Gevelsberg. Das Hospiz Emmaus in Gevelsberg bietet eine Kindertrauergruppe an. Vier Kinder erzählen, warum sie die Gruppe besuchen und wie sie damit umgehen.

„Ich bin hier, weil mein Papa gestorben ist, damit wir darüber reden und ich nicht mehr so traurig bin“, antwortet die achtjährige Denise (alle Kindernamen im Text von der Redaktion geändert) ganz sachlich und mit gefasster Stimme auf die Frage, warum sie die Kindertrauergruppe im Hospiz Emmaus in Gevelsberg besucht. „Wir vergessen das hier mit der Trauer“, stimmt die sechs Jahre alte Anna ihr zu. Sie besucht die Gruppe, weil sie ihre Oma verloren hat.

Mit dabei sind Robin (7) und Kevin (9), die ebenfalls sehr nahe Angehörige verloren haben. Gemeinsam mit Birgit Prottung und ihrer Kollegin Andrea Schilling sprechen sie in der Kindertrauergruppe darüber, versuchen ihre Gefühle in Worte zu fassen, lachen miteinander, weinen miteinander.

„Wir haben Zettel an Bonbons geklebt mit Fragen“, erzählt Robin. „Zum Beispiel, was sich geändert hat, seit die Person gestorben ist.“ Nur eine von vielen kleinen Aktionen, die die Kinder aus Gevelsberg, Schwelm und Ennepetal in der Gruppe machen. In einer anderen Sitzung haben sie große Bilder von sich gemalt und in den Bauch ihrer Figur auf dem Bild verschiedene Emotionen geschrieben, die in ihnen seit ihrem Verlust immer wieder hochkommen. Traurig oder Angst steht da. Verzweifelt und wütend. Aber auch Freude und mutig.

Spielerisch über Trauer reden

„Es geht darum, dass die Kinder sich spielerisch öffnen, sie sollen reden“, erläutert Gruppenleiterin Birgit Prottung den Hintergrund dieser Aktionen. Sie macht die Kindertrauergruppe ehrenamtlich. Eigentlich ist sie kaufmännische Angestellte. Der Tod ihres eigenen Vaters, als sie zwölf Jahre alt war, sorgte dafür, dass sie sich später zur Hospizmitarbeiterin und Trauerbegleiterin für Kinder ausbilden ließ. Die Kindertrauergruppe macht sie seit sechs Jahren.

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Dabei werde zum Beispiel darüber gesprochen, wo die Verstorbenen aus Sicht der Kinder nun sind. Im Himmel? Wiedergeboren als ein Tier? Alles ist möglich. „Das ist hier völlig überkonfessionell“, sagt die Gruppenleiterin.

Thema sei auch, ob die Kinder den Leichnam des oder der Verstorbenen gesehen hätten. „Der Tod soll den Schrecken verlieren, es ist normal, darüber zu reden“, macht Prottung klar. Immer nach der Maßgabe: Alles kann, nichts muss. Wer nicht reden, sondern einfach nur schweigen möchte, kann das ebenso tun.

Termine einmal wöchentlich

Vier Kinder besuchen die aktuelle Kindertrauergruppe im Hospiz Emmaus in Gevelsberg. Es können auch mehr sein. „Je nachdem, wie viele es sind, findet die Gruppe acht bis zehn Mal statt“, sagt Birgit Prottung. Die Termine seien einmal wöchentlich. Aktuell montagnachmittags. Die Teilnahme daran ist kostenfrei, die Finanzierung erfolgt aus Spendenmitteln. Der Kontakt kommt zum Beispiel über die Schule zustande oder weil die Eltern direkt vom Angebot des Hospizes erfahren haben.

Angst, Ekel und andere Emotionen hat eines der Kinder im Hospiz Emmaus in Gevelsberg auf ein Bild gemalt, um seine Gefühle nach dem Tod eines nahen Angehörigen auszudrücken.
Angst, Ekel und andere Emotionen hat eines der Kinder im Hospiz Emmaus in Gevelsberg auf ein Bild gemalt, um seine Gefühle nach dem Tod eines nahen Angehörigen auszudrücken. © WP | Max Kölsch

Ab und an schaut auch Andrea Schröter mit ihrem Therapiebegleithund Flecki in der Kindertrauergruppe vorbei, einem sieben Jahre alten Rüden. Er spielt mit den Kindern, kuschelt, lässt sich streicheln, macht kleine Kunststückchen. Und hilft ihnen so, sich vielleicht ein Stück weiter zu öffnen.

Vor Teilnahme Gespräch zur Einschätzung

Die Kindertrauergruppe des Hospizes Emmaus richtet sich an Kinder zwischen acht und zwölf Jahren. Die maximale Gruppengröße beträgt sechs Teilnehmer.Vor der Teilnahme an einer Kindertrauergruppe ist ein Gespräch zur Einschätzung der individuellen Situation und den persönlichen Bedürfnissen des Kindes mit einem Erziehungsberechtigten erforderlich. Interessierte können dazu einen Termin mit Michaela Pesenacker vereinbaren.Das Emmaus-Hospiz, Hagener Straße 339, ist erreichbar unter 02332/61021, E-Mail: info@hospiz-emmaus.de. Weitere Informationen zu den Angeboten der Einrichtung unter www.hospiz-emmaus.de.

„Ich habe Flecki mit acht Wochen gekriegt und mit fünf Monaten hat er die Ausbildung begonnen“, erklärt Andrea Schröter. „Mit eineinhalb Jahren hat er dann die Prüfung abgelegt.“ Das Tier weiß genau, wann jemand gerade seine Nähe braucht. So kommt Flecki automatisch zu jemandem, der gerade spricht, setzt oder legt sich neben ihn, will sich kraulen lassen. Zumindest, wenn Schröter ihn „freigegeben“ hat, wie sie erklärt.

Therapiehund bringt Ruhe

Seit eineinhalb Jahren ist die hauptberufliche Krankenschwester mit Flecki in verschiedenen Einrichtungen unterwegs. „Der Hund bringt Ruhe rein, man kann aber auch mit ihm toben“, sagt Schröter, die früher selbstständig mit mehreren Therapiebegleithunden war, es aber heute nebenberuflich macht.

Bei den Kindern zeigt die Trauergruppe Wirkung. „Zuhause ist es auch schon ein bisschen besser, weil man schon das Gefühl hat, dass es einem besser geht“, sagt Robin. Am Ende der Sitzung geht ein kleines Herz herum, das Redeherz. Wer das Herz hat, darf sagen, wie es ihm oder ihr geht.

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„Mir geht es gut, weil Flecki heute dabei war“, freut sich Anna. Andrea Schröter lobt die Kinder: „Mir geht es auch gut, weil ihr so toll mit dem Flecki umgegangen seid“, freut sie sich. Danach dürfen die Kinder sich noch ein kleines Geschenk aus einer Holztruhe herausnehmen. In der kommenden Woche geht es weiter mit der nächsten Sitzung und einem anderen Thema, dass Denise, Anna, Robin und Kevin helfen soll, ihre Trauer zu verarbeiten. Dabei entscheidend ist auch, dass sie das als Gruppe tun. „Die Kinder lernen, dass es auch anderen so geht“, sagt Birgit Prottung.