Schwelm. Schweren Herzens hat Dhana Stuckmann ihren Laden „Tischcultura“ geschlossen. Das sind die Gründe und so sieht es bei den anderen Händlern aus.

Ende. Aus. Vorbei. Noch im Sommer war Dhana Stuckmann optimistisch, blickte hoffnungsvoll in die Zukunft, als sie über ihr Geschäft „Tischcultura“ in der Schwelmer Kirchstraße sprach. Nun hat sie quasi über Nacht und für viele völlig überraschend ihren kleinen Spezialitätenladen geschlossen. Personalmangel, wegbrechende Lieferketten, Teuerungsraten – die Gründe sind vielfältig und betreffen noch weitere Schwelmer Geschäfte. Auch die Corona-Demos stoßen den Geschäftsleuten sauer auf.

Das pralle Leben wütet schon seit Pandemiebeginn nicht mehr in der Schwelmer Innenstadt, doch bislang haben alle Einzelhändler, die Abwechslung und Charme ausgemacht haben, einen langen Atem bewiesen. Um so überraschter waren viele Schwelmer, als zu Wochenbeginn plötzlich ein Umzugswagen bei „Tischcultura“ vorfuhr. Wenige Stunden später hatte Dhana Stuckmann acht Jahre Selbstständigkeit aufgelöst. „Das fühlt sich an, als würde ich ein Kind begraben“, sagt die Geschäftsfrau und erläutert die Gründe dafür, dass sie ihr Geschäft aufgegeben hat.

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Der wichtigste und entscheidendste Grund: kein Personal. „Ich habe eine eigene Produktion, das Ladenlokal, den Online-Shop, Catering und die Büroarbeiten. Das kann ich nicht allein stemmen“, sagt Dhana Stuckmann im Gespräch mit der Redaktion. Sonst hatte sie stets einige Kräfte auf 450-Euro-Basis beschäftigt. Doch solche Mitarbeiter – das waren zumeist Studenten und Schüler – zu bekommen, ist kaum noch möglich. „Die arbeiten jetzt für 30 Euro die Stunde im Impf- oder Testzentrum“, sagt die scheidende Einzelhändlerin.

Immense Preissteigerungen

Zudem mache ihr der Online-Handel seit Pandemiebeginn immer mehr zu schaffen – und das obwohl sie sich eine Infrastruktur mit Webshop aufgebaut hat. „Es ist schon eine Vollzeitarbeit, sich im Internetsichtbar zu machen. Bis man mit Pesto bei Amazon auf dem ersten Platz landet dauert es unendlich.“ Zu all den Schwierigkeiten geselle sich die Corona-Politik. Zwar habe sie als Lebensmittelhändlerin stets öffnen dürfen, „wenn die Innenstadt aber leer ist, bringt mir das auch nichts.“ Parallel habe es immer größere Lieferschwierigkeiten und immense Preissteigerungen bei Waren und Verpackungsmaterialien gegeben, die Kunden beschwerten sich, dass sie in Schwelm keinen Parkplatz finden würden, zudem habe ihr die Fußgängerzonen-Regelung in der Kirchstraße Umsatzeinbußen beschert. „Ein 100-Euro-Geschenkkorb wiegt ordentlich, den will niemand weit zum Auto tragen.“ Freitagnachmittags trauten sich ohnehin viele Kunden nicht mehr in die Stadt, wenn die Gegner der Corona-Maßnahmen und die Gegendemonstranten durch die Fußgängerzone und die Kirchstraße ziehen.

„Tischcultura“ an der Schwelmer Kirchstraße ist geschlossen. Vor allem das fehlende Personal hat dazu beigetragen.
„Tischcultura“ an der Schwelmer Kirchstraße ist geschlossen. Vor allem das fehlende Personal hat dazu beigetragen. © WP | Birgit Böttcher

„Wenn eine 70-Stunden-Woche weder Freude macht, noch etwas dabei herumkommt, ist es Zeit, die Reißleine zu ziehen. Ich werde mich jetzt als Angestellte bewerben und bin zuversichtlich, etwas Neues zu finden“, sagt Dhana Stuckmann, die vorzeitig aus ihrem Mietvertrag konnte. Ist das erst der Anfang gewesen? Laut Informationen dieser Zeitung geht einigen so langsam die finanzielle Puste aus. Der Frust nach zwei Jahren Pandemie ist gewaltig.

Manche verkaufen Privateigentum

Das bestätigt Daniela Weithe, Vorsitzende der Werbegemeinschaft Schwelm (WGS). „Einige, die die Soforthilfen zurückzahlen müssen, haben schon ihr Privateigentum verkauft, um überhaupt überleben zu können. Es gibt welche, die sind echt am Limit.“ Gleichzeitig macht die WGS-Chefin aber auch deutlich, dass sich dies nicht auf alle übertragen lässt. „Wir haben auch Gewinner der Pandemie, allerdings ist es für die meisten schwerer geworden während der vergangenen zwei Jahre.“

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Daniela Weithe wünscht sich vor allem eine Perspektive, denn dass diese fehle, mache den Händlern am meisten zu schaffen. Dann sei sie optimistisch, dass nicht noch mehr Einzelhändler in Schwelm dazu gezwungen sind, dem Weg von Dhana Stuckmann zu folgen.