Ennepetal/Schwelm/Gevelsberg. Nach dem vermeintlichen Skandal in Ennepetal: So schwer haben es derzeit Paare, die heiraten möchten. Eine Braut erzählt.

Bei den Paaren wächst der Frust, die Gäste beliefert der Postbote regelmäßig mit Einladungskarten, die ein aktualisiertes Datum tragen. Wer eine Traumhochzeit mit vielen Freunden und der ganzen Familie feiern will, den bremst Corona seit mehr als einem Jahr massiv aus. Wer dennoch heiratet – auch vollkommen pandemiekonform – steht dabei unter genauer Beobachtung und gerät möglicherweise unberechtigt in die Schusslinie, wie das Paar, das am vergangenen Samstag im Ennepetaler Industriemuseum seinen Segen erhielt. Heiraten in Zeiten von Ausgangssperren ist alles andere als einfach.

+++ Die erste Meldung zum Fall: Polizei löst Hochzeit auf +++

„Wir haben unseren Freunden und unserer Familie mit Absicht noch nichts erzählt, wollen aber gern Ende Juli heiraten“, sagt eine 29-jährige Schwelmerin, die verständlicher Weise ihren Namen nicht öffentlich nennen möchte. Schon bei den ersten Planungen ergeben sich massive Schwierigkeiten, wie bei den Ringen: „Wir haben in knapp drei Wochen einen Termin in Münster bekommen, wo wir tatsächlich vor Ort schauen können“, sagt die Bald-Braut. Online mehrere Exemplare zu bestellen, ist keine Alternative für das Paar. Nächste Schwierigkeit: die Haare. Denn: Ein Friseurtermin ist mittlerweile mit deutlichem Aufwand verbunden. „Aber auch dafür finden wir eine Lösung. Froh bin ich, dass wir ohnehin keine riesige Feier machen möchten.“

Das aber ist exakt der Grund, weshalb unzählige Paare bislang ihr Ja-Wort immer weiter in die Zukunft verlegen oder lediglich standesamtlich heiraten, und die kirchliche Trauung, in deren Anschluss sie groß feiern möchten, auf unbestimmte Zeit verschieben. Das eingangs erwähnte Ennepetaler Paar hatte sich hingegen dazu entschieden, nach der standesamtlichen Trauung auch einen kirchlichen Segen im Rahmen eines Gottesdienstes zu erhalten. Die Gemeinde „Wir sind Christen“, die den Gottesdienst ausrichtete, möchte sich zu der Thematik auf Nachfrage der Redaktion nicht mehr äußern.

+++ Das steckte wirklich hinter der vermeintlichen Hochzeitsfeier +++

Gleichwohl deutet alles darauf hin, dass die freien Evangelen sich vorbildlich an sämtliche Regeln gehalten haben, als die frische Verbindung der Eheleute Gottes Segen im Industriemuseum erhielt.

Keine Trautermine in den Kirchen

Genau dieser findet in den beiden großen Kirchen hingegen kaum noch statt. „Die meisten sagen ab oder verschieben“, teilen die Pressesprecher Patrizia Labus für die katholische Propsteigemeinde St. Marien und Harald Bertermann für den evangelischen Kirchenkreis Schwelm mit. Propst Norbert Dudek hat für dieses Jahr lediglich drei Hochzeiten auf dem Plan, die erste davon auch erst im Juni. Ob diese tatsächlich stattfinden kann oder ob auch dies eine weitere Terminverschiebung nach sich zieht, wird der Fortgang der Pandemie zeigen. Feststehen dürfte bereits jetzt, dass der Ansturm der Brautpaare immens sein wird, wenn ein ungezügeltes Feiern nach dem Ja-Wort wieder gestattet ist.

Die Regeln für Kirchen und Glaubensgemeinschaften

Alle Teilnehmer müssen den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, medizinische Masken auch am Sitzplatz tragen, sich anmelden und ihre Kontaktdaten hinterlassen.

Die Teilnehmerzahl für jede Art von Gottesdienst ist auf eine bestimmte Anzahl begrenzt, es darf nicht gesungen werden.

Kirchen und Religionsgemeinschaften, die keine Hygienekonzepte vorgelegt haben, müssen ihre Treffen bei mehr als zehn Teilnehmern beim zuständigen Ordnungsamt vorab anzeigen.