Ennepetal. Die Feuerwehr Ennepetal hat eine neue Drehleiter. Das Spezial-Fahrzeug ist mit modernster Technik ausgestattet – und die hat es in sich.
In einer der großen Fahrzeughallen in der Hauptwache der Feuerwehr in der Wehrstraße in Altenvoerde spenden Scheinwerfer taghelles Licht, und Blaulicht ist nicht zu übersehen. So begrüßt die Feuerwehr Ennepetal ihre Gäste aus der Politik. Ein Millionen-Ding ist zu bestaunen. Dabei ist es nur ein Fahrzeug, aber eins, dass es in sich hat. Es ermöglicht eine noch schnellere Rettung von Menschenleben aus großer Gefahr.
Neue Drehleiter: Technische Angaben
DKL 23/12, so lautet die offizielle Bezeichnung für die Drehleiter, die jetzt offiziell von der Bürgermeisterin Imke Heymann der Wehr übergeben wurde und am vergangenen Montag in den Einsatzdienst überführt wurde, wie es der Chef der Ennepetaler Feuerwehr, Brandrat Frank Schacht, sagte. Die neue Drehleiter hat eine Nennrettungshöhe von 23 Metern bei einer Ausladung von 12 Metern. Um dieses zu realisieren, besitzt sie einen Leiterpark von 32 Metern Länge.
Eine gelbe Leiter mit Signalwirkung
Die Feuerwehr Ennepetal hat nicht nur Rot. Der Leiterpark wurde mit einer bei den Feuerwehren in Deutschland sehr seltenen Beschichtung in Schwefelgelb versehen. „Eine von zahlreichen Maßnahmen zur Erhöhung der Signalwirkung“, erläuterte Frank Schacht.
Das Drehleiter-Fahrzeug, das nach dem aktuellsten Stand der Technik ausgerüstet ist, hat ein Fahrgestell von Mercedes Benz, eine Gesamtmasse von 16 Tonnen und eine Motorleistung von 230 kW. Wehrchef Frank Schacht und der Sachgebietsleiter Technik in der hauptamtlichen Wache, Björn Windhövel, stellten das Fahrzeug, das über zahlreiche passive und aktive Sicherungselemente verfügt, vor. Hervorragendes Merkmal sei die verbaute Hinterachszusatzlenkung, eine sogenannte Titan-Lenkachse. „Der Fahrer ist in der Lage, diese Zusatzlenkung individuell zu aktivieren. Arbeiten die Achsen gegenläufig, verringert sich der Kurvenradius exorbitant. Arbeiten die Achsen in gleicher Richtung, ist es möglich, im ,Hundehang’ seitlich beispielsweise zwischen parkende Kraftfahrzeuge zu fahren. Das ist gerade in unseren engen und häufig zu geparkten Straßen ein riesiger Gewinn“, erläuterte Frank Schacht.
Björn Windhövel: „Unser Ziel ist, in Ennepetal in acht Minuten am Einsatzort zu sein. Bei der Menschenrettung ist jede Sekunde wichtig!“ Einen Zeitverlust durch Rangieren werde es nicht mehr geben. Der Maschinist kann auf einem Monitor im Fahrerhaus alle vier Stützen und ihre voraussichtliche Lage sehen, ohne das Fahrzeug verlassen zu müssen. Zehn bis 20 Sekunde Zeitgewinn, die durchaus entscheidend sein können für die Menschenrettung, mache ein einziger Tastendruck im Bereich der Fahrertür möglich. Die Drehleiter könne so ausgefahren werden und vor dem Fahrerhaus das letzte 4 Meter lange Leitersegment mit dem Rettungskorb abknicken.
Der Rettungskorb sei ausgelegt für vier Personen (400 kg Belastung). „Mit dem Einlegen des Nebenantriebes werden alle Scheinwerfer am Korb und an der Leiterspitze automatisch aktiviert. Hinzu kommt die ,Sky-Beam-Technologie’, die mit einer Lichtleistung von sensationellen 33.600 Lumen den Himmel über der Drehleiter ausleuchtet, um Gefahrenquellen auch nachts und bei schlechten Wetterbedingungen frühzeitig erkennen zu können“, heißt es.
Zusätzlich seien auch gleich zwei Hochspannungswarneinrichtungen verbaut. „Ein Sicherheitsgewinn“, so Frank Schacht, der an mehrere tödlichen Unfälle in Deutschland erinnerte, „wie Kollegen im Rettungskorb in einem Lichtbogen elendig verbrannten“.
Schacht und Windhövel wiesen auf die Selbstschutzanlage hin, die einen Wassernebel rund um den Rettungskorb aufbaue. Im Korb selbst sei ein fernsteuerbares Wendelstrahlrohr als Wasserwerfer (2500 Liter/min Wasserabgabe) eingebaut.
Noch mal zur Schnelligkeit: Im Beifahrersitz wurde ein Atemschutzgerät verbaut, so dass sich der Beifahrer bereits während der Fahrt mit umluftunabhängigen Atemschutz ausrüsten kann.
Der verbaute Leiterpark stammt von der Firma Magirus. Die gesamte Steuerung, welche sowohl aus dem Korb als auch vom Bedienstand aus möglich ist, erfolgt elektronisch. Auf LCD-Displays werden alle technischen Informationen angezeigt. Und richtig Lärm machen kann das Fahrzeug auch. Es ist auch mit einem Bullhorn ausgerüstet. Damit können sich zum Beispiel die Wehrleute am Einsatzort Signale geben, wenn einmal die Funktechnik versagen sollte. Mit einem Dröhnen des Bullhorns verabschiedete die Feuerwehr ihren Besuch eindrucksvoll.
Neue Drehleiter kostet eine Million Euro
Bei der Übergabe der neuen Drehleiter in der Hauptwache der Feuerwehr dankte Bürgermeisterin Imke Heymann den Wehrleuten und auch dem Rat der Stadt, der die Beschaffung des eine Million Euro teuren Fahrzeugs möglich machte. Die jetzt außer Dienst gestellte Drehleiter sei im Jahre 2003 beschafft worden. „Mit ihr hat die Feuerwehr viele Menschenleben retten können“, sagte Imke Heymann im Beisein ihrer Stellvertreterin Anita Schöneberg, des SPD-Fraktionschefs Volker Rauleff, des Vorsitzenden des Ausschusses für Feuerwehr und Ordnungswesen, Christoph Lotz (SPD), und des Ratsmitgliedes Ulrich Röhder (Bündnis 90/Die Grünen). Sie gehe davon aus, dass die alte Drehleiter veräußert werde.
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Die Magirus-Drehleiter hatte im Jahr 20015 einen defekten Kühler. „Es gab europaweit keine Ersatzteile“, so Wehrchef Frank Schacht. „Der neue Kühler wurde in einer kleinen Schrauberwerkstatt handgedengelt“. Der Technische Überwachungsdienst habe 2019 massive Mängel an der Drehleiter diagnostiziert. So musste die schon geplante Ersatzbeschaffung für 2022 vorgezogen werden. Eine Arbeitsgruppe der Feuerwehr übernahm Markterhebung und Planung, der Ratsausschuss für Feuerwehr und Ordnungswesen sowie die Entscheider in der Stadtverwaltung stellten die formalen Weichen