Schwelm. Der Wechsel von Kreisdirektor Paul Höller in die neu gegründete NRW-Landesregierung reißt eine große Lücke.
Paukenschlag im Schwelmer Kreishaus: Kreisdirektor Paul Höller übernimmt einen Posten in der schwarz-grünen NRW-Landesregierung. Der 39-Jährige wird Staatssekretär im neuen NRW-Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Seine neue Chefin heißt Mona Neubaur (Bündnis90/Die Grünen), Ministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin.
Erst vor 18 Monaten nahm Paul Höller seine Arbeit als Kreisdirektor auf und wurde Nachfolger von Iris Pott. Anfang Juni wurde er an den Tisch der NRW-Koalitionsverhandlungen gerufen, um die Sicht der Kommunen in die Gespräche zu einzubringen.
Politische Koordination
Schließlich ist er in NRW der einzige grüne Kreisdirektor. Er erklärte im Vorfeld, dass er den Finger in die Wunden der vergangenen Monate und Jahre legen würde, um die Zusammenarbeit zwischen den Düsseldorfer Ministerien und den Städten deutlich zu verbessern. Das hat er getan - und sich damit wohl ins Spiel für den neuen Posten gebracht. „Es war schon etwas Besonderes, den Koalitionsvertrag mitgestalten zu dürfen.“
Im Kreis fest verwurzelt
Sein erstes politisches Mandat übernahm Paul Höller bereits mit 21 Jahren in seiner Heimatstadt Wetter, während er in Bochum Politikwissenschaft und Geschichte studierte. Nur wenige Monate zuvor war er den Grünen beigetreten, weil die Partei - wie er selbst - die Bebauung einer Wiese am Harkortsee verhindern wollte. Nach seinem Master-Abschluss 2008 arbeitete Höller in Düsseldorf, erst als Referent des Landesvorsitzenden von Bündnis 90/die Grünen, dann als Vorstandsreferent. 2013 wechselte er ins Bildungsministerium, war dort als Referent zuständig für Ganztag, Politische Bildung und Erinnerungskultur. Im November 2020 wählte ihn der Kreistag mit großer Stimmenmehrheit zum Kreisdirektor, im Januar 2021 hatte er die Nachfolge von Iris Pott angetreten. Paul Höller ist 39 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Mit ihnen lebt er mittlerweile in Bonn. Er sagt, dass seine Eltern und Geschwister noch im Ennepe-Ruhr-Kreis leben, dass er in der Region fest verwurzelt ist.
Seine neue Aufgabe gebe ihm nun die Chance, „in den kommenden fünf Jahren entscheidend dazu beitragen zu können, dass aus dem Vertrag auch möglichst viel in die Tat umgesetzt wird. Diese Perspektive hat am Ende für mich den Ausschlag gegeben“, nennt er das Hauptmotiv für seinen Wechsel. Als Staatssekretär für politische Koordination will er sich vor allem für einen besseren und transparenten Umgang mit den Kommunen einsetzen. Im Mittelpunkt seiner Arbeit gehe es um Kommunikation, Abstimmungen und ganz viele Gespräche.
Ausschreibung wird vorbereitet
Davon hat er auch in den vergangenen Tage einige geführt. „Ich hatte gar keine Zeit mich zu verabschieden, weil alles so schnell ging. Freitag habe Mona Neubaur angerufen. „Sie stellte mir die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, in die Führungsetage ihres Ministeriums zu wechseln“, berichtet Höller im Gespräch mit dieser Zeitung. Montag habe er den Landrat über seinen Entschluss informiert, zwei Tage später ist er schon dabei, als die neue NRW-Regierung vorgestellt wird. Es sei ihm eine große Ehre, und er sieht seinen Wechsel als Chance, etwas zu bewegen. Noch mehr als er es hätte als Kreisdirektor leisten können. Doch es tue ihm auch sehr leid, Schwelm den Rücken zu kehren. „Ich bin in dieser Region groß geworden, bin Kommunalpolitiker mit Leib und Seele, und auch das Kreishaus verlasse ich nur schweren Herzens.“
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Er sagt, dass er im Januar 2021 beruflich ins Kreishaus gekommen sei, um mindestens acht Jahre zu bleiben. Zuvor war er viele Jahre Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag des Ennepe-Ruhr-Kreises. Höller erklärt, dass er gerne an den Großprojekten im Kreis weitergearbeitet hätte, an dem Bau des Gefahrenabwehrzentrums oder der Sanierung des Kreishauses in Schwelm. Er spricht von großen Herausforderungen, die die Kreisbehörde meistern müsse. Was er seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger rät? „Öffentlich gar nichts, aber man kann mich jederzeit anrufen.“
Amtseinführung am Donnerstag
Bis ein Nachfolger für Höller gefunden ist, werden noch einige Monate vergehen. Seine Aufgaben würden nun auf mehrere Schultern verteilt und kommissarisch vergeben, bis seine Stelle neu besetzt ist. Um die Nachfolge zu regeln, plane die Kreisverwaltung nach Gesprächen mit Vertretern der Kreistagsfraktionen eine sehr zeitnahe Ausschreibung der Kreisdirektorenposition, teilt die Behörde mit. „Für die sonst üblichen Übergangs- und Wechselfristen ist in Fällen wie diesen kein Spielraum. Paul Höller muss sich ab sofort zu 100 Prozent in seinem neuen Job einbringen. Unsere Aufgabe ist es, den nicht erwarteten Verlust so gut wie möglich aufzufangen“, erklärt Landrat Olaf Schade.
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Am Mittwoch, 29. Juni, wurde Höllers Wechsel in die neue Landesregierung bekannt gegeben. Am Donnerstag wird er bereits ins Amt eingeführt und hat noch am selben Tag seine erste Plenarsitzung. Wie sein Terminplan am Freitag aussieht, wisse er noch nicht. „Mit Sicherheit aber voll gepackt“, sagt er und lacht.
Es komme nun einiges auf ihn zu. Er freue sich auf seine Aufgabe, auch wenn er in dieser kurzen Zeit noch gar nicht alles realisiert habe, und doch sei ihm der Abschied schwer gefallen. Er versichert: Die Interessen der Bürgerinnen und Bürger aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis will er auch in Düsseldorf im Blick behalten.