Ennepetal. Die Stadt Ennepetal hat die Voerder Kirmes, die im Juni stattfinden sollte, abgesagt. Warum das gerade jetzt die einzig richtige Entscheidung ist.

Das Rathaus verschickte die bedrückende Nachricht am Donnerstagvormittag per elektronischer Post. Mit Sperrvermerk. Öffentlich verkündet werden durfte sie frühestens um 20 Uhr am Abend. Bürgermeisterin Imke Heymann wollte zuvor den Rat informiert haben, damit die Politik die bittere Wahrheit nicht aus den Medien erfährt. Die Stadt hat sich schweren Herzens dazu entschieden, die Voerder Kirmes das zweite Jahr in Folge abzusagen.

Keine leichte Entscheidung

Leicht ist die Entscheidung den Verantwortlichen nicht gefallen. Am Ende wurde sie gemeinsam getragen von der Stadt als Veranstalterin, vom Heimatverein Voerde als Ausrichter des traditionellen Begleitprogrammes und von den Schaustellern, deren Existenz davon unmittelbar betroffen ist. „Wir sind natürlich traurig, dass unsere Traditionsveranstaltung wegen der Coronakrise jetzt bereits das zweite Mal nicht stattfinden kann, aber die Gesundheit der Menschen geht absolut vor“, werden der Heimatverein Voerde, Andreas Alexius, Sprecher der Schausteller, und Bürgermeisterin Imke Heymann in der Mitteilung aus dem Rathaus zitiert. Damit steht fest: Aufgrund der coronabedingten Entwicklungen wird es vom 12. bis zum 15. Juni auf dem Kirmesplatz und der Lindenstraße keine Fahrgeschäfte, Losbuden und Bierstände geben.

Es gab keine zwei Meinungen

Letztendlich gab es keine zwei Meinungen. Corona hat das Land weiter voll im Griff, und das wird absehbar auch so bleiben. Darin sind sich alle einig. Theoretisch hätte die Stadt auf Risiko gehen und mit der Entscheidung noch warten können. Doch nicht einmal Optimisten gehen davon aus, dass sich die Lage in knapp drei Monaten so entspannt, dass eine Voerder Kirmes, so wie die Ennepetaler sie kennen und wie sie sie lieben, wieder möglich ist. Dann besser jetzt die Reißleine ziehen und für klare Verhältnisse sorgen.

Der Zeitpunkt ist aus vielerlei Gründen nicht zu früh, und alles andere als eine Absage hätte keinen Sinn ergeben. Vor gut drei Wochen hatte der Heimatverein Voerde bereits entschieden, seinen Festumzug und die Kürung des Ehrennachtwächters, also das Begleitprogramm, dass der Voerder Kirmes ihren besonderen Charme verleiht, ausfallen zu lassen – so wie auch im vergangenen Jahr. „Wir hatten im kleinen Kreis, mit dem geschäftsführenden Vorstand, zusammengesessen, darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir es besser ausfallen lassen“, berichtet Hans Martin Heimhardt, Vorsitzender des Heimatvereins. Und nicht nur das: Corona hat das Geschehen aus Sicht des Vorstandes absehbar so sehr im Griff, „dass wir für diese Jahr erstmal gar nichts mehr planen“, erklärte der Vorsitzende. Gestrichen ist damit auch der Heimatabend im Herbst. Da man schon jetzt dafür planen und Künstler verbindlich engagieren müsste, was unter den aktuellen Umständen nicht machbar ist, blieb dem Verein nichts anderes übrig, als den Heimatabend im Herbst abzublasen. Andernfalls wären womöglich Kosten entstanden, auf denen der Verein am Ende sitzen bleibt.

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Redakteur Andreas Gruber meint:Es ist die einzig richtige Entscheidung und es ist richtig, sie jetzt zu treffen.
Von Andreas Gruber zur Kirmesabsage

Dies ist auch für die Stadt mit ein Grund, die Voerder Kirmes besser jetzt schon abzusagen. Als Veranstalter würde jetzt die heiße Phase der Planung beginnen. Das bindet nicht nur Personal, sondern geht auch ins Geld, beispielsweise für Werbung und Reklame.

Und auch dies gehört zur Entscheidung: Mit den Schaustellern gibt es vertragliche Vereinbarungen, die aus Gründen der Planungssicherheit für beide Seiten frühzeitig geschlossen werden. Diese rechtzeitig aufzukündigen – die Stadt macht nach eigener Angabe Gebrauch von einer Corona-Ausstiegsklausel – ergibt für beide Seiten Sinn. Einerseits kommt die Frage nach möglichen Regressforderungen erst gar nicht auf. Anderseits herrscht für die Schausteller damit Klarheit, worauf sie sich einstellen müssen. Die Stadt muss die Absage an 55 Schausteller verschicken.

„Mich trifft das sehr“, sagt Schausteller Andreas Alexius aus Ennepetal, der Platzmeister der Voerder Kirmes und damit zuständig für die Organisation der Veranstaltung. Er trägt die Entscheidung der Stadt voll uns ganz mit, ist davon aber nicht nur finanziell betroffen, sondern auch emotional. „Wir planen die Voerder Kirmes jetzt schon in der dritten Generation. Das fühlt sich dann schon anders an“, sagt Alexius.

Mit der Absage haben er wie auch die anderen Schausteller zumindest die Gewissheit, nicht mit Einnahmen aus drei Tagen Kirmes rechnen zu können. Alexius sprach von einem kleinen fünfstelligen Betrag, der ihm durch die Lappen geht. Dank der aufgekündigten Vereinbarungen mit der Stadt können die Schausteller ihre Ansprüche auf Überbrückungshilfe ab sofort geltend machen. Auch hier zeigt die Erfahrung: Besser früher als zu spät.