Schwelm. Glück bei Enkeltrick in Schwelm: Als sie erwischt wird, will ein Mädchen (14) aus Solingen als erstes die SIM-Karte ihres Handys vernichten.

Die Verbrecherin hat offenbar Nerven aus Stahl und eine gute kriminelle Ausbildung genossen. Als klar war, dass die Polizei sie verhaften wird, nahm sie als erstes die SIM-Karte aus ihrem Handy und zerkaute sie, um ihre Hinterleute zu schützen. Auf der Polizeiwache schwieg sie bei ihrer Vernehmung wie ein Grab. Kein Wort kam über ihre Lippen. Dabei ist die Kriminelle noch ein Kind. 14 Jahre ist das Mädchen erst alt, das nur durch einen Zufall geschnappt wurde, als sie kurz davor war, eine 87-Jährige in deren Wohnung zu bestehlen.

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Wie so oft in diesen Fällen begann die ganze Sache mit einem Telefonklingeln. Die 87-Jährige hob ab und hatte eine Frau am anderen Ende der Leitung. Die erzählte, dass die Tochter der Schwelmerin einen Verkehrsunfall verursacht hätte, bei dem ein Mann gestorben sei. Die Polizei hätte die Tochter daraufhin verhaftet. Nun könne die Seniorin ihre Tochter aber gegen eine Kaution freikaufen. Die alte Dame hatte offenbar kein Bargeld im Hause und teilte der Frau am Telefon mit, sie könne nur Gold und Schmuck anbieten. Das wiederum, betonte die Anruferin, sein nicht weiter schlimm. Es werde bald jemand zur Abholung kommen.

Tochter kam durch Zufall vorbei

Und in der Tat verstrich kaum Zeit, bis es an der Tür der Frau klingelte und ein 14-jähriges Mädchen sich als Abholerin vorstellte. Die Seniorin ließ das Kind daraufhin in ihre Wohnung, um ihr Gold und Schmuck auszuhändigen. Es war wohl ein glücklicher Zufall, dass ausgerechnet in dieser Sekunde die 57-jährige Tochter der Seniorin und deren Ehemann in die Wohnung kamen, um nach der Mutter zu schauen. Als sie auf das Mädchen trafen und die Geschichte hörten, durchschauten sie das Vorhaben sofort. Sie verschlossen die Wohnung, hielten das Kind fest und alarmierten die Polizei.

Anstatt zu flüchten oder sich zu wehren, blieb das Mädchen sehr ruhig, griff sofort zu ihrem Handy, nahm die SIM-Karte heraus, steckte sie sich in den Mund und versuchte, sie zu zerkauen. „Ein solches Verhalten spricht für eine gewisse Ausbildung. Ob hier auch Routine vorliegt, können wir nicht sagen. Denn das Mädchen ist bislang nicht polizeilich bekannt“, sagt Sonja Wever, Sprecherin der Kreispolizeibehörde im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Als die Beamten am Tatort eintrafen, ließ die 14-Jährige sich problemlos festnehmen. Die Polizisten brachten sie zur Wache nach Ennepetal. Dort befragten sie das Mädchen, doch das schwieg eisern zu ihren Komplizen und zur Tat. „Sie hat als Beschuldigte dazu natürlich ein Recht“, sagt Sonja Wever; ungewöhnlich für eine Jugendliche dieses Alters sei ihr Verhalten dennoch.

An die Eltern übergeben

Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Hagen übergaben die Beamten die 14-jährige Deutsche an ihre Eltern, die sie mit nach Hause in ihre Heimatstadt Solingen nahmen. Die teilweise beschädigte SIM-Karte und das Telefon hat die Polizei sichergestellt. „Wir werden dort nun alle Spuren auswerten und hoffen, so an Mittäter zu gelangen“, sagt die Polizeisprecherin. Sie macht zudem deutlich: „Bei tödlichen Unfällen verhaftet die Polizei in der Regel niemanden. Außerdem rufen wir niemanden an, um zu sagen, dass er Kaution stellen könne. Nicht zuletzt sammeln wir kein Bargeld und erst Recht keinen Schmuck oder Gold ein.“

Insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie haben die Betrugsversuche per Enkeltrick zugenommen. „Die Täter sind sehr gut ausgebildet, können Menschen manipulieren und suchen sich ganz gezielt gutgläubige Senioren als Opfer aus.“ Zumindest diesmal hat der Trick nicht funktioniert. Die 14-Jährige erwartet ein Verfahren wegen Betrugs.