Schwelm. Dr. Rebecca Wiesner leitet die Intensivstation im Schwelmer Helios-Krankenhaus und spricht über die Corona-Pandemie.
Dass die Zahlen der Corona-Infektionen im Ennepe-Ruhr-Kreis täglich steigen, ist hinlänglich bekannt. Wenn es hart auf hart kommt, wird entscheidend sein, wie gut die Kliniken in der Region auf die an Covid-19 erkrankten Menschen vorbereitet sind. Dr. Rebecca Wiesner leitet die Intensivstation des Helios-Klinikums in Schwelm. Im Interview spricht sie über die aktuelle Lage dort.
Dreh und Angelpunkt ist nicht die Anzahl der Intensivbetten, sondern das vorhandene Personal. Gibt es am Helios-Klinikum in Schwelm genug Pflegepersonal und auch genug Ärzte auf der Intensivstation?
Rebecca Wiesner: Ja, nach aktuellem Stand droht kein Engpass. Zur Bewertung der medizinischen Verfügbarkeiten ist jedoch immer die tagesaktuelle Auslastung der intensivmedizinischen Betten und Beatmungsplätze sowie des zur Verfügung stehenden Personals entscheidend. Hierbei spielen Krankenstand, aber auch zunehmende Betreuungsquarantänen durch die aktuellen Schließungen von Kindergärten eine große Rolle. Unsere Mitarbeiter werden speziell für die intensivmedizinischen Bereiche geschult und trainiert, damit für den Notfall ausreichend Kolleginnen und Kollegen in den Bereichen der Intensivpflege vorhanden sind. Zudem erleben wir eine sehr große Solidarität unter den Kollegen. Einige melden sich proaktiv, um an der Basis mitzuhelfen, wenn das Aufkommen an Patienten mit Corona-Infektionen zunimmt.
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Wie viele Intensivbetten gibt es am Helios-Klinikum und sind zusätzliche Betten eingerichtet worden?
Während der ersten Pandemie-Phase waren nie alle verfügbaren Intensivbetten zeitgleich belegt. Das zeigt, dass wir in den zurückliegenden Monaten rechtzeitig und schnell reagiert haben. Natürlich halten wir auch weiterhin entsprechende Intensiv- und Behandlungskapazitäten für Patienten mit einer Covid-19-Erkrankung frei. Im Falle eines sprunghaften Anstiegs von Covid-19-Patienten könnten wir schnell weitere erforderliche Kapazitäten schaffen.
Wie ist der aktuelle Krankenstand beim Pflegepersonal und unter der Ärzteschaft? Wie viele Mitarbeiter befanden und befinden sich in Quarantäne beziehungsweise waren selbst bereits mit Covid-19 infiziert?
Bei insgesamt drei Mitarbeitern des Helios-Klinikums Schwelm ist eine SARS-CoV-2-Infektion nachgewiesen worden. Diese befinden sich aktuell in häuslicher Quarantäne und werden vom Gesundheitsamt betreut. Wir haben in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt Kontaktpersonen identifiziert und entsprechend der RKI-Empfehlungen notwendige Maßnahmen in die Wege geleitet. Darüber hinaus befinden sich acht weitere Mitarbeiter in Quarantäne – bedingt durch Betreuungsquarantäne oder Kontakte im häuslichen Umfeld. Unser wichtigstes Anliegen ist es, unsere Patienten ebenso wie unsere Mitarbeiter aktiv vor einer weiteren Ausbreitung des Virus zu schützen.
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Mussten bereits OPs verschoben werden, damit die Betten frei gehalten werden können?
Während der Hochphase der Pandemie mussten alle elektiven Eingriffe – das heißt, medizinisch nicht dringend notwendige Behandlungen – aus Veranlassung der einzelnen Bundesländer länderspezifisch verschoben werden. Soweit sind wir derzeit nicht und hoffen auch, dass ein erneutes Herunterfahren aller Elektiveingriffe nicht angeordnet werden wird. Anfang Mai, sobald die medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen in den jeweiligen Bundesländern partiell oder ganz wieder geschaffen waren, haben wir bei uns und in den anderen 86 Helios-Kliniken wieder schrittweise auf allen Stationen begonnen, verstärkt Patienten aufzunehmen und insbesondere die Behandlungen nachzuholen, die verschoben werden mussten, um die Kapazitäten für Covid-19-Patientinnen und -Patienten frei zu halten. Allerdings dürfte es noch einige Zeit dauern, bis wir wieder vergleichbare Abläufe in unserem Klinikum wie vor der Pandemie sehen werden.
Gibt es eine generelle Urlaubssperre über die Winterzeit?
Nein, solche Maßnahmen sind nicht vorgesehen.
Ist genügend Schutzkleidung und sind genügend Masken vorhanden? Wie bewerten Sie die Situation für die Zukunft?
Schutzmaterialien für unser medizinisches Personal halten wir ausreichend vor. Grundsätzlich ist die aktuelle Versorgungslage mit Schutzmaterial als Momentaufnahme zu sehen und kann sich innerhalb kürzester Zeit ändern – positiv wie negativ. Das haben wir bereits zu Beginn der Pandemie gesehen. Derzeit gilt in unserer Klinik eine Mund-Nasenschutz-Pflicht für alle Mitarbeiter, Patienten sowie Besucher, die aufgrund von Ausnahmeregelungen im Rahmen des aktuellen Besuchsverbotes zu uns kommen. Wir möchten in diesem Zuge noch einmal alle Bürgerinnen und Bürger dazu aufrufen, sich an das ausgesprochene Besuchsverbot in Krankenhäusern zu halten und auf unnötige Diskussionen mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim Eingangsscreening zu diesem Thema bitte zu verzichten. Natürlich wissen wir, dass dies ein sehr emotionales Thema ist und haben viel Verständnis dafür, dass Menschen damit unzufrieden sind, weil sie momentan nicht ihre Liebsten besuchen können. Auch wir hoffen sehr, dass diese Maßnahmen bald wieder geändert werden können. Bis dahin bitten wir um Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung. Damit erleichtern sie unsere Arbeit deutlich und tragen zu unser aller Sicherheit bei.
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Wie ist die Stimmung unter den Mitarbeitern?
Wir wissen alle nicht, was noch auf uns zukommt. Unser medizinisches und pflegerisches Personal ist nach dem Hygieneplan auf Grundlage der Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (RKI) eingewiesen. Darüber hinaus wurde von unseren Krankenhaushygienikern in den letzten Monaten ein Schema für interne Abläufe in unseren Kliniken entwickelt, das wir für unser Haus entsprechend umgesetzt haben. Wir hatten bei Helios den Vorteil, dass wir bereits die Erfahrungen zum Coronavirus und der Übertragungswege aus anderen vor uns betroffenen Ländern kannten. Dadurch waren wir auch schon zu Beginn der Pandemie gut vorbereitet und konnten unsere Mitarbeiter mit entsprechenden Schutzmaterialien und Schulungen durch unsere Hygienefachkräfte vorbereiten.
Wie viele Covid-19-Patienten sind zur Zeit im Krankenhaus am Martfeld, wie viele werden intensivmedizinisch betreut und wie viele werden künstlich beatmet?
Tagesaktuell und transparent veröffentlicht Helios über die Lage in den 86 deutschen Helios Kliniken unter www.helios-gesundheit.de/qualitaet/auslastung/.
Wie plant das Schwelmer Krankenhaus den weiteren Umgang mit der Krise, auf welche Szenarien ist die Intensivmedizin vorbereitet?
Helios ist gut auf eine zweite Welle vorbereitet. Eine Schätzung der zu erwartenden Patienten in einem Krankenhaus kann derzeit niemand leisten. Entsprechend trifft sich unser Krisenstab des Helios-Klinikums Schwelm bereits seit mehreren Monaten regelmäßig, um die schnellen Entwicklungen zu bewerten und sich über aktuelle Probleme und Fragen auszutauschen beziehungsweise schnell notwendige Entscheidungen zu treffen. Wir bereiten uns auf ein hohes Patientenaufkommen vor. Helios hat ein umfangreiches Sicherheitskonzept entworfen und in allen 86 Helios Kliniken etabliert. Dazu zählt auch, dass wir mit jedem Patienten vor der stationären Aufnahme eine Vorabanamnese durchführen und jeden Patienten bei der Aufnahme auf das Coronavirus testen lassen. Die Patienten werden anschließend entsprechend des Risikos einer möglichen Infektion räumlich voneinander getrennt. Zudem gilt seit dem Frühjahr in allen Helios-Kliniken für alle Personen eine Maskenpflicht. Des Weiteren planen wir kurzfristig, Maskenscanner im Eingangsbereich zu installieren. Sie fordern am Klinikeingang durch Signal diejenigen Menschen zum Tragen einer Maske auf, die diese noch nicht tragen oder sie falsch tragen. Damit wollen wir bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unseren Patienten und Besuchern das Bewusstsein für das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes erhöhen.