Schwelm/Wuppertal. Schlechte Nachrichten von der Autobahn A 1: Die Großbaustelle Schwelmetalbrücke ist völlig aus dem Zeitplan. Was das für den Verkehr bedeutet.

Dies ist eine ganz schlechte Nachricht für den heimischen Straßenverkehr und für die betroffenen Anwohner. Die Arbeiten an der Schwelmetalbrücke, größtes laufendes Bauprojekt in unserer Region, sind völlig aus dem Zeitplan geraten. Grund dafür sind auch Corona und der Ukraine-Krieg. Aktuell rechnet die Projektleitung mit einem Jahr mehr Bauzeit. Statt in zwölf Monaten ist nun von einer Fertigstellung frühestens Mitte 2024 die Rede.

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Einigen Autofahrern auf der A 1 wird es schon aufgefallen sein. Auf den großen Hinweistafeln an der A 1 steht nicht mehr Fertigstellung voraussichtlich Mitte 2023. Aktuell ist dort zu lesen: Mitte 2024. Ein Jahr länger als von den Planern kalkuliert müssen sich Verkehrsteilnehmer und Anwohner nun mit der Groß-Baustelle arrangieren, die es seit Oktober 2018 gibt und in deren Verlauf es immer wieder zu Verkehrsbeeinträchtigungen, Sperrungen, Umwegen und längeren Fahrtzeiten kommt – und auch in Zukunft kommen wird.

Der schwere Lkw-Unfall am 17. März, bei dem ein 40-Tonner ausbrannte, hat am Brückenbauwerk folgenschwere Schäden verursacht.
Der schwere Lkw-Unfall am 17. März, bei dem ein 40-Tonner ausbrannte, hat am Brückenbauwerk folgenschwere Schäden verursacht. © dpa | Christoph Petersen

Folgen des Lkw-Brandes

„Die Gründe dafür sind vielfältig“, erklärt Simone Döll, Sprecherin der DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs-und -bau GmbH, die für Planung und Umsetzung des Ersatzbaus an der Schwelmetalbrücke zuständig ist. Viel folgenreicher als erwartet erwies sich beispielsweise der schwere Lkw-Unfall auf der Schwelmetalbrücke im März dieses Jahres. Ein 40-Tonner kam auf der A 1 in Fahrtrichtung Bremen genau am Übergang zwischen Autobahnstrecke und Brückenbauwerk von der Spur ab, riss die Mittelleitplanke nieder und ging in Flammen auf. Das Unglück ereignete sich genau zu Beginn des inneren Brückenbauwerk, dass erst kurz zuvor für den Verkehr wieder freigeben werden konnte. Während die Schäden an Fahrbahn und Mittelleitplanke inzwischen behoben sind, ergaben Untersuchungen, dass auch das Innenleben des Brückenbauwerkes durch die enorme Hitzeentwicklung stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Genau am Übergang zwischen Autobahnstrecke und Brückenbauwerke wurden die Dichtschläuche zerstört und müssen nun wieder ersetzt werden. Da diese Arbeiten nur bei mehrtägiger Sperrung des Teilbrückenbauwerkes möglich sind, werden sie ans Ende der gesamten Bauzeit gehängt, wenn auch die innere Brücke in Richtung Köln fertig ist und der Verkehr dann dort drüber umgeleitet werden kann.

„Die Brücke kann bedenkenlos weiter befahren werden“, versichert DEGES-Sprecherin Simone Döll. „Wir wollen später aber natürlich eine neue Brücke haben, bei der auch alles im besten Zustand ist.“

Für Verzögerungen auf der Baustelle geführt haben außerdem Sicherheitsmaßnahmen, die beim Baustart nicht vorherzusehen waren.

Digitale Bürgersprechstunde

Wegen des Zeitverzuges bietet die DEGES eine digitale Bürgersprechstunde an, bei der Fragen gestellt werden können und individuell u.a. von Projektleiterin Ines Nordhaus beantwortet werden.

Die digitale Bürgersprechstunde findet am Donnerstag, 21. Juli, von 18.30 bis 19.30 Uhr statt.

Die Zugangsdaten gibt es im Internet unter www.deges.de (auf der Projektseite Schwelmetalbrücke)

Nach aktuellem Stand hat die bislang zu verzeichnende Bauzeitverzögerung keine weiteren Auswirkungen auf die Sperrzeit der Dieselstraße.

Planmäßige Vollsperrungen der Dieselstraße für die bevorstehenden Abbrucharbeiten: bis zum 18. Juli sowie vom 19. August bis Ende September diesen Jahres.

Sobald keine Vollsperrung der Dieselstraße notwendig ist, wird eine Einbahnstraße eingerichtet. Fußgänger- und Radverkehr können den Bereich in beide Richtungen queren. Diese Verkehrsführung wird nach derzeitiger Planung bis Dezember 2023 bestehen

DEGES-Sprecherin Simone Nöll verweist unter anderem auf das große Schutzgerüst über den Bahngleisen, das beim Abriss des Brückenbauwerkes den Bahnverkehr vor herunterfallenden Betonteilen schützt. Ursprünglich geplant wurde mit einem fahrbares Gerüst, das erst unter dem einen und anschließend unter dem anderen abzureißenden und neu zu bauenden Brückenbauwerk hätte aufgestellt werden können. Genau in dieser Phase ereignete sich im April 2020 das Unglück bei Auggen, wo ein 140 Tonnen schweres Betonteil von einer Brückenbaustelle auf die darunter verlaufenden Gleise der Rheintalstrecke stürzte. Ein Güterzug raste dagegen, der Lokführer kam ums Leben. Die Deutsche Bahn hatte daraufhin die Sicherheitsanforderungen verschärft, woraufhin an der Schwelmetalbrücke ein größeres, stabileres und nicht fahrbares Schutzgerüst aufgestellt werden musste. Dieses musste nach Fertigstellung der ersten Teilbrücke wieder abgebaut und muss nun ein paar Meter weiter neu aufgebaut werden. „Das kostet viel Zeit“, so Simone Döll.

Ersatzbau Schwelmetalbrücke

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    Auch beim Rückbaukonzept musste aufgrund zwischenzeitlich geänderter Bauvorschriften nachgebessert werden. Statt zwei sind nun drei Schwerlastgleiswagen vorgeschrieben, die sich auf der Brückenoberseite bewegen und die bis zu 493,5 Tonnen schweren Betonelemente nach unten ablassen.

    Der mit Abstand größte Verzögerungsfaktor auf der Baustelle sind jedoch Lieferschwierigkeiten. Corona und Ukraine-Krieg machen auch den Arbeiten an der Schwelmetalbrücke schwer zu schaffen. „Weltweit kommt es derzeit bei Bauvorhaben zu Verzögerungen, da die benötigten Materialien nicht verfügbar sind oder es Probleme bei der Lieferung gibt. Diese Entwicklung war zunächst eine Folge der Corona-Pandemie, durch den andauernden Krieg in der Ukraine haben sich die Lieferschwierigkeiten verstärkt“, berichtet DEGES-Sprecherin Simone Döll. Dies betreffe neben Baustahl auch Kies und Sand, Beton, Bitumen, Dämm- und Kunststoffe. Auch die Dichtschläuche, die nach dem Lkw-Brand im März ersetzt werden müssen, seien derzeit nicht zu bekommen, erklärt Projektleiterin Ines Nordhaus.

    Nötig sind dann gute Verbindungen. Mit dem international ausgerichteten Baukonzern Hochtief habe man als beauftragtes Unternehmen zwar schon einen sehr guten Partner, sagt Ines Nordhaus. Gleichwohl hätte auch der bereits „signalisiert, dass es schwierig wird“. Was aktuell auf der Baustelle gebraucht wird, sind Bewehrungsstähle für die Widerlager und Fahrbahnplatte der neuen Brücke.

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    Wozu die Lieferengpässe neben dem Zeitverzug auch führen, sind erhöhte Preise und steigende Baukosten. „Wir können das noch nicht abschätzen, weil uns noch keine Rechnungen vorliegen. Aber es wird mit Sicherheit teurer werden“, sagt Projektleiterin Ines Nordhaus. In den Verträgen mit Hochtief seien zwar feste Preise für die beauftragten Leistungen vereinbart. „Wir können eine Baufirma auf den Mehrkosten aber auch nicht komplett sitzen lassen“, so Ines Nordhaus. Soll heißen: Es läuft auf einen Kompromiss hinaus, mit dem beide Seiten leben müssen. „Das ist für alle eine schwierige Situation. Aber wir wollen auch fertig werden“, so die Projektleiterin