Gevelsberg. . Freundeskreis kümmert sich um Pflege und Erhalt des Friedhofes als Parkanlage. Ehrenamtlicher Einsatz macht vieles überhaupt erst möglich

Der Evangelische Friedhof Lindengraben wirkt wie ein verwunschener Ort, eine grüne Oase über den Dächern der Stadt. Ohne den Einsatz des Freundeskreises, wie sich die Ehrenamtlichen nennen, wäre er längst eine verwilderte Grünfläche. Schon die Wege sind eine Herausforderung, führen entweder steil bergauf oder steil bergab. „Einer hat sogar eine Steigung von 30 Prozent“, weiß Helmut Otto. Er kümmert sich um die Friedhofsverwaltung der Evangelischen Kirchengemeinde und ist froh, dass es freiwillige Helfer gibt, auf die Verlass ist.

„Hier spart man sich das Fitnessstudio“, sagt Klaus Brandt und lacht. Gerade haben er, Heiko vom Bruch und Klaus Freund eine meterhohe Konifere gefällt, fällen müssen, weil sie zu viel Licht und die Sicht auf die Stadt raubte. Diese wurde - so wie viele andere - vor langer Zeit auf einem Grab gepflanzt und die Jahren nahmen ihren Lauf. 1879 wurde der Friedhof gegründet, seit 2007 werden keine neuen Gräber mehr vergeben, 2012 wurde der Entschluss endgültig gefasst, den Friedhof aufzugeben. Zu steil, für ältere Menschen zu kraftraubend, veränderte Bestattungswünsche, der städtische Friedhof Berchemallee als Konkurrenz: Die Gründe für die Aufgabe des evangelischen Friedhofs sind vielfältig.

Immer dienstags im Einsatz

Vor allem aber geht es um Kosten. Kirchensteuermittel dürfen nicht für den Unterhalt der Friedhöfe genutzt werden, erklärt Helmut Otto. Jetzt finden nur noch Beerdigungen am Lindengraben statt, wenn dort bereits Ehegatten oder Lebenspartner bestattet sind.

Trotzdem: Um die Ruhezeiten einzuhalten, wird es den Friedhof noch etwa 50 Jahre geben.

Heiko vom Bruch pflegt seit Jahren die Gräber seiner Angehörigen, sah, wie sich die Natur Strauch für Strauch den Friedhof zurückeroberte, und entschied sich, aktiv zu werden. Zwei angestellte Gärtner, drei Friedhöfe, 6 Hektar Fläche. Alleine die Zahlen machen deutlich: „Es ist für die beiden nicht zu schaffen, sich um alles zu kümmern“, sagt Otto. Sie haben die Verkehrssicherungspflicht im Blick, halten den Zugang zu den Gräbern frei. Für alles andere setzen sie die Ehrenamtlichen ein.

108 hoch gewachsene Linden

Der Freundeskreis Evangelischer Friedhof Lindengraben besteht aus einem harten Kern aus drei, vier Hobbygärtnern, allesamt Herren im gesetzteren Alter, die sich auch über engagierte Mitstreiter freuen würden. „Wir wollen nicht, dass hier alles verkommt“, sagt Heiko vom Bruch zu ihrer Motivation viele Stunden am Lindengraben zu gärtnern. Es sei ein besonderer Ort – mit 108 ausgewachsenen Linden, einer hohen Pflanzendichte, „die grüne Lunge der Stadt“, sagt Heiko vom Bruch.

6000 Gräber habe es hier einmal gegeben, sagt Helmut Otto, heute seien noch etwa 1000 belegt. Für den Freundeskreis steht fest, dass dieser Ort in eine parkähnliche Landschaft verwandelt werden soll. Dafür haben sie schon einiges getan. Sie haben eine Totholzhecke angelegt als Lebensraum für Tiere, als natürlichen Hingucker. Dass es an verschiedenen Stellen Ruhebänke gibt, dafür haben sie auch gesorgt, in dem sie die Flächen aus alten Natursteinplatten anlegten, Spenden akquirierten. Mit dem Nabu betreuen sie ein Wildbienenhaus und zahlreiche Nist- und Fledermauskästen.

„Efeu wird toleriert, Farn ist schön und Brombeeren müssen weg“, sagt Heiko vom Bruch. Immer dienstags sind sie im Einsatz, zu tun gibt es immer etwas, und das immer zu viel. „Aber es macht Spaß“, sagt Klaus Brandt. Sie können gestalten, kreativ sein. Heiko vom Bruch wünscht sich, dass die Lokale Agenda mitmachen und am Lindengraben aktiv wird, „wir haben die selben Ziele“, sagt Heiko vom Bruch und bittet auch die Stadt um Unterstützung. In den öffentlichen Entsorgungsplätzen für Pflanzenreste, die Friedhofsbesucher nutzen, sammle sich zu viel an. Auch bei den Hobbygärtner fällt viel Grünschnitt an. Wie bei der nächsten Konifere, der es an den Kragen geht. Die Friedhofsverwaltung stellt zwar die Gartengeräte zur Verfügung, der Freundeskreis hat aber auch eigenes Werkzeug dabei. Danach wollen sie damit noch eine Hecke stutzen, eine Sichtschneise schlagen. „Der Blick auf die Stadt ist außergewöhnlich“, sagt Heiko vom Bruch.

>>> INFO

Wo kann im Stadtgebiet ein Grab gekauft werden, welche Bestattungsformen gibt es? Hier ein Überblick über die Friedhöfe der Stadt Gevelsberg.

Evangelische Kirche

Die Evangelische Kirchengemeinde Gevelsberg hat drei Friedhöfe, von denen ausschließlich der an der Erlöserkirche in Benutzung ist. Die Flächen an der Waldstraße in Silschede und am Lindengraben sind geschlossen. Angeboten werde Erd- und Urnenbestattungen, anonyme Bestattungen sind nicht möglich. Im Schnitt gibt es etwa 15 Erd- und zehn Urnenbestattungen im Jahr an der Erlöserkirche. Vereinzelt gibt es die Beilegungen von Ehepartnern in die bereits bestehenden Grabstellen (siehe oben).

Stadt

Bestattungen auf einem städtischen Friedhof finden fast ausschließlich auf dem Friedhof Berchemallee statt. Dort gibt es zahlreiche Bestattungsmöglichkeiten: Wahlgrab Sarg, Reihengrab, Urnenwahlgrab für bis zu vier Urnen, Urnenreihengrab, in Kolumbarien, Grabstelle im Gemeinschaftsfeld (Urne) anonym und Rasengrab-Sarg. Am häufigsten wird das Kolumbarium gewählt: Nach Auskunft der Stadt fanden dort in den vergangenen vier Jahren im Schnitt alleine 130 Urnenbeisetzung pro Jahr statt. Auch die Beisetzung im Gemeinschaftsfeld (83 Mal) hat einen hochen Stellenwert. Insgesamt gab es etwa 300 Beerdigungen pro Jahr.

Insgesamt gibt es drei städtischen Friedhöfe: den „Am Heck“: ca. 0,5 Hektar, Städt. Friedhof „Waldstraße“: ca. 5,3 Hektar und der Städt. Friedhof „Berchemallee“: ca. zehn Hektar.

Katholische Kirche

Auch die Friedhofsgeschichte der Katholischen Kirchengemeinde führt weit zurück, bis ins Jahr 1880. Einzig betrieben wird der Friedhof am Lindengraben, etwas oberhalb des evangelischen Friedhofes. 2016 zählte die Gemeinde 49 Beerdigungen, 2017 waren es 61, und im Jahr 2018 waren es 40 Beisetzungen. Auch hier sind es Urnenbegräbnisse, die am meisten gewünscht sind.