Gevelsberg. Die Gevelsberger Kirmes beginnt - nach drei Jahren Pause. Es ist viel seitdem passiert, nicht alle Schausteller sind mehr in Gevelsberg dabei.

Die Gevelsberger Kirmes ist zurück – und mit ihr auch die Schausteller. Doch nicht alle sind mehr dabei. Die Corona-Pandemie sowie die steigenden Rohstoff- und Energie-Preise setzen Standbetreibern zu. Doch das sind nicht die einzigen Probleme. „Ich kann versichern, dass wir uns nicht die Taschen vollmachen, wenn wir die Preise erhöhen“, sagt Schausteller-Sprecher Andreas Alexius. Er gibt einen Einblick in eine Branche, die unter der aktuellen Situation mit am stärksten leidet, den Menschen naturgemäß am meisten Freude macht. Ohne sie gäbe es keine Kirmes.

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Seit Dienstag sind die Schausteller wieder in Gevelsberg und bauen ihre Stände auf. Wie ist die Stimmung nach drei Jahren Pause?

Andreas Alexius: Die Stimmung ist gut. Vor allem weil es seit Anfang des Jahres wieder Veranstaltungen gibt, und wir freuen uns, wieder in Gevelsberg zu sein. Hier ist es immer etwas ganz Besonderes.

Dennoch gibt es große Probleme, die Ihnen das Leben sehr schwer machen.

Eines der größten Probleme ist das fehlende Personal. Viele Schausteller beschäftigen Saisonarbeiter, die haben sich aber während der Pandemie andere Jobs gesucht und stehen nicht mehr zur Verfügung. Das Ganze geht so weit, dass manch einer nicht genügend Leute zusammen bekommt, um Fahrgeschäfte abzubauen und an anderer Stelle wieder zu errichten. Der Personalmangel hat dazu geführt, dass Schausteller, die sonst immer da waren, nicht mehr kommen konnten.

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Haben Sie auch Schwierigkeiten, Ihren Autoscooter zu betreiben?

Es ist kompliziert, aber machbar. Ich habe das Glück, dass mein ältester Sohn mit ins Geschäft eingestiegen ist. Mein jüngerer Sohn macht die Ausbildung bei mir und hilft auch mit. Außerdem habe ich einen langjährigen Mitarbeiter. Den habe ich während der gesamten Coronazeit beschäftigt, es gab Kurzarbeitergeld zur Überbrückung, außerdem hatte ich ja auch trotzdem einige Veranstaltungen. Das Autokino, das Sommerfeeling, die Pop-up-Freizeitparks. Ich habe versucht, immer nach vorne zu schauen, weiter zu machen. Auch wenn es nicht immer einfach war.

Wie schlagen sich die gestiegenen Rohstoffpreise bei den Schaustellern nieder?

Das ist ein Riesenproblem. Auf einer Kirmes wird vieles frittiert und gebacken. Alleine der Preis für Speiseöl ist um 400 Prozent gestiegen. Kosten, die man niemals reinholen kann. Fisch von Dirk Wagner wird es unter anderem deshalb bei dieser Kirmes nicht mehr geben. Zu den Personalschwierigkeiten kommen gestiegene Lohnkosten, die Energiepreise. Dirk Wagner sagt, dass er keine Zukunft mehr für das Produkt sieht und hat den Imbissbetrieb ganz eingestellt. Und er ist nicht der Einzige, der sich dazu entschieden hat.

Gibt es Lücken auf der Kirmes?

Nein, alle Plätze von denen, die nicht mehr da sind, die wurden vergeben. Und fehlen wird auch nichts. Auch Backfisch wird es noch geben, in der Nähe des Kirmestors. Nur halt oben nicht mehr.

Und um einiges teurer als früher.

Da hat sich ein Schneeball entwickelt, der immer größer wird – und niemand kann absehen, wie es endet. Der Strompreis auf einer Kirmes war ohnehin immer etwas höher als für Privathaushalte. Das ist auch ok so, aber seit dem 1. Juni müssen wir statt 32 Cent pro Kilowattstunde nun 54 Cent bezahlen. Bei einer normalen Kirmes schlägt das im Sommer nicht so stark durch, aber in Gevelsberg schon. Hier wird bis spät in die Nacht gefeiert. Man braucht Licht und da dreht sich der Stromzähler immer schneller. Natürlich sorgt das alles für gestiegene Preise. Ich kann aber versichern, dass sich niemand hier die Taschen vollmacht. Es ist sogar so, dass wir am Ende weniger habe, als vor Corona. Weil wir eben nicht die gestiegenen Kosten einfach an die Kunden weitergeben.

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Was glauben Sie, wie es für die Branche weitergehen?

Ich kann da absolut keine Prognose abgeben. Ein Beispiel: Wenn ich meinen Lkw, auf dem ich die Autoscooter lade, volltanke, zahle ich ich 1000 Euro. Und er ist so schwer, dass ich 65 bis 70 Liter pro 100 Kilometer verbrauche. Er wird auch von den Straßenverkehrsämtern als Schwertransport eingestuft. Die Genehmigung, um damit von Haspe nach Gevelsberg zu fahren, hat mich 460 Euro gekostet, vor der Pandemie waren es 160 Euro. Die Gebühren sind landesweit gestiegen. Man muss nach vorne schauen, kreativ werden, attraktive Produkte für die Kunden anbieten, präsent sein, sonst wird es schwer.

Haben Sie Tipps für die Besucher der Kirmes, wie sie Geld sparen können?

Indem sie auf die Rabatte und Ermäßigungen achten. Bei mir kostet am Autoscooter eine Einzelfahrt 3 Euro, das sind 50 Cent mehr als 2019. Aber, wenn man drei Fahrten kauft, sind es nur noch 2 Euro, die pro Fahrt zu zahlen sind. Wer 16 Chips kauft, zahlt dafür sogar nur 20 Euro. Viele Schausteller haben solche Angebote, nicht nur an den beiden Familiennachmittagen, sondern an allen fünf Tagen. Wichtig ist auch, dass die Besucher Geduld mitbringen, an den Familientagen wird es naturgemäß voll. Dann bilden sich natürlich Schlangen. Wenn man darauf achtet, kann man sagen, dass die Preise an den Fahrgeschäften stabil geblieben sind, die an den Imbissständen sind teilweise drastisch gestiegen. Das ist aber nicht unser Verschulden.

Wie blicken Sie auf die Gevelsberger Kirmes?

Mit Sorge. Ich glaube, es wird richtig voll. Die Leute haben die Kirmes vermisst. Ich befürchte, dass es sich stauen und zu voll werden kann. Wichtig ist, dass sich die Menschen angemessen verhalten. Ob sie das Geld ausgeben, das sie in den vergangenen beiden Jahren sparen konnten, weiß ich nicht. Ich wünsche es mir aber. Und ich bin mir sicher, es werden alle sehr viel Spaß haben. Ich freue mich sehr auf die Zeit.