Gevelsberg. Kippen sind eine Riesen-Sauerei für die Umwelt. Eine Aktion der Grünen zeigt, wie schlimm es allein auf der Mittelstraße in Gevelsberg ist.

Aufgeraucht und mal eben so mit dem Finger weggeschnippt. Dass tägliche Entsorgen von Zigarettenstummel auf den Straßen oder im Grünen ist ein Problem, das man hierzulande bisher noch nicht in den Griff bekommen hat, erklärt Veronika Nagata von der Privatinitiative Schwelm-Cleanup. Auch in Gevelsberg nicht, wo die Grünen nun das Problem im wahrsten Sinne anpacken.

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Kippen wegwerfen ist allgegenwärtig und „man mag es vielleicht als Kavaliersdelikt durchwinken“, sagt Veronika Nagata, doch man müsste sich im Klaren darüber sein, dass „Zigarettenkippen, kurz gesagt, giftgetränktes Einwegplastik“ sind. Denn jeder Zigarettenfilter bestehe aus durchschnittlich 12.000 Cellulose-Acetat-Fasern, einem Kunststoff, der nicht verrotten kann, sondern über viele Jahre hinweg in immer kleinere Kunststoffteile zerfällt. „Und diese Mikroplastikteilchen bleiben je nach Umgebungsbedingungen zwischen 5 bis 400 Jahre in der Umwelt liegen.“ Hinzu käme, dass 30 Sekunden Wasserkontakt ausreichen würden, um bei Regen, im Gewässer oder im Gully einen großen Teil der zum Teil krebserregenden Giftstoffe in die Umwelt freizugeben. „Auch nach 10 Jahren können noch gefährliche Schadstoffe austreten“, warnt sie. Darum sei es auch um so wichtiger, dass man daran arbeite, den Menschen die direkte Konsequenz aus ihrem falschen Entsorgungsverhalten zu verdeutlichen.

Der Blick auf die nach wenigen Minuten reichlich gefüllte Sammeltüte war kein schöner und das Ergebnis am Ende des Kippen-Cleanups war mit 7.500 Giftschleudern dann auch etwas erschreckend.
Der Blick auf die nach wenigen Minuten reichlich gefüllte Sammeltüte war kein schöner und das Ergebnis am Ende des Kippen-Cleanups war mit 7.500 Giftschleudern dann auch etwas erschreckend. © André Sicks

Und solch eine Verhaltensänderung stießen nun die Gevelsberger Grünen an. In Zusammenarbeit mit Veronika Nagata organisierten sie ein sogenanntes Kippen-Cleanup, bei dem die Teilnehmenden zweieinhalb Stunden lang die Mittelstraße durchstreiften um diese von „gelitterten (illegalen) Giftschleudern“, wie es Nagata bezeichnet, zu befreien. Nicht zig, nicht hunderte, sondern tausende Giftstummel sammelte man dabei auf. Am Ende des Cleanups kam man auf die erschreckende Gesamtzahl von 7.500 Kippen. Der Anblick der gefüllten Sammelboxen; wahrlich kein schöner. Ein vermehrtes Kippenaufkommen konnten die Sammler an Plätzen finden, an denen die Menschen stehend oder sitzend ihre Wartezeit verbringen. Als Beispiele nennt Annette Bischoff den Vorplatz der VHS Ennepe-Ruhr-Süd, die Ecken Mittelstraße / Mylinghauser Straße und Mittelstraße / Neustraße sowie die Verkehrsinsel Wittener Straße / Mittelstraße, an der es „vor allem die wartende Autofahrer sind, die ihre Kippen achtlos aus dem Fenster werfen“, und die Baumscheiben und Rosenbeete in der Fußgängerzone erscheinen als Hotspots.

Veronika Nagata von der Privatinitiative Schwelm-Cleanup hat alle Hände voll zu tun, die Kippen aus den engen Fugen zu bekommen.
Veronika Nagata von der Privatinitiative Schwelm-Cleanup hat alle Hände voll zu tun, die Kippen aus den engen Fugen zu bekommen. © Privat | André Sicks

„Wir wollten Aufmerksamkeit für die Problematik erregen und darüber hinaus auch mit der Bürgerschaft ins Gespräch kommen, um aufzuzeigen, wie schädlich die Zigarettenkippen für unsere Umwelt sind“, beschreibt die Geschäftsführerin der Partei die Erwartungen, die die Grünen im Vorfeld an diese Sammelaktion hatte. „Alleine nur eine gerauchte Kippe vergiftet nachgewiesenermaßen 1.000 Liter Wasser mitsamt den Lebewesen darin.“ Und gerade im städtischen Raum, ergänzt Veronika Nagata die Aussage von Bischoff, könne man eine 60-fach höhere Nikotin-Konzentration im Grundwasser feststellen. „Kippengift, das in Gewässer gelangt, landet früher oder später bei uns auf dem Teller oder im Glas, ob nun über die Trinkwasserversorgung oder über die Nahrungskette.“

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Gemeinsam mit Veronika Nagata von der Privatinitiative Schwelm-Cleanup (3. vr) organisierten die Gevelsberger Grünen ein Kippen-Cleanup, bei dem man entlang der Mittelstraße Zigarettenkippen einsammelte.
Gemeinsam mit Veronika Nagata von der Privatinitiative Schwelm-Cleanup (3. vr) organisierten die Gevelsberger Grünen ein Kippen-Cleanup, bei dem man entlang der Mittelstraße Zigarettenkippen einsammelte. © Privat | André Sicks

Fakten die dem sorglosen Kippenschnipsen ein anderes Gewicht verleihen. Umso erfreulicher, dass die Bürgerinnen und Bürger durchweg positiv auf diese Aktion reagierten. „Die Menschen in Gevelsberg sind da sehr offen und haben sich lobend und dankbar geäußert“, freut sich Bischoff. Nichtsdestotrotz „fordern wir als Grüne erneut einen Runden Tisch und zwar nicht nur zum Thema Zigarettenkippen, sondern generell zum Thema „Stadtsauberkeit“, erklärt Bischoff in Richtung Verwaltung. Die Technischen Betriebe würden ihre Arbeit zwar gut machen, doch „könnten sie alleine den mittlerweile erheblichen Aufwand personell und finanziell gar nicht mehr stemmen“. Darum sollten sich viele Akteurinnen und Akteure gemeinsam überlegen, wie man ein für Gevelsberg nachhaltiges, auf Langfristigkeit angelegtes Konzept erarbeitet. „Wir bleiben weiter dran am Thema Zigarettenkippen und Kippenrecycling.“

Was die gesammelten Kippen betrifft, so warten diese aktuell nun zusammen mit zigtausend weiteren Kippen in speziellen Sammeleimern beim AtelierSieben e.V. in Schwelm auf den Weitertransport zum Zigarettenrecycling in Köln, schildert Veronika Nagata die weitere Vorgehensweise. Dort sorge dann der Verein „TobaCycle e.V.“ in Zusammenarbeit mit einem Recyclingunternehmen dafür, dass der giftige Kunststoff aus den Zigarettenfiltern sachgerecht sortiert, gereinigt und als Bestandteil neuer Taschen- und Tischaschenbecher bzw. neue Kippen-Sammeleimer verwendet würde. „Ein innovativer Lösungsschritt mit viel Potenzial“, wie sie abschließend sagt und die Hoffnung äußert, dass sich durch eine ständige Wiederholung solcher Aktionen, am Ende positive Gewohnheiten entwickeln, die die Menschen dazu veranlassen nicht nur eine Vorreiterrolle zu übernehmen, sondern auch die eigene Komfortzone zu verlassen: „Nicht in der Entsorgung liegt der Schlüssel, sondern in der Vorsorge.“