Ennepetal/Hagen. Was der Ennepetaler mit seinen Überfällen angerichtet hat, wird klar, als die Angestellten der Supermärkte über die Taten sprechen.

Der dreifache Rewe-Räuber aus Ennepetal: Am Ende betrug die Gesamtbeute rund 60.000 Euro. Doch der gesundheitliche Schaden, den Leon Enrico Sch. (21) durch seine Überfälle bei den Opfern angerichtet hat, der lässt sich nicht beziffern.

„Ich war fertig!“ Der junge Student (24) auf dem Zeugenstuhl schluckt, unterbricht seine Aussage und fängt an zu weinen. Dann erzählt er vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Hagen leicht stockend weiter: „Es kam eine Notfallseelsorgerin, mir ging es schlimm.“ Erinnerung an einen schlimmen Überfall, der ihm unvergessen bleibt. Und bis heute noch in den Knochen steckt. Es war der 29. Mai letzten Jahres, nach 22 Uhr, als ihn zwei maskierte Räuber, einer mit einem langen Fleischermesser, der andere (der jetzige Angeklagte) mit gezückter Pistole, überfielen. Bei Rewe in Breckerfeld, an der Frankfurter Straße.

Opfer spürt Pistole im Nacken

Der Student arbeitete dort nur stundenweise als Hilfskraft. Er spürte die Pistole im Nacken, musste sich auf den Boden legen, wurde mit grünen Kabelbindern an Händen und Füßen gefesselt: „Viel zu eng geschnürt. Ich hatte darin keine Durchblutung mehr, doch mein Puls war auf 180.“ Und dann war da noch „die pure Angst“. Die Angst, nachdem die Räuber den Tresor leergeräumt hatten, womöglich „in die Kühlkammer gesperrt zu werden“. Leon Enrico Sch. auf der Anklagebank ringt um Entschuldigungsworte an den Zeugen: „Es tut mir alles so furchtbar leid. Ich wollte nur ans Geld kommen und habe nicht damit gerechnet, dass es Opfer gibt.“

Auch die 63-Jährige, die am 5. Dezember als Kassiererin im Gevelsberger Rewe-Markt an der Hagener Straße tätig war, erinnert sich mit Grausen daran, wie sie und ihre Kollegen von zwei vermummten Männern überfallen wurden: „Sie zwangen uns, in den Tresorraum zu gehen. Ich dachte in der Aufregung noch: Hoffentlich fällt dir die Nummer ein!“

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Auch nach dem erfolgten Überfall, die Beute lag hier bei rund 36.000 Euro, kann die Rewe-Angestellte dieses einschneidende Erlebnis nur sehr schwer verarbeiten: „Ich war acht Wochen lang außer Gefecht gesetzt, brauchte psychologische Betreuung und habe auch heute noch Probleme deswegen.“ Sie atmet tief durch: „Wir sind jetzt schon viermal überfallen worden. Das steckt man nicht so einfach weg, das ist so.“

Bitte um Entschuldigung

Die Kollegin (58), die als Verkäuferin den Raubüberfall miterleben musste, bestätigt den Richtern ganz unverblümt: „Ich hatte eine Scheiß-Angst.“ Mit gesenktem Kopf bittet Leon Enrico Sch. auch diese beiden Opfer um Verzeihung: „Jetzt weiß ich, dass es nicht richtig war. Ich dachte, da kommt niemand zu Schaden. Was für einen Schaden ich wirklich angerichtet habe, ist mir erst jetzt richtig klar geworden.“ Der Rentner (66), der am Abend des Überfalls im Geschäft mit aushalf, schüttelt im Zeugenstand geradezu fassungslos den Kopf: „Ich habe diesen Job im Kaufpark immer gerne gemacht. Bis das passiert ist.“ Zwar hätten die beiden Täter angekündigt, „wir tun Euch nichts!“ Doch, so der Rentner, „hatte ich so viel Herzrasen, dass ich kaum noch Luft bekam.“ Seit dem Raubüberfall sei er nicht wieder arbeiten gegangen, „ich habe gekündigt.“ Seitdem das passiert sei, könne er dort nicht mal mehr einkaufen: „Da kriege ich Gänsehaut und ein Beklemmungsgefühl.“