Ennepetal. Die Stadt Ennepetal senkt für das kommende Jahr die Entwässerungsgebühren. Doch das Ganze hat für die Bürgerinnen und Bürger einen Haken.
Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Ennepetal können sich freuen: Die Entwässerungsgebühren werden 2023 deutlich sinken. Doch die Freude dürfte voraussichtlich von kurzer Dauer sein. Denn die Gebührensenkung basiert ausschließlich auf einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster, wonach die Kommunen den kalkulatorischen Zins, der in die Gebührenberechnung einfließt, nicht mehr wie bisher berechnen dürfen. Und die daraus resultierende Mindereinnahme soll nach dem Vorschlag von Kämmerer Tim Strathmann durch eine Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B kompensiert werden.
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Für das kommende Jahr sieht die Gebührenkalkulation der Stadt beim Schmutzwasser einen Betrag von 3,70 Euro je Kubikmeter vor. Im laufenden Jahr mussten noch 4,06 Euro gezahlt werden. Das entspricht einer Senkung um neun Prozent. „Hätten wir den kalkulatorischen Zins wie bisher berechnet, wäre die Gebühr um etwa zehn Prozent gestiegen“, erklärte Tim Strathmann auf Nachfrage dieser Zeitung. Beim Niederschlagswasser wird es sogar im Verhältnis noch günstiger: Die Gebühr je Kubikmeter wird um 27 Cent auf 1,04 Euro je Quadratmeter bebauter und/oder befestigter (versiegelter) Fläche des an die gemeindliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstücks sinken – das sind 21 Prozent weniger.
Grundsteuer B soll Mindereinnahme ausgleichen
Das OVG hatte in seinem Urteil insbesondere die gängige Praxis der Kommunen bei der Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes für rechtswidrig erklärt. Dabei handelt sich um den Zins, den die Stadt theoretisch mit dem angelegten Kapital hätte erwirtschaften können, wenn sie es nicht in die Entwässerungsanlagen investiert hätte. Bislang wurde dafür der durchschnittliche Zins für bestimmte festverzinsliche Wertpapiere der vergangenen 50 Jahre zugrunde gelegt. Das Gericht urteilte nun, dass lediglich der Durchschnittszins der vergangenen zehn Jahre angemessen sei. Auch der „Sicherheitszuschlag“ in Höhe von 0,5 Prozentpunkten, den die Kommunen erheben durften, müsse wegfallen. Das Land will nun allerdings das Kommunalabgabengesetz (KAG) ändern und einen Zeitraum von 30 Jahren für die Zinsberechnung zugrunde legen. Aufgrund der nun schon lange andauernden Niedrigzinsphase liegt der kalkulatorische Zins aber auch in diesem Fall sehr viel niedriger als die zuletzt angesetzten fünf Prozent.
Abfallgebühren noch in Arbeit
Auch für die Gebührenzahler, die Mitglied des Ruhrverbands sind, wird es günstiger: Sie zahlen für jeden Kubikmeter Schmutzwasser 1,42 Euro (bisher 1,87 Euro) und für jeden Kubikmeter Niederschlagswasser 82 Cent (bisher 1,11 Euro).
Die Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung wird am kommenden Dienstag, 6. Dezember, im Bauausschuss beraten (17.15 Uhr, Haus Ennepetal). Das letzte Wort hat der Rat in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. Dezember (ebenfalls 17.15 Uhr, Haus Ennepetal).
Die Gebühren für Grundstücksentwässerungslagen (Kleinkläranlagen, abflusslose Gruben) werden künftig in einer separaten Satzung festgelegt, die der Rat bereits in seiner jüngsten Sitzung verabschiedet hat.
Die Kalkulation der Gebühren für die Abfallbeseitigung befindet sich derzeit noch in Arbeit. Die Gebühren sollen aber auch in der letzten Ratssitzung des Jahres zur Beschlussfassung vorliegen.
Die Stadt berechnet diesen Zins ab dem Jahr 2023 nicht mehr selbst, weil das wirtschaftliche Eigentum am Kanalnetz an den Ruhrverband übertragen wird (wir berichteten). Der Ruhrverband erhält künftig von der Stadt neben einem A-Beitrag (für die Kosten der Abwasserbeseitigung und -klärung) einen B-Beitrag, der sich aus kalkulatorischem Zins, Abschreibung und Betriebsführungskosten für die Entwässerungsanlagen in Ennepetal zusammensetzt.
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Unter dem Strich ist das Ergebnis, dass die Stadt Ennepetal im kommenden Jahr 1,1 Millionen Euro an Entwässerungsgebühren weniger einnehmen wird als nach bisheriger Kalkulation. Um diesen Minderertrag auszugleichen, schlug der Kämmerer in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs für das Jahr 2023 vor, den Hebesatz der Grundsteuer B um 93 Punkte zu erhöhen. Die Entlastung durch die Gebührensenkung würde somit vollständig aufgefressen.
Bei diesem Nullsummenspiel wird es allerdings nicht bleiben, wenn die Politik den Vorschlägen des Kämmerers vollständig folgen sollte. Demnach soll die Grundsteuer B um weitere 60 Punkte zum Ausgleich der inflationsbedingten Mehrkosten der Stadt und um 16 Punkte zur Finanzierung der ersten Stufe des Masterplans Schule angehoben werden – alles in allem würde der Hebesatz von 740 auf 909 Prozent steigen.