen und an einen Verein gebunden sind, erheblich mehr möglich ist. „Dass das Schwarzbauten sind, die wegmüssen, ist klar“, so Schrey. Das sei ihm bewusst, meint auch Klaus Fischer. „Aber die Hütten stehen schon über 30 Jahre, warum fällt denen das jetzt ein?“

Zweites Problem für die Stadt sei gewesen, dass es keine schriftlichen Verträge gegeben habe, so Schrey. Daher habe man juristischen Rat eingeholt. Ergebnis: Die Stadt müsse die mündlich geschlossenen Pachtverträge auf jeden Fall schriftlich kündigen, um Rechtsklarheit zu erhalten. Man habe alle Pächter zu Gesprächen eingeladen, über die Situation informiert und mögliche Maßnahmen vorgestellt. Klaus Fischer sei allerdings nicht dabei gewesen. Zwischenzeitlich habe sich dann auch eine mögliche andere Nutzung der städtischen Fläche ergeben, erklärt der Bürgermeisterreferent. Es gebe die Überlegung, das Areal „einer städtebaulichen Nutzung zuzuführen“. Das könne eine Wohnbebauung sein oder auch eine Kita, meint Wolfgang Schrey. Nicht zuletzt gebe es die Idee, ein Gesundheitshaus mit verschiedenen Gesundheitsdienstleistern zu errichten. Der Stadtplanung lägen bereits mehrere Anfragen von Investoren vor. Durch die Kündigungen werde man „vertragsfrei“, um den Bereich überplanen zu können. Für Neuverträge hätte man ohnehin einen ortsüblichen Pachtzins erheben müssen, „das könnten die meisten gar nicht zahlen“, sagt Schrey.

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Klaus Fischer hat seine Hütte bereits leergeräumt. Er ärgert sich darüber, dass man ihm im April zum Jahresende gekündigt habe. „Warum hat man uns nicht wenigstens bis 2024 gegeben?“. Wolfgang Schrey hält dagegen, dass man kündigen habe müssen, um Klarheit zu schaffen, man aktuell die Grundstücke aber noch nicht benötige. Es gebe also keinen Druck. „Wir haben die bisherigen Pächter außerdem darauf hingewiesen, dass es Reserveflächen für Kleingärten auf Homberge gibt“, so Schrey. „Die wären allerdings vereinsgebunden, das wollen die meisten nicht.“