Gevelsberg/Schwelm. Metal-Queen Doro Pesch singt auf dem neuen Album der Gevelsberger „Paddyhats“. Doch die Zusammenarbeit geht noch darüber hinaus.

Als diese unverwechselbare Stimme einsetzt, drückt sie dem Lied sofort ihren Stempel auf. Denn hier singt ein Weltstar: Doro Pesch – die Königin des Heavy Metal – schiebt „We all know“ der Gevelsberger Band „The O’Rellys and the Paddyhats“ mit Macht durch die Boxen und lässt nach drei Minuten und zwanzig Sekunden eine Frage offen: Wieso hält die eine der erfolgreichsten deutschen Sängerinnen aller Zeiten auf der Jubiläumsplatte der Paddyhats das Mikro in der Hand? Die Antwort gibt Frontmann Franz Wüstenberg und erzählt eine Geschichte voller Zufälle und Überraschungen.

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Die Band sitzt im Tourbus und ist auf dem Weg nach Fulda, als der Schwelmer bestens gelaunt ans Telefon geht. Wüstenberg ist hauptberuflich als Komponist, Fotograf und eben auch als Filmemacher unterwegs. Klar, dass er auch die Musikvideos seiner eigenen Combo in Szene setzt, was ihm nicht zuletzt auch die Tür öffnete, um für die Band „Kärbholz“ zu drehen. Visitenkarten, von denen Holger Koch Notiz nahm. Der ist Mitinhaber von Metalville Records, wo die Paddyhats unter Vertrag stehen, außerdem seit vielen Jahren Manager von Doro Pesch. „Ihm hat offenbar meine Arbeit gefallen und so hat er mich gefragt, ob ich nicht die Live-Videos für das neue Doro-Album schneiden und ein Interview als Bonusmaterial produzieren kann.“ Franz Wüstenberg sagt zu – und hat bis dato maximal eine rudimentäre Ahnung, wer Doro Pesch ist und welche Musik sie macht.

Mit Metallica und den Scorpions

Die Platte, die der Schwelmer in Szene setzen soll, ist die Live-Reminiszenz ihres erfolgreichsten Albums „Triumph and Agony“, das allein drei Millionen Mal über die Ladentheke ging. Der Paddyhats-Sänger, der selbst seit vielen Jahren erfolgreich im Rock-Zirkus unterwegs ist, beschäftigte sich vor der Produktion intensiv mit der Metal-Queen. „Ich bin kein großer Metal-Fan, aber ihre Musik sprach mich sofort an. Sie ist im Gegensatz zu manchen Sachen, die bei uns im Tourbus laufen, sehr melodisch. Sehr geile Nummern.“ Außerdem ist sie rund um den Globus bekannt, teilte mit Metallica und den Scorpions die Bühne, war eine der besten Freundinnen der Motörhead-Legende Lemmy Kilmister und kennt das Geschäft seit bald 40 Jahren in- und auswendig. Da war Franz Wüstenberg noch nicht einmal geboren.

Etwas ehrfürchtig, aber vor allem mit großer Vorfreude trat er Doro Pesch das erste Mal gegenüber – und ist jetzt noch begeistert. „Sie ist total nett, offen, zugänglich, hat mir alles sehr leicht gemacht, einfach drauf losgequatscht. Und vor allem hat sie alle Fäden selbst in der Hand.“ Immer wieder telefonierten die beiden miteinander, um die Video-Produktion zu besprechen, bis alles nach den Wünschen der Sängerin passte.

Vielleicht auch einmal live spielen

Quasi parallel dazu werkelten die „Paddyhats“ an ihrem Album zum zehnten Geburtstag und haben sich darauf bewusst aus ihrem Folkpunk-Fahrwasser verabschiedet. Mit Ausnahme einer neuen Nummer stülpte die siebenköpfige Truppe einigen ihrer größten Hits ein neues klangliches Gewand über. Von Ska über Dance und Western bis hin zu klassischer Popmusik ist alles dabei – und eben „We all know“. Ungewöhnlich harte Gitarren, Double-Bass am Schlagzeug, aggressive Shouts – aus der Folk-Nummer mit Fiddle und Akkordeon ist ein lupenreines Heavy-Metal-Brett geworden. Maßgeschneidert für Doro Pesch. „Wir haben in der Band darüber gesprochen. Doro ist ein riesiger Name in der Metal-Welt, und wir wollte es einfach probieren, und haben sie gefragt“, erzählt Franz Wüstenberg. Die 57-jährige Düsseldorferin sagte zu, war begeistert von der wie auch von der regulären musikalischen Ausrichtung der Gevelsberger Band. „Völlig unkompliziert hat sie im Chorus gesungen und die zweite Strophe. Sie war vor allem von Tims Shouts beeindruckt“, sagt Franz Wüstenberg, der sich natürlich wünscht, dass Doro das Stück mit den Paddyhats auch einmal live spielt. „Aber da muss natürlich terminlich alles passen oder wir zufällig mal am gleichen Tag auf dem gleichen Festival spielen.“

Bis dahin kann sich jeder davon überzeugen, wie die Vorzeige-Dame des internationalen Heavy Metal einer der brillantesten Paddyhats-Hymnen, die seit Jahren fester Bestandteil eines jeden Live-Sets ist, ihren Stempel aufdrückt. Mit einer Stimme, die es nur einmal gibt.

Die neue Paddyhats-Platte – ein Album voller Überraschungen

Die neue Langrille der „O’Reillys and the Paddyhats“ hört auf den Namen „In Strange Waters“ und der ist wörtlich zu nehmen. Denn wer ein Folk-Punk-Album in bester Tradition des Septetts erwartet, liegt völlig daneben. Die Gevelsberger haben auf ihrem fünften regulären Metalville-Album in ihrem Back-Katalog gewildert und neun Stücke quer durch den musikalischen Genre-Garten neu vertont. Eine Überraschung jagt die nächste und ganz ehrlich: Es macht Spaß immer wieder zu denken: „Geil! Das hätte ich denen ja gar nicht zugetraut.“

Das Album zum zehnten Geburtstag gibt es auch als Box-Set mit der kompletten, fein aufgearbeiteten Geschichte der Band.
Das Album zum zehnten Geburtstag gibt es auch als Box-Set mit der kompletten, fein aufgearbeiteten Geschichte der Band. © WP | Privat

Ein wunderbares Stück Musik, mit dem sich die sympathische Truppe auch selbst beschenkt, bevor das nächste Album mit neuen Liedern ansteht. „Das wird wohl etwas härter werden, die Hälfte des Materials haben wir bereits zusammen“, sagt Franz Wüstenberg und zeigt, wohin die musikalische Reise nun geht, nachdem die „Paddyhats“ in der Vergangenheit von Album zu Album eher softer und massentauglicher geworden waren.