Ennepetal. Von Mobbing bei Grundschülern, Suizid-Äußerungen und überforderten Eltern berichtete Schulsozialarbeiterin Heike Ueßeler der Ennepetaler Politik.
Von Mobbing unter Kindern in der Grundschule, von Suizid-Äußerungen und von überforderten Eltern berichtete die Diplom-Pädagogin Heike Ueßeler in einer gemeinsamen Sitzung des Jugendhilfeausschusses und des Ausschusses für Schule und Bildung.
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Heike Ueßeler ist seit 2012 als Angestellte des Kinderschutzbundes an Ennepetaler Grundschulen tätig. In ihrem Vortrag vor den politischen Gremien sprach sie aber auch von Erfolgen der Schulsozialarbeit. Eltern, die dankbar seien für Gespräche und Hilfsangebote. Den Mitgliedern der beiden Ratsausschüsse als auch den Besuchern lag ein umfangreicher Bericht des Kinderschutzbundes über die Schulsozialarbeit für die Jahre 2020 und 2021 vor. Er untermauerte weitgehend den detaillierten Vortrag von Heike Ueßeler. So lagen ihre Tätigkeitsschwerpunkte während des Präsenzunterrichts in den Schulen des Grundschulverbandes Wassermaus mit den Standorten Deterberg, Friedenstal und Rüggeberg sowie in der Grundschule Büttenberg. Kindersprechstunde, Streitschlichtung, Elternberatung und Hausbesuche fanden auch in der Zeit der Schulschließungen und in den Zeiten des Wechselunterrichts statt, ebenso Kooperationen mit außerschulischen Beratungsangeboten. Auch wurden die Lehrerinnen und Lehrer bei der Auflösung des Corona-Pooltests unterstützt, auch bei der Einrichtung von digitalen Endgeräten und Lernplattformen.
Wenn von Seiten der Lehrkräfte kein Kontakt zu den Familien aufgebaut werden konnte, suchte die Diplom-Sozialpädagogin die Eltern auf. In Absprache mit der Wassermaus-Schulleiterin konzentrierte sie ihre Arbeit auf den Schulstandort Friedenstal. Der Grund: Dort ist der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund nach wie vor sehr hoch. „Diese Tatsache führt unweigerlich dazu, dass die Kinder am Standort Friedenstal in kulturell sehr vielfältigen Gruppen beschult werden. Diese kulturelle Vielfalt wirkt sich durchaus positiv auf die Toleranz der Kinder untereinander aus. Das Erlernen der deutschen Sprache stellt jedoch ein größeres Problem als an anderen Schulen dar, da muttersprachliche Sprachvorbilder fehlen“, heißt es im Bericht des Kinderschutzbundes. Laut Bericht besuchen 91 Kinder die Schule an der Esbecker Straße. Davon haben 68 Kinder einen Migrationshintergrund. Zehn Kinder sprechen kein oder wenig Deutsch. Demgegenüber hat der Schulstandort Rüggeberg 95 Kinder, 16 davon mit Migrationshintergrund. Ein Kind spricht wenig Deutsch. An der Grundschule Büttenberg lernen 182 Kinder, davon haben 96 Kinder einen Migrationshintergrund. 17 Kinder sprechen kein oder nur sehr wenig Deutsch (Stand Januar 2022).
Ungeeignete Räume
Heike Ueßeler weiß von schwierigen familiären Situationen, von beengten Wohnverhältnissen und finanziellen Schwierigkeiten, in denen Kinder leben. „Unsere Mitarbeiterin stand in den Jahren 2020 und 2021 mit mehr als 80 Kindern und deren Familien in mehrfachem Austausch“, ist im Bericht zu lesen. Wie in den Vorjahren seien an allen Schulen zunehmend Kinder mit besonderem Förderbedarf im emotionalen und sozialen Bereich zu finden. Da es in den vergangenen zwei Jahren nur in Ausnahmefällen Schuleingangsuntersuchungen gegeben habe, seien bei Schulanfängerinnen und -anfängern im Vergleich zum Jahr 2019 im Schulalltag erhebliche Auffälligkeiten festgestellt worden. Sie seien zum Teil nicht schulreif. „Es fehlen Basiskompetenzen sowohl in den Bereichen Motorik als auch in Sozialkompetenz“, heißt es. An allen Schulstandorten seien vermehrt Hinweise auf verschiedene Arten der Kindeswohlgefährdung aufgetreten.
Zusammenlegung der Wassermaus-Standorte ein Wunsch
Für den Kinderschutzbund sei die Zusammenlegung der Schulstandorte Wassermaus in mehrfacher Hinsicht sinnvoll, heißt es im im Bericht über die Schulsozialarbeit unter der Überschrift „Wünsche“.Zunächst wäre eine pädagogisch sinnvolle soziale und kulturelle Durchmischung der Lerngruppen möglich. Darüber hinaus könnten pädagogische Ressourcen besser genutzt werden.Um professionell arbeiten zu können sei es zudem dringend notwendig, die Raumkonzepte der Schulen so anzupassen, dass sie zukünftig einen angemessen großen und entsprechend ausgestatteten Arbeitsraum für Schulsozialarbeit vorsehen.
Als „ungeeignet für die Schulsozialarbeit“ bezeichnet der Kinderschutzbund die zur Verfügung stehenden Mehrzweckräume in den Schulen Deterberg und Rüggeberg. Ein Novum in der bis heute über zehn Jahren geleisteten Arbeit von Heike Ueßeler: Sie stellte eine Überlastungsanzeige an den Kinderschutzbund. „Zum Ende des Jahres 2021 wurde deutlich, dass es für unsere Mitarbeiterin nicht mehr leistbar ist, vier Standorte zu betreuen!“ so der Verein. Denn Schulsozialarbeit als ergänzendes pädagogisches Angebot könne nur wirksam sein, wenn eine entsprechende zeitliche Kapazität zur Verfügung stehe. „Der Umstand, dass sich auch Menschen an unsere Mitarbeiterin wenden, die nicht direkt den vom Kinderschutzbund betreuten Grundschulen angehören, zeigt den steigenden Bedarf an unbürokratischer Hilfe und niederschwelliger Beratung“, stellt der Kinderschutzbund fest. Eine weitere halbe Stelle „Schulsozialarbeit in Grundschulen“ sei in diesem Jahr geschaffen und mit Sozialarbeiterin Celine Kiene besetzt worden, die ebenfalls an der Wassermaus tätig ist. Ein Ausbau der Schulsozialarbeit im Bereich der Grundschulen sei aus fachlicher Sicht zwingend notwendig, um die Folgen der Pandemie abzufedern und Schulverweigerung, Kriminalität, Sucht und Gefährdungen des Kindeswohls entgegen zu wirken.
Seit Ostern betreut nach Absprache mit dem Jugendamt der Stadt Heike Ueßeler nur noch die drei Standorte der Grundschulverbandes Wassermaus. Die Grundschule Büttenberg wird nun durch eine neu eingestellte Fachkraft der Stadt betreut.