Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Händler und Dienstleister in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal dürfen unter Auflagen öffnen, Restaurants bleiben geschlossen. Das sagen die Wirte.

Viel hat die Politik in den vergangenen Wochen über Lockerungen diskutiert. Nach der schrittweisen Öffnung der Schulen und der Friseure am 1. März hatten sich Bund und Länder auf weitere Öffnungsschritte in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen geeinigt. Für Nordrhein-Westfalen mit einer zu dieser Zeit stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 bedeutete das, dass seit dem 8. März der Betrieb von Buchhandlungen, Schreibwarengeschäften, Blumengeschäften und Gartenmärkten wieder zulässig war.

Für den einen oder anderen mag das mit einer gewissen Hoffnung verbunden gewesen sein. Nicht so für die Gastronomen. Sie mussten ihre Lokale weiter geschlossen halten und sich auf den Außer-Haus-Verkauf beschränken. Jetzt, kaum einen Monat später, greift wegen der zu hohen Inzidenz die Corona-Notbremse. Dank Schnelltests bleiben die Öffnungsschritte vom 8. März zwar bestehen.

Eine Perspektive für die Gastronomie fehlt aber weiterhin. Den Städten Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal sind die Hände gebunden. Die Wirte selbst sind ernüchtert.

Städten fehlt Handhabe

„Der Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Kneipen, Cafés, Kantinen, Mensen und anderen gastronomischen Einrichtungen ist untersagt“, steht es klipp und klar in der Coronaschutzverordnung des Landes NRW. Die gilt seit dem 29. März in einer erneuerten Fassung.

„Die Dinge sind so definiert, wie sie sind. Da gibt es auch keinen Spielraum“, antwortet die Schwelmer Stadtsprecherin Heike Rudolph auf die Frage, ob die Stadt nicht irgendeine Handhabe sehe, den Gastronomen Lockerungen zu bescheren – und sei es durch die Ermöglichung der Außengastronomie, wenn das Wetter wieder langanhaltend gut ist.

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Ganz ähnlich äußert sich auch Hans-Günther Adrian als Sprecher der Stadt Ennepetal. „Ich sehe keinen Spielraum über das hinaus, was im Moment möglich ist“, sagt er mit Blick auf die aktuelle Schutzverordnung.

Erwartbar war daher auch die Antwort aus dem Gevelsberger Rathaus. „Wir haben keine Handhabe, der Gastronomie im Moment irgendwelche Öffnungen zu gewähren“, sagt Bürgermeister Claus Jacobi. „Wir können nur appellieren, dass die Leute die Bestellungsangebote der Gastronomen nutzen.“ Perspektivisch hofft er auf einen Erfolg der Impfstrategie. „Wenn die Infektionen sinken und mehr Menschen geimpft sind, muss es eine Perspektive für die Gastronomie geben“, macht der Bürgermeister deutlich.

Für eine Modellregion

Daher unterstütze er auch den Vorstoß, den Ennepe-Ruhr-Kreis zur Modellregion zu machen. „Wir wollen unserem Handel, der Gastronomie, den Vereinen und der Gesellschaft mit klugen Konzepten alsbald wieder reale Begegnungsmöglichkeiten schaffen, damit nicht auf Dauer in vielen Bereichen unseres Gemeinwesens das Licht ausgeht“, sagte Jacobi auch in seiner Osteransprache.

Konkret bedeute dies für die nächsten Tage und Wochen, dass eine umfangreiche Teststrategie sowie Click-and-meet-Möglichkeiten auf ihre verantwortbare Umsetzbarkeit geprüft und schnellstens umgesetzt werden müssten, damit sie dauerhafte Möglichkeiten in der Krise bieten würden.

Dabei wirbt Jacobi auch für den Einsatz der Luca-App, die durch eine verschlüsselte Datenübermittlung für Gastgeber und Gäste eine verantwortungsvolle Nachverfolgung ermöglichen soll. „Ich spreche mich explizit dafür aus, dass in erster Linie das Impfen, aber auch das Testen und die digitale Nachverfolgung eine Alternative zum Lockdown darstellen können“, so Claus Jacobi.

Ruf nach mehr Tests

Bevor es eine Perspektive für die Gastronomie geben könne, müssten aber die Testkapazitäten hochgefahren werden. Der Dienstleister, der das Testzentrum am Ennepebogen in Gevelsberg betreibe, habe damit zum Beispiel zu Ostern begonnen und wolle auch künftig mehr Testtermine anbieten.

„Wir haben jetzt seit fünf Monaten zu und gehen in den sechsten“, bringt Ralf Hedtmann, Vorsitzender des Gevelsberger Wirtevereins, die Situation aus Sicht der Betroffenen auf den Punkt.

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Zwar seien die staatlichen Wirtschaftshilfen bei ihm angekommen – er selbst betreibt das Bistro Papillon an der Mittelstraße in Gevelsberg –, bis Ende Juni gebe es aber nur eine Kostenerstattung für die Gastronomen. In seinen Augen zu wenig. „Irgendwann muss es ja mal wieder losgehen“, sagt er. Nur die Außenbereiche zu öffnen, sei aber nicht ausreichend.

„Es gibt ja auch welche, die keine Außenbereiche haben“, sagt Hedtmann. Zumal das Wetter in den nächsten Tagen wieder schlechter werden solle. „Wenn ich in meinem Lokal selbst testen könnte, wäre das schon nicht schlecht“, findet der Vorsitzende. „Aber wenn ein Test dann zum Beispiel fünf Euro kostet und der Gast trinkt nur zwei Tassen Kaffee, geht das nicht.“ Das Thema Laufkundschaft sei so also vom Tisch.

Hoffnung auf Wetter

Wenn er nur seinen Außenbereich öffnen dürfe, könne er lediglich freitags und samstags Geld verdienen – wenn das Wetter mitspielt. Lieferservices seien für viele Wirte auch nicht lukrativ, da die Konkurrenz durch die traditionellen Lieferangebote zu groß sei.

Verschiedenen Aktionen zur Unterstützung

Die Stadt Gevelsberg hatte im vergangenen Jahr eine große Gastro-Meile auf der Mittelstraße ermöglicht, um ihre Gastronomie-Betriebe zu unterstützen. Eigens dafür sperrte sie die Mittelstraße für ein Wochenende ab.

Auch die Stadt Schwelm griff ihren Wirten 2020 unter die Arme, zum Beispiel durch den Erlass der Sondernutzungsgebühr für Außengastronomie.

In Ennepetal organisierte der Verein Voerderleben gemeinsam mit der Stadt im und am Zönchen in Voerde eine Gastro-Aktion.

Konkret heiße das: Die Menschen bestellen eher beim Imbiss, bei dem sie auch früher schon bestellt haben. Auch weil dieser in der Regel billiger sei als die Angebote, die die Restaurants machten. „Die Infektionszahlen müssen runter gehen“, macht Ralf Hedtmann klar.

Für ihn die einzige Lösung. Er hofft, dass das passiert, wenn das Wetter besser wird. Und darauf, dass die Politik den Gastronomen zeitnah, vielleicht schon nach den Osterferien, eine Perspektive aufzeigt.