Gevelsberg. 80 Meter tief bohrt der Geologische Dienst NRW in den Gevelsberger Untergrund. Warum das für die Energiewende so wichtig ist.

Diese Bohrungen, die in Gevelsberg gemacht werden, können entscheidend für den Ausbau erneuerbarer Energien im Land sein. Der Geologische Dienst verspricht sich hier, Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Nutzung von Geothermie wichtig sind. Erforscht wird die etwa 380 Millionen Jahre alte Kalksteinschicht im Untergrund. Ein Blick in die Vergangenheit, der den nächsten Schritt in die Zukunft bedeuten kann.

Warum der Geologische Dienst NRW ausgerechnet in Gevelsberg forscht? Der Geologe Sören Stichling erklärt, dass Kalksteine vielfach in größeren Tiefen liegen, überlagert von vielen Schichten. In Gevelsberg sei das anders. Was es einfacher macht, an die Steine heranzukommen. Hier werden diese nach oben befördert, um sie anschließend zu analysieren. Die Ennepe und Störungen im Untergrund hätten dafür gesorgt, dass hier das Kalksteinvorkommen nahe an der Oberfläche ist. Genau genommen wurden die Kalksteine in 30 Meter Tiefe gefunden. „Eigentlich“, erklärt der Geologe, „habe ich gedacht, dass wir schon viel eher auf Kalksteine stoßen.“

Blick in die Geschichte

Die Karte, die der Mann vom Geologischen Dienst in den Händen hält, gründet sich auf Ergebnissen, die vor mehr als 100 Jahren erfasst wurden. Auch das ist ein Grund, warum sich die wissenschaftliche Einrichtung für Gevelsberg entschieden hat. „Wir wissen nicht viel über den Untergrund“, erklärt Sören Stichling. Die meisten Flächen in Gevelsberg werden auf dieser Karte grau, braun dargestellt. Hier ist vorrangig Kies, Sandstein. Nur eine kleine Fläche ist blau eingezeichnet. Hier gibt es das Kalkvorkommen – im Grünewald-Park.

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Vor wenigen Tagen wurde der überdimensionierte Bohrer in dem Park an der Mauerstraße aufgestellt. Leerrohre stapeln sich. Je tiefer der Bohrer kommt, desto mehr Rohre werden aufeinander geschraubt. Wasser sorgt dafür, dass die Bohrkrone ausreichend gekühlt werden kann, damit diese ohne Probleme durch die Gesteinsschichten kommt. Immer wieder wird der Bohrkern hinauf gezogen und landet in beschrifteten Kisten. Darin werden die Ausschnitte aus dem Gestein, die wie riesige Kapseln aussehen, in das Institut gebracht.

Untersuchungen im Labor

„Die werden wir bei uns untersuchen“, erklärt Sören Stichling und hält den Bohrkern in der Hand. „Kalkstein ist im Devon-Zeitalter entstanden, also vor etwa 380 Millionen Jahren. Er besteht quasi aus den verdichteten Schalen von Korallen und Muscheln“, erläutert er. Das sei die Kurzversion der Entstehung. Bei den Bohrungen steht die Geschichte aber nicht im Vordergrund, sondern die Beschaffenheit. Untersucht wird die Wärmeleitfähigkeit, chemische Zusammensetzung, „Kalkstein kann für die Nutzung von Erdwärme sehr ergiebig sein“, erklärt Sören Stichling. In Spalten und Hohlräumen dieser Gesteine könne Wasser zirkulieren, das zur Gewinnung von Erdwärme genutzt werden kann.

Arbeiten im Auftrag des Landes

Der Geologische Dienst NRW ist die zentrale geowissenschaftliche Einrichtung des Landes im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Sie liefert Daten und Informationen über den Untergrund. Diese bieten wichtige Erkenntnisse für den Rohstoff- und Energiebedarf, für die Planung von Bauwerken, die Sicherung von Trinkwasserreserven oder für eine standortgerechte Land- und Forstwirtschaft.

Bohrkerne liefern dabei ungestörte Proben, an denen neben der Sedimentabfolge auch zu sehen ist, wie die Schichten im Untergrund lagern und ob sie von Verwerfungen durchzogen werden. Dies sind dringend notwendige Referenzdaten, um die Verbreitung, Mächtigkeit und den Aufbau der Gesteinsschichten im Untergrund zu erfassen und in geologischen Karten und Informationssystemen darzustellen.

Aktuell erkundet der Geologische Dienst im Auftrag des Landes das Potenzial für hydrothermale Geothermie in Nordrhein-Westfalen. Es gibt aktuell nur die Bohrung in Gevelsberg. „Jede Maßnahme wird über Monate vorbereitet, außerdem ist sie nicht gerade günstig“, erklärt Sebastian Mighali. Auch deshalb eignet sich Gevelsberg besonders. Weil man hier nicht so tief bohren müsse, um ans Ziel zu kommen, und das spart Geld und Ressourcen. Die Maßnahme wird noch bis Dienstag laufen.

Jedoch ist das nicht in Gevelsberg möglich. Dafür ist die Schicht nicht tief genug. Sebastian Mighali erklärt, dass das Wasser in 100 Metern Tiefe 3 Grad wärmer ist, nach weiteren 100 sind es dann insgesamt 6. Der Ingenieur, der für die Bohrung in Gevelsberg verantwortlich ist, erklärt, dass in Wuppertal und Hagen Kalksteine aus der Devon-Zeit großräumig an der Oberfläche vorkommen. Gesteinsschichten, die Reservoire für heißes Tiefenwasser sein kann – als umweltfreundliche, regenerierbare und heimische Energiequelle der Zukunft. Die Bohrungen in Gevelsberg werden dabei helfen, diesem Ziel ein Stück näher zu kommen.

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