Ennepetal/Gevelsberg/Schwelm. Tausende Linienbusse fallen im Ennepe-Ruhr-Kreis und von hier in die Nachbarstädte im September aus. Auch Schülerverkehre sind betroffen.

Eine Krankheitswelle erschüttert die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr (VER) derart heftig, dass der ÖPNV im Ennepe-Ruhr-Kreis nicht mehr in Gänze aufrecht erhalten werden kann. Tausende Fahrten werden bis Ende September ausfallen. Wie die Perspektive darüber hinaus aussieht, kann aktuelle mit Sicherheit niemand sagen. „Ziel ist es, 96 Prozent der Verkehre aufrecht zu erhalten“, sagt Sandra Bruns, Pressesprecherin der VER. Doch selbst mit dieser hohen Prozentzahl sind Schülerverkehre betroffen, werden viele Pendler sich Alternativen zu ihren gewohnten Fahrten suchen müssen.

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Für die extrem hohe Zahl an Krankenscheinen hat die VER vor allem zwei Ursachen ausgemacht: Corona und die geplanten Operationen, die während der Hochphase der Pandemie in den Krankenhäusern verschoben worden sind und jetzt nachgeholt werden müssen. Dazu komme noch das Grundrauschen sonstiger Krankheiten und Verletzungen, die immer für Personalausfälle sorgen würden. Hinzu komme, dass wenn sich Angehörige infiziert haben, die Mitarbeiter auch nicht arbeiten dürfen, sondern quasi mit unter Quarantäne stehen, um die Fahrgäste nicht in Gefahr zu bringen. „Obwohl weiterhin eine Maskenpflicht in Bussen besteht“, wie Bruns sagt. Bereits seit Wochen, so betont Sandra Bruns, würden alle Kollegen, die in der VER-Zentrale am Wuppermannshof in Ennepetal auch in der Verwaltung oder in der Werkstatt arbeiten und den entsprechenden Führerschein besitzen, Bus fahren, damit der Betrieb nicht noch mehr eingeschränkt werden muss.

Fast 20 Linien betroffen

Das reicht nun auch nicht mehr aus. Die Fehlzahlen – nicht nur an Fahrern sondern in allen Abteilungen der VER sowie der Bogestra – sind derart in die Höhe geschnellt, dass die Verantwortlichen um VER-Geschäftsführer Peter Bökenkötter nun bis Ende des Monats die Reißleine gezogen und tausende Fahrten gestrichen haben. Drei Wochen lang werden sich die Nutzer des heimischen ÖPNV auf die Reduzierungen einstellen müssen.

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Die VER teilt dazu schriftlich mit: „Vorgesehen ist der Wegfall einzelner Fahrten im gesamten VER-Liniennetz, jedoch werden weiterhin alle Stadtteile bedient. Ziel ist es, rund 96 Prozent des gewohnten Angebots auch mit eingeschränkter Mitarbeiterzahl aufrechtzuerhalten.“ Folgende Kriterien sind laut der Verkehrsgesellschaft bei der Auswahl der gestrichenen Fahrten berücksichtigt worden: Dass normalerweise wenig Fahrgäste in diesen Wagen sitzen und ein Parallelangebot existiert. Zudem achteten Peter Bökenkötter und sein Team auf kurze Taktzeiten, damit die Lücken nicht zu groß werden und wollten Schülerverkehre überwiegend aufrecht erhalten. Letzteres ist nur zum Teil geglückt. Vor allem die Schulen in Gevelsberg, Ennepetal, Schwelm und Sprockhövel werden nicht mehr komplett bedient.

Vorerst bis 30. September

Betroffen sind in der ersten drei Wochen die Linien: 330, 511, 550, 551, 552, 553, 557, 558, 560, 561, 563, 568, 572, 573, 576, 583, 584, 608 und SB37. Wie es danach weitergeht, hält Sandra Bruns noch völlig offen: „Natürlich kommen die Leute, die eine Operation haben, wieder zurück, aber wie sich die Corona-Welle ab dem Herbst verhält, das ist ja so etwas wie Glaskugelleserei.“ Sie hält es nicht für ausgeschlossen, dass die VER und die Bogestra weitere Einschränkungen über den 30. September hinaus für den Ennepe-Ruhr-Kreis beschließen oder gar ausdehnen müssen. Die VER schränkt das Angebot laut eigener Aussage bereits jetzt für drei Wochen ein, um eine gewisse Zuverlässigkeit zu gewährleisten und nicht für spontane Ausfälle zu sorgen. In diesem Zusammenhang weist sie auch noch einmal eindrücklich darauf hin, dass in Bussen und Bahnen weiterhin eine Maskenpflicht besteht.

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Generell treffe der Facharbeitermangel die Branche insgesamt und die heimischen Verkehrsbetriebe insbesondere noch nicht sehr hart. „Wir haben bislang keine großen Probleme, Leute zu finden, die unsere Busse fahren wollen“, sagt Sandra Bruns. Dennoch setze die VER gezielt und massiv auf Ausbildung und das hat einen Grund: Die Babyboomer steuern auf ihre Rente zu. „Wenn die geburtenstarken Jahrgänge Anfang der 60er Jahre wegbrechen, gehen uns in allen Bereichen – von der Verwaltung über die Werkstätten und die Ingenieur bis hin zu den Fahrern – gute Kräfte verloren“, sagt die Pressesprecherin. Dies liegt auch nicht auch nicht mehr in ferner Zukunft, weil der Anteil derer, die vor ihrem gesetzlichen Renteneintrittsalter bereits aus dem Berufsleben ausscheiden, gerade im öffentlich Dienst ungleich höher ist. Das würde die Situation deutlich verschärfen.

Das eingeschränkte Fahrplanangebot wird in die elektronische Fahrplanauskunft (EFA) eingepflegt, so dass sich Fahrgäste bereits jetzt über die Ausfälle informieren können. Alle Informationen gibt es ebenfalls tagesaktuell im Internet auf https://ver-kehr.de/aktuelles/verkehrshinweise/

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