Gevelsberg. Ein Verein möchte einen Teil des Friedhofs Lindengraben in Gevelsberg als Park erhalten und erhebt Vorwürfe gegen die Kirche. Die reagiert.

„Man kommt sich hier manchmal wie der Depp vor, der die Arbeit des Gärtners macht“, fasst Klaus Brandt seinen Ärger kurz und bündig zusammen. Der 69-Jährige gehört zum Freundeskreis Lindengraben, einem Verein von Ehrenamtlichen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, den nach eigener Beschreibung parkähnlichen Charakter des Friedhofes Lindengraben in Gevelsberg zu erhalten.

Die aktuell acht Mitglieder befreien aufgelassene Gräber von Wildwuchs, abgestorbenen Sträuchern und Bäumen. Sie halten Wege frei und erwecken noch vorhandene Grabsteine wieder aus ihrem „Dornröschenschlaf“, wenn sie zugewuchert sind. Und das alles seit 2011.

Warum macht der Verein das? Ein Blick auf die Internetseite des Freundeskreises lässt es schon erahnen. „Der Friedhof Lindengraben beeindruckt durch seine zahlreichen imposanten Linden, verwunschenen Wege und alten Gräber und gewährt Ruhe und Besinnlichkeit“, steht es dort. „Als grüne, mittlerweile üppige Oase der Natur wird er von den Bürgern nicht nur zum Grabbesuch, sondern auch zur Erholung genutzt. Er war über viele Jahrzehnte d e r Gevelsberger Friedhof.“

Verbundenheit zum Friedhof

Hinzu kommt eine zum Teil persönliche Verbundenheit der Freundeskreis-Mitglieder zum Friedhof. „Meine Eltern liegen auch hier“, verrät Heiko vom Bruch, der gemeinsam mit Klaus Brandt beim Besuch der Redaktion den Teil des Friedhofs zeigt, den der Freundeskreis betreut. Auch Brandts Eltern liegen auf dem Friedhof. Kurz zuvor sind sie am Grab ihres früheren Schulleiters am Gymnasium in Gevelsberg vorbeigegangen.

Klaus Brandt (links) und Heiko vom Bruch gehören zum Freundeskreis Lindengraben. Sie wünschen sich von der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg mehr Unterstützung.
Klaus Brandt (links) und Heiko vom Bruch gehören zum Freundeskreis Lindengraben. Sie wünschen sich von der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg mehr Unterstützung. © WP | Max Kölsch

An zwei festen Tagen in der Woche, dienstags und donnerstags, kümmern sich regelmäßig mehrere Mitglieder des Vereins um die Pflege des Areals. Die Arbeitsgeräte, die sie nutzen, finanzieren sich zum überwiegenden Teil aus Spenden oder wurden privat eingebracht.

Dabei geht es dem Freundeskreis Lindengraben laut eigener Aussage nicht nur darum, dass der Friedhofsteil gut begehbar bleibt, auch der Natur soll Rechnung getragen werden. „Wir wollen es ökologisch, aber es soll auch schön sein“, bringt Klaus Brandt es auf den Punkt.

Freundeskreis ärgert sich

Das Problem aus Sicht der Ehrenamtler: Der Friedhof wurde aufgelassen, dass heißt, es finden nur noch wenige Beerdigungen pro Jahr statt. „Daher kann die Kirchengemeinde offenbar immer weniger Geld in die Erhaltung des parkähnlichen Areals als grüne Oase mit erheblichem Umwelt- und Erholungspotenzial investieren“, vermutet Brandt.

Lesen Sie auch:

„Es werden nur noch die Arbeiten ausgeführt, die unbedingt erforderlich sind. Das bedeutet, dass überwiegend nur noch die Hauptwege und schmale Zuwege zu noch besuchten Gräbern frei gehalten werden.“

Alles andere werde dem Wildwuchs überlassen, insbesondere fingerdicken Brombeerranken. Ablagestellen für Pflanzenabfälle würden nur noch sporadisch geleert. Der Freundeskreis findet, dass die Gemeinde mehr tun könnte.

Wertschätzung vermisst

Um sein Projekt am Lindengraben auch unter fachlicher Beratung weiterzuentwickeln, bewarb der Verein sich 2021 bei einem mit öffentlichen Geldern finanzierten Biodiversitätscheck. „Von der letztendlichen Fördersumme hätte die Kirchengemeinde Gevelsberg 25 Prozent als Drittmittel zur Verfügung stellen müssen“, sagt Klaus Brandt. Die hätte man unter Umständen auch durch Spenden akquirieren können.

Eine zugewucherte Sitzbank auf dem evangelischen Teil des Friedhofes Lindengraben in Gevelsberg. Ein Bild, das den Freundeskreis Lindengraben stört.
Eine zugewucherte Sitzbank auf dem evangelischen Teil des Friedhofes Lindengraben in Gevelsberg. Ein Bild, das den Freundeskreis Lindengraben stört. © WP | Max Kölsch

Habe der Freundeskreis zunächst davon ausgehen können, dass die Kirchengemeinde eine Teilnahme am Projekt positiv bewerte, wenn auch nicht unterstütze, so habe doch letztlich ein Presbyteriumsbeschluss über den finanziellen Eigenbetrag im Raum gestanden.

„Die Tatsache, dass ein Gremium, das für den Friedhof und die Arbeit des Freundeskreises bislang keinerlei Interesse gezeigt und dem Freundeskreis keine Gelegenheit gegeben hat, die Beweggründe für die Projektteilnahme darzustellen, hat letztlich dazu geführt, den Antrag zurückzuziehen“, so Brandt. Er spricht von mangelnder Wertschätzung der geleisteten Arbeit, mangelnder Zusammenarbeit und unterschiedlichen Zielsetzungen.

Kirchengemeinde reagiert

„Alle angesprochenen Bedenken und alle Gründe für die Schließung des Friedhofes sind seinerzeit (2002-2012) in breiter Öffentlichkeit diskutiert worden“, erklärt Helmut Otto von der Friedhofsverwaltung der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg schriftlich auf Nachfrage der Redaktion. „Es gab eine Gemeindeversammlung (2006) und viele Einzelgespräche mit Nutzungsberechtigten, Friedhofsbesuchern und Grundstücksnachbarn, bevor die Schließung im Presbyterium beschlossen wurde.“

+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm+++

Niemand brauche sich jetzt noch Sorgen um den Friedhof zu machen, betont Otto. „Es werden noch mindestens 60 Jahre vergehen, bis eine Entwidmung des Friedhofes und damit eine andere Nutzung des Geländes möglich ist.“ Bis dahin obliege der Kirchengemeinde die Verkehrssicherungspflicht. Darüber hinaus sorge die Kirchengemeinde dafür, dass Gräber, die noch betreut werden, zugänglich seien. „Wir sind allen Menschen, die uns dabei unterstützen sehr dankbar“, so Otto weiter.

Er macht aber auch klar: „Das Ziel des Freundeskreises Lindengraben ist die Wandlung des Friedhofes in einen Park. Dies ist nicht das Ziel der Kirchengemeinde.“ Selbst die Stadt Gevelsberg habe die Übernahme des Friedhofes als Park aus Kostengründen abgelehnt. Darin begründe sich auch die Entscheidung des Friedhofsverwalters der Gemeinde, keine Teilnahme am Biodiversitätscheck zu beantragen. „Trotz der zu erwartenden Fördergelder entstehen Teilnahme- und Folgekosten, die dem Friedhof nicht zur Verfügung stehen“, so Helmut Otto.