Schwelm. Schwelmer können ihre Stimme am 13. September auch Kandidaten von BIZ und AfS geben. In ihren Programmen setzen sie verschiedene Schwerpunkte.
Zur Kommunalwahl am 13. September treten in Schwelm erstmals zwei Wählergruppen an, die sich vor kurzem erst gegründet haben und in den Rat der Stadt Schwelm einziehen wollen. Sie nennen sich BIZ und AfS. Warum es sie gibt und wofür sie stehen, haben sie im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt.
BIZ
BIZ steht für Bildung, Innovation und Zukunft. Der Gründer der Wählergruppe ist Ufuk Ergen. Er wollte ursprünglich für den Integrationsrat, der am 13. September erstmalig in Schwelm gewählt wird, kandidieren. „Als ich mich näher damit befasste, merkte ich, dass das nicht zu mir passt“, erzählt der 34-Jährige.
Ufuk Ergen ist in Schwelm geboren, hat nach seinem Abitur am Märkischen Gymnasium Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Finanzen an der Bergischen Universität Wuppertal studiert und ist nach beruflichen Etappen unter anderem bei Thyssenkrupp und als Privatdozent an zwei Universitäten in den Fächern Internationale Strategie, Zeitmanagement und Nachhaltigkeit aktuell bei einem großen Energiedienstleister als Innovationsmanager tätig.
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„Ich war schon immer politisch interessiert. Daher wollte ich zuerst auch in den Integrationsrat. Aber dann wurde mir klar, dass das Gremium gar nicht mein ganzes Themenspektrum abdeckt und eher beratend tätig ist. Ich hätte dort gar nicht so mitgestalten können, wie ich das gerne möchte.“ Ufuk Ergen trifft eine Entscheidung. Warum nicht für den Rat kandidieren? Bei den Parteien findet er sich inhaltlich nicht wieder. Also sucht er sich Mitstreiter und Gleichgesinnte, die schließlich die Wählergruppe BIZ gründen. Das war im Juni.
BIZ ist nicht nur der Name, sondern auch Programm. Gute Bildung ist die Grundlage für mehr Innovation, beides Voraussetzung für eine bessere und nachhaltige Zukunft, heißt es auf der Webseite der Wählergruppe. Sie macht sich stark für mehr Digitalisierung und eine modernere Bildung in den Schulen. „Unterricht ist heutzutage viel zu theoretisch, viel zu wenig praktisch“, sagt Ergen.
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Bund und Land würden bei der Bildung zwar den Rahmen vorgeben. Vor Ort könne man dennoch viel mehr machen. „Warum gibt es an Schwelmer Schulen noch keine Digital AG? Wir müssen Schüler mehr motivieren, Ideen selbst umzusetzen.“ Ufuk Ergen spricht vom Praxistransfer zwischen Schulen und Unternehmen und sieht dabei in Schwelm noch deutlich Luft nach oben. Er spricht von Vorträgen an Schulen, von mehr Start-Up-Mentalität, von „Lust auf Gründung machen“. „Warum sollte Schwelm nicht zum technologischen Vorreiter der Region werden?“, heißt es auf der Webseite der Wählergruppe.
Ein weiterer Punkt, für den sich BIZ stark macht, ist die Gründung eines Jugendstadtrates. „Wir wollen Jugendliche in Schwelm für Politik begeistern und sie dazu motivieren, sich aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen“, so die Wählergruppe. Kritik übt BIZ daran, dass der Bahnhof ein Schandfleck und Zassenhaus immer noch eine Brache ist und dass die Parks und Spielplätze in Schwelm nicht mehr sicher seien. „Nach fünf Jahren Stillstand in Schwelm muss sich endlich etwas ändern“, findet die Wählergemeinschaft. Sie tritt in allen 19 Schwelmer Wahlbezirken mit einem Direktkandidaten an.
AfS
In 18 der 19 Wahlbezirke tritt auch die Wählergruppe Alles für Schwelm (AfS) mit einem Direktkandidaten an. Ähnlich wie bei der BIZ tragen auch bei der AfS viele Mitglieder einen Namen, der auf einen familiären Migrationshintergrund schließen lässt. Im Unterschied zur BIZ, in deren Programm das keine Rolle spielt, gehört es bei der AfS zur DNA.
Die Wählergruppe hat ihren Ursprung in dem vor zwei Jahren gegründeten Kulturverein „Schwelmer aus Kars“, der sich für die Eingliederung von Menschen aus anderen Ländern und Kulturen in Schwelm einsetzt. Der Kulturverein ist im Koordinierungskreis Ausländische Mitbürger Schwelm (KAMS) vertreten und tritt auch zur Wahl des Integrationsrates an.
„Anfang 2020 hatten wir im Verein darüber diskutiert, wie wir unsere Arbeit auf städtischer Ebene noch besser einbringen können. Aber wir waren uns nicht sicher, ob wir schon bereit sind, für den Rat zu kandidieren“, berichtet Okan Ildirim von AfS-Vorstand. Noch vor dem Corona-Lockdown sei die Entscheidung gefallen, es doch zu wagen.
Das sind die Vorstände der Wählergruppen
Der Vorstand der Wählergruppe BIZ setzt sich zusammen aus: Vorsitzender Ufuk Ergen, Stellvertretende Vorsitzende Yeliz Ergen und Mesut Erarslan, Schriftführerin Hatice Erarslan, Kassierer Fatih Erarslan.
Der Vorstand der Wählergruppe AfS: Vorsitzender Hakki Aka, Stellvertretende Vorsitzende Ersoy Erdag und Muharemm Yildiz, Schriftführerin Esengül Senpolat, Kassierer Okan Ildirim, Beisitzer Filiz Völkel und Dogukan Akbaba.
Ziel der AfS ist es, die „Integration der Menschen in Schwelm zu fördern und von Migranten zu fordern“. So steht es auf dem Wahlflyer, der in Kürze verteilt wird. Darüber hinaus will sich die AfS für den Ausbau von Förderangeboten für Schüler und Studenten (z.B. Schülerhilfe und Praktika-Vermittlung) und generell für ein besseres gesellschaftliches Miteinander einsetzen. „Die meisten von uns haben einen Migrationshintergrund. Wir kennen die Probleme und können aus unserer Erfahrung heraus Lösungen anbieten“, erklärt Ildirim. Ihm ist wichtig: „Bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen muss natürlich unabhängig vom Migrationshintergrund mehr gemacht werden“.
Einen weiteren Punkt, den sich die AfS auf die Fahne geschrieben hat, ist die Förderung des regionalen Tourismus. „Es geht hier nicht um Fünf-Sterne-Hotels“, erklärt Okan Ildirim. „Uns ist aufgefallen, dass viele Schwelmer woanders hinfahren, wenn sie etwas unternehmen. Beispielsweise zum Joggen an die Talsperren in den Nachbarstädten statt in den Schwelmer Wald. Ist es hier nicht mehr so schön? Und woran liegt es dann?“, sagt Ildirim. Schwelm habe viel Potenzial, dass es zu heben gilt, findet die AfS. „Die Menschen besinnen sich in der Corona-Zeit wieder auf ihre eigene Stadt. Das ist eine Chance. Wir wollen da enger mit dem Stadtmarketing zusammenarbeiten.“
70 Prozent der Menschen mit türkischen Wurzeln, die in Schwelm wohnen, kämen aus der Stadt Kars, berichtet Okan Ildirim. Dort lebten Muslime unterschiedlicher Ausrichtung, Aleviten und Christen nebeneinander. „Für uns spielen weder Religion noch Politik noch Ideologie die entscheidende Rolle“, erklärt der AfS-Vorstand. Dass man keiner Partei nahe stehe, sei ein großer Vorteil. So könne man später sachbezogen mit jeder Partei zusammenarbeiten.
„Wenn wir nur einen Sitz im Rat bekommen, wäre es schon ein großer Erfolg für uns“, sagt der AfS-Vorstand. „Unabhängig davon, ob wir reinkommen, ist es uns wichtig, mit der Kandidatur ein Zeichen zu setzen, dass es in Schwelm eine ethnische, politische und religiöse Vielfalt gibt und dass Jüngere vielleicht sagen: Wir wollen auch mitmachen.“