Schwelm. Unglaublich brutal prügelt eine Schwelmerin ihre Nachbarin mit einem Pflasterstein nieder. Unter anderem. Doch ist sie überhaupt schuldfähig?

Szenen wie in einem Horrorfilm spielten sich Ende Februar in einer Schwelmer Nachbarschaft ab. Eine heute 50 Jahre alte Frau ging auf ihre Nachbarn los, demolierte erst deren Pkw und prügelte am Tag darauf die Nachbarin mit einem Pflasterstein zu Boden. Im Polizeigewahrsam schlug die Frau einer Beamtin noch die Nase ein. Das Landgericht Hagen wird sich ab Donnerstag dieser Woche mit den Geschehnissen befassen. Sachbeschädigung und gefährliche Körperverletzung in vier Fällen werden der Schwelmerin vorgeworfen. Im Mittelpunkt der Verhandlung steht allerdings die Frage: Ist die Frau überhaupt schuldfähig? Denn die Beschuldigte ist psychisch schwer erkrankt.

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Es muss für die Nachbarn ein Horror aus heiterem Himmel gewesen sein, was sie am 27. und 28 Februar in ihrem heimischen Umfeld erlebten. Denn es gab keinen Grund, keinen Streit, keine Vorfälle, einfach nichts, woraus sich das gewalttätige Handeln der Frau irgendwie ableiten ließe, wie den Ausführungen des Landgerichtes zu entnehmen ist. Bei einer mutmaßlich schweren psychischen Erkrankung – vermutet wird eine paranoide Schizophrenie – müsse dies auch gar nicht vorliegen, teilte das Landgericht mit. Für die Opfer ändert dies jedoch nichts an der Schwere der Taten, mit deren Folgen sie zum Teil bis heute zu kämpfen haben sollen. Alles begann am 27. Februar um 11.40 Uhr.

Schaden von 14.000 Euro

An jenem Morgen soll die Beschuldigte auf die Straße gegangen sein und mit einem Hammer auf die beiden Pkw ihrer Nachbarn eingeschlagen haben. Als sie fertig war, sollen beide Fahrzeuge erhebliche Lackschäden und Dellen und zerbrochene Heckscheiben gehabt haben. Der Schaden wird auf etwa 14.000 Euro geschätzt.

Geradezu brutal wurde es laut Gericht am Tag darauf. Morgens um 9 Uhr soll sich die Beschuldigte zu dem Haus ihrer Nachbarin begeben haben und dort mit handflächengroßen Pflastersteinen die Fenster links und rechts vom Hauseingang eingeschlagen haben. Der Schaden wird auf etwa 200 Euro geschätzt.

Als die Nachbarin bemerkt, was vor ihrem Haus passiert, soll sie die Haustür geöffnet haben und der Beschuldigten gesagt haben, dass sie aufhören soll. Doch statt einzulenken, soll die Beschuldigte unvermittelt auf ihre Nachbarin losgegangen sein. Sie soll sie an den Haaren gepackt und mit einem Pflasterstein wiederholt - mindestens sechsmal - auf den Kopf ihrer Nachbarin eingeschlagen haben. Als das Opfer zu Boden ging, soll die Beschuldigte ihren Kopf noch mehrfach auf den Boden geschlagen haben. „Sie soll dabei in der Absicht gehandelt haben, der Zeugin erhebliche Verletzungen zuzufügen“, heißt es in der Mitteilung des Landgerichtes.

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Die malträtierte Nachbarin soll in Todesangst geraten sein und um Hilfe geschrien haben. Ihre Schwiegertochter, die auch im Haus wohnt, bekam das mit, eilte zur Hilfe und es gelang ihr schließlich mit einiger Kraftanstrengung, die Beschuldigte von der Schwiegermutter loszubekommen.

Schwere Verletzungen

Auch wenn die Wunden, die die Beschuldigte ihrer Nachbarin zuführte, laut Gericht nicht lebensgefährlich waren, zeichnen die Ausführungen zur bevorstehenden Verhandlung ein konkretes Bild über die Schwere der Verletzungen, die später im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die Rede ist von einer Schädelprellung, einer 1 Zentimeter und einer 2 Zentimeter großen Platzwunde im vorderen Stirnbereich, einer 2 Zentimeter großen Platzwunde an der Schläfe sowie zwei rissartigen Platzwunden auf der linken Kopfoberseite (3,5 Zentimeter und 4,5 Zentimeter lang). Außerdem soll sich die Frau Schürfwunden am Ellenbogen, Abschürfungen an den Händen, eine Prellung der Schulter sowie ein ausgeprägtes Hämatom am Oberarm zugezogen haben. Zwei der Kopfplatzwunden mussten laut Anklage genäht werden. Seit der Tat soll die Zeugin unter Angstzuständen sowie Herzrasen leiden und sich in psychologische Behandlung begeben haben.

Die Polizei wird herbeigerufen und nimmt die Beschuldigte vorläufig fest. In der Polizeiwache Ennepetal soll ihr in der Zelle eine Blutprobe entnommen werden. Doch die heute 50-Jährige soll in einer erfundenen Sprache gesprochen, geschrien und mit ihren Arme unkontrolliert durch die Luft gewedelt haben, so dass die beiden Polizeibeamten, ein Mann und eine Frau, beschließen, sie zu fixieren, um ihr die Blutprobe zu entnehmen. Danach wird die Fixierung wieder entfernt.

In die geschlossene Psychiatrie

Als die Beamten die Zelle verlassen, soll die Beschuldigte plötzlich an die Polizistin herangetreten und ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Die Beamtin soll durch den Schlag eine Prellung der Nasenwurzel, zwei Kratzer auf dem Nasenrücken und leichte Einblutungen im Bereich des linken Auges erlitten haben.

Die Schwelmerin wird daraufhin in eine geschlossene Psychiatrie gebracht. Einen Monat später wird für sie die einstweilige Unterbringung gemäß § 126a StPO in ein psychiatrisches Krankenhaus angewiesen. Dort befindet sie sich noch immer.

Weil die Schwelmerin so schwer erkrankt ist, dass sie bisher noch nicht eingehend untersucht werden konnte, konnte das genaue Krankheitsbild und seine Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit noch nicht geklärt werden. Dies soll nun im Rahmen der Hauptverhandlung erfolgen.