Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Energiepreise steigen, Lebensmittelpreise auch, Bedürftige werden mehr. So ist die Situation der Tafeln in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal.
Das unruhige Weltgeschehen scheint von Deutschland aus gesehen oft weit weg zu sein. Seine Auswirkungen sind in den vergangenen Wochen und Monaten aber auch hier deutlich zu spüren gewesen. Strom und Gas kosten mehr denn je. Der Einkauf im Supermarkt schlägt auch stärker zu Buche als in der jüngeren Vergangenheit. Wer ohnehin jeden Cent zweimal umdrehen muss, hat es jetzt noch schwerer. Das merken auch die Tafelläden in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal. Sie geraten zunehmend unter Druck.
Schwelm und Gevelsberg
210 Haushalte versorgt der Schwelmer Tafelladen aktuell an drei Tagen in der Woche. Sein Gevelsberger Pendant hilft bis zu 180 Haushalten aus, hat allerdings nur an einem Tag in der Woche geöffnet. „Jede Familie kann alle zwei bis drei Wochen kommen“, erklärt Stefanie Krah-von-Reth die Organisation in Gevelsberg, in Schwelm kommen 70 Haushalte an jeweils einem der Tage. Krah-von-Reth leitet für die Diakonie Mark-Ruhr das Fairhaus an der Kaiserstraße in Schwelm. Das Fairhaus regelt unter anderem die Logistik der beiden Tafelläden. Unter den Kundinnen und Kunden sind Geflüchtete aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern. Ebenso gehen hier deutsche Bedürftige ein und aus. Die Zahl der Haushalte ist heute höher als zur großen Flüchtlingswelle 2015.
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Elf Stationen – Supermärkte, Bäcker oder auch Tankstellen – klappert das Tafel-Team an fünf Tagen in der Woche ab, um Lebensmittelspenden abzuholen, erklärt Krah-von-Reth. Dafür steht seit diesem Jahr wieder ein eigenes Fahrzeug zur Verfügung, ein Kühlwagen. „Früher hat das Auto für 2000 Euro im Jahr getankt“, so die Fairhaus-Leiterin. „Jetzt müssen wir vielleicht schon 3500 Euro kalkulieren.“ Biete jemand zum Beispiel an, drei Brote für die Tafel zu spenden, müsse das Team überlegen, ob die Fahrt sich lohne.
Die Räumlichkeiten für beide Tafelläden sind angemietet. Strom, Gas und Miete laufen in Schwelm über Diakonie und Caritas, finanziert durch Spenden. In Gevelsberg trägt die Diakonie dafür Sorge. „Wir haben Kühlschränke in den Läden laufen, wir heizen, wir bieten eine Toilette an“, beginnt Krah-von-Reth aufzuzählen. „Im Moment sind die Preissteigerungen noch nicht bei uns angekommen. Wir müssen noch warten, wie die Nebenkosten sich entwickeln.“
Adressen und Öffnungszeiten
Der Gevelsberger Tafelladen befindet sich in der Hagener Straße 89a. Öffnungszeiten: jeweils donnerstags ab 10.30 Uhr.
Der Schwelmer Tafelladen hat die Adresse Wilhelmstraße 22 und öffnet Montag bis Mittwoch von 10.30 Uhr bis 13 Uhr.
Der Tafelladen in Ennepetal ist in der Lindenstraße 2, geöffnet ist er immer mittwochs, 8.30 bis 13 Uhr.
Dass alles teurer wird, sorge außerdem dafür, dass mehr Menschen zur Tafel kommen, die vorher noch so gerade über die Runden gekommen sind. Und das, während Unterstützung für das Angebot aus verschiedenen Gründen wegfällt: „Der Bäcker Wolowitz in Gevelsberg hat jetzt geschlossen, der hat uns über Jahre unterstützt“, gibt die Einrichtungsleiterin ein Beispiel. Gleichzeitig würden Spenden von Supermärkten weniger, weil diese – auch aus Gründen der Nachhaltigkeit – so kalkulieren würden, dass am Ende weniger Lebensmittel für die Tafeln abfielen. Es gebe auch viel Unterstützung durch Privatpersonen oder auch die Kirchen. Weniger dürfe es aber nicht werden.
Für Stefanie Krah-von-Reth hat das Ganze eine politische Dimension: „Es ist toll, dass Menschen an uns spenden und uns unterstützen. Aber am Ende sollte es nicht die Aufgabe der Tafeln sein, die Menschen satt zu machen.“
Ennepetal
Es sind schwierige Zeiten für die Ennepetaler Tafel: Mehr als 140 Menschen suchen bei der Ennepetaler Tafel Hilfe, so viele Menschen wie noch nie zuvor. Immer mittwochs erhalten sie an der Lindenstraße eine voll gepackte Tasche mit Lebensmitteln, die sie dringend benötigen. Das Problem ist, die Warteschlange wird immer länger, „und die Lebensmittelläden-Spenden sind viel weniger als sonst“, sagt Organisatorin Karin Nebel. Durch die steigenden Lebensmittel im Handel würde für die Tafel immer weniger übrig bleiben.
„Zum Glück haben wir noch viele Spenden, damit können wir vieles dazu kaufen.“ Die Hilfsbereitschaft sei groß, noch sei es zu schaffen, sich um alle zu kümmern. Doch die Sorge vor den steigenden Kosten sei ebenfalls groß. „Der Vermieter ist uns entgegen gekommen, dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Karin Nebel, und auch mit der AVU sei man im Gespräch. Die Spenden, die die Tafel von den Organisationen erhält, würden vieles auffangen, gerade in diesen Zeiten, in denen alles teurer wird. Sie sagt: Ohne all diese Unterstützung wäre die Hilfe in diesem Maße nicht mehr möglich.
Besonders zu Herzen ging ihr der Einsatz der Kinder der katholischen Grundschule in Ennepetal. An Erntedank hätten sie und ihre Familien für die Tafel haltbare Lebensmittel gesammelt, sogar einen extra Gottesdienst gefeiert. „Der Berg aus Verpackungen war riesig“, sagt Karin Nebel und ist froh, dass die Menschen in der Stadt wissen, wie wichtig die Arbeit der Tafel ist.
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Was noch fehlt, sind zusätzliche ehrenamtliche Mitarbeiter. „Durch die steigende Belastung ist die Arbeitskraft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fast am Ende.“ Karin Nebel glaubt, dass die Zahl der Bedürftigen zudem weiter steigen wird. Es seien viele Ukrainerinnen und Ukrainer neu dazu gekommen. Die Sprachbarriere sei groß, und viele hätten keinen Beleg, wo sie wohnen. Die Organisatorin der Ennepetaler Tafel wünscht, dass die Behörden den Menschen, die hier ankommen, Belege an die Hand geben. Das würde einiges einfacher machen. Wie es weiter gehen wird? „Es kommt noch einiges auf uns zu“, sagt Karin Nebel und hofft, dass die Menschen auch in Zukunft einen Blick für diejenigen haben, denen es nicht so gut.