Schwelm. In Schwelm gaben sich erneut Trickbetrüger am Telefon als Polizisten aus. Diesmal mit Erfolg. Opfer wurde eine 87-jährige alleinstehende Frau.
Der Fall zeugt von einer ungeheuren Kaltblütigkeit und Professionalität der Täter. Opfer wurde eine 87 Jahre alte Schwelmerin, die alleine in einem Zweifamilienhaus lebt. Sie erhielt am Montag gegen 14 Uhr einen Anruf durch eine männliche Person, die sich ihr gegenüber als Polizeibeamter ausgab. Er gehöre dem Raubdezernat an und wolle sie warnen. Die Geschichte, die er der alten Frau auftischte: In ihrer Nachbarschaft seien zwei Tatverdächtige festgenommen worden, und dahinter stecke eine vierköpfige Bande. Man müsse davon ausgehen, dass die noch nicht Gefassten weiter in ihrer Umgebung ihr Unwesen treiben.
Schmuck im Schließfach
Ob sie denn Bargeld oder Wertsachen in ihrer Wohnung habe, wollte der falsche Polizist wissen. Das wohl nicht, antwortete die Seniorin. Sie besitze lediglich Schmuck, das sicher in einem Schließfach deponiert sei. Daraufhin erwiderte der falsche Polizist, dass die Bande auch mit Angestellten von Bankinstituten zusammenarbeiten würde. Er rate ihr dringend, die Wertsachen aus dem Depot zu holen und sie der Polizei zu übergeben. Ein Kollege würde den Schmuck persönlich bei ihr abholen.
Mit viel Geschick gelingt es dem Trickbetrüger, die Seniorin so in Angst und Schrecken zu versetzen, dass sie sich sofort – wie vom angeblichen Polizisten dringend angeraten – auf den Weg zu ihrer Bank macht, um ihren Schmuck aus dem Schließfach zu holen. Als sie damit wieder zu Hause ist, ruft der Betrüger – wie vereinbart – auch schon wieder an. Sein Kollege sei schon unterwegs, sie solle den Schmuck in eine kleine Kiste packen und vor ihrer Haustür ablegen.
Der Trickbetrüger geht dabei so geschickt vor, dass die Seniorin ihm voll vertraut. Sie packt ihre Wertsachen in die Kiste und stellt sie wie besprochen vor die Haustür. Währenddessen läuft das Telefonat mit dem angeblichen Polizisten weiter, der ihr sagt, sie solle wieder zurück in die Wohnung gehen. Derweil muss ein Komplize des Anrufers bereits in Lauerstellung gestanden sein. Die Seniorin geht zu ihrem Fenster und sieht eine unbekannte männliche Person, die sich vom Haus entfernt. Der Anrufer erklärt ihr noch, dass ihr Schmuck nun sicher sei und beendet das Gespräch.
Der Schreck sitzt der Seniorin tief in den Knochen, so dass sie danach ihren Sohn anruft. Dem schwant sofort, dass seine Mutter Opfer von Betrügern geworden ist. Gemeinsam informieren sie die Polizei.
Wie groß der materielle Schaden ist, kann momentan nur geschätzt werden. Die Polizeipressestelle geht von etwa 5000 Euro aus, wertet aber noch vorhandene Fotos vom Schmuck aus. Ob es sich um dieselben Telefontrickbetrüger handelt, die sich am Freitag gegenüber einer 92-jährigen Schwelmerin als Polizisten ausgaben und ihr eine Geschichte von einem tödlichen Unfall auftischten, den ihr Enkel verursacht habe und der nur gegen eine Kaution von 25.000 Euro auf freiem Fuß bleibe, ist unklar. Im Unterschied zum aktuellen Fall machten die Täter am vergangenen Freitag keine Beute.
Was auf alle Trickbetrüger insbesondere am Telefon zutrifft: „Sie sind total empathisch und merken im Gespräch sehr schnell, wie sie ihre Opfer umwickeln und was sie herausholen können“, erklärte Polizeihauptkommissarin Vera Viebahn von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr. „Wenn die merken, dass kein Bargeld zu holen ist, fragen sie nach Wertsachen.“ Am Ende gehe es immer um eine Übergabe der Beute oder dass sich die Betrüger mit irgendeiner Geschichte Zutritt in die Wohnung verschaffen.
Zu dieser Betrugsmasche passt auch ein Vorfall, von dem eine Schwelmerin am Dienstag gegenüber der Redaktion berichtete. Sie bekomme seit ein paar Tagen immer wieder Anrufe von Personen, die sich für ihr Haus interessierten bzw. sie in ein Gespräch über den Wert der Immobilie verwickeln wollen. Sie vermute dahinter eine Masche, bei der es den Anrufern darum geht, sich Zutritt ins Haus zu verschaffen, und beende deshalb das Telefonat immer sehr schnell.
Auch Polizeisprecherin Vera Viebahn geht dabei von einer Betrugsmasche aus. Sie bittet alle, die das Gefühl haben, es mit Betrügern zu tun zu haben, sich bei der Polizei zu melden – auch dann, wenn man sich nicht auf die Betrüger einlässt und das Gespräch beendet. Solche Informationen seien für die Arbeit der Polizei hilfreich. Dass es momentan eine neue Welle von Trickbetrügern gibt, so wie vor Jahren in Gevelsberg oder in Schwelm, könne sie nicht bestätigen, so Vera Viebahn. Es würden immer wieder mal Fälle bekannt, aber nicht in einer Häufigkeit, dass die Polizei von einer neuen Flut an Telefonbetrugsdelikten sprechen würde.
Tipps der Polizei
Die Polizei rät: Machen Sie am Telefon niemals Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen. Legen Sie bei verdächtigen Anrufen auf! Übergeben Sie Wertgegenstände niemals an der Haustür oder durch „Abstellen“ an Ihnen unbekannte Personen. Informieren Sie Ihre Verwandten und Bekannten über die diversen „Geschichten“ der Telefonbetrüger und vereinbaren Sie Verhaltensweisen.