Schwelm. Drei Kandidaten wollen als Bürgermeister ins Rathaus in Schwelm einziehen. SIHK-Präsident Ralf Stoffels nimmt sie ins Kreuzverhör.
Die Zeit ist reif für einen neuen Bürgermeister aus Schwelm für Schwelm. Doch wer die Wahl hat, hat die Qual. Denn gleich drei Kandidaten wollen die noch amtierende Amtsinhaberin Gabriele Grollmann-Mock, die nicht wieder antritt und damals aus Münster in die Kreisstadt eingeflogen wurde, am 13. September beerben.
Sowohl Philipp Beckmann (FDP) als auch Jürgen Lenz (gemeinsamer Kandidat von CDU und Bündnis 90/Die Grünen) sind in Schwelm geboren und wohnen auch in Schwelm. Der parteilose Stephan Langhard, Kandidat der SPD, stammt zwar aus Gevelsberg, wohnt aber seit 1999 in der Brunnenstraße in Schwelm. In der „Wahlarena Schwelm“, veranstaltet von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) und dem Märkischem Arbeitgeberverband, mussten sich die Kandidaten für den Chefsessel im Rathaus den Fragen von SIHK-Präsidenten Ralf Stoffels stellen.
Kandidaten zum Anfassen waren sie aber alle nicht. Das lag weniger an den Personen selbst, sondern an den Rahmenbedingungen der Veranstaltung, die von der Coronaschutzverordnung vorgegeben wurden. Nur 42 Gäste waren im Veranstaltungsraum der Sparkasse zugelassen, die Stühle weit auseinander gerückt, die vorangemeldeten Besucher mussten Masken tragen und durften sie erst am Platz absetzen. Und die persönliche Begegnung zum Schluss der Veranstaltung fiel diesmal auch aus. Wegen Corona.
Rathaus-Neubau
Sie wohnen alle in Schwelm, und sind bisher doch nur einem kleinen Teil der Bürgerschaft bekannt. Wahlkampf in Zeiten von Corona hat seine eigenen Gesetze. Wer nach dem gut zweieinhalbstündigen Fragenmarathon die Wahl des Bürgermeisters an den Antworten festmachen wollte, wie es mit dem beschlossenen Neubau des Rathauses auf dem Brauereigelände weitergeht, der hatte noch das leichteste Spiel. Für Beckmann ist die „Rathausplanung in der Innenstadt ein zentraler Fehler“, der korrigiert werden muss. Langhard sieht beim Thema Kommunalfinanzen und Rathaus-Planung noch Beratungsbedarf. „Hat sich die Welt geändert durch Corona, müssen wir das noch einmal auf den Prüfstand stellen.“ Und Lenz spricht im Zusammenhang mit dem Rathaus-Beschluss von einem „klassischen Kompromiss“, der erzielt wurde. „Das Rathaus gehört in die Stadt, mit dem Kauf der Brauerei-Brache hat sich die Stadt städtebauliche Planungshoheit gekauft.“
Innenstadtentwicklung
Bei den übrigen Themen verlief die Trennlinie nicht so klar. Die Statements der Kandidaten wiesen viele Parallelen auf, zeigten im Detail aber unterschiedliche Ansätze. Die Stärkung der Innenstadt, des Einzelhandels und der Gastronomie wollen alle drei. Für Langhard gehört dorthin ein Vollsortimenter als Frequenzbringer und ein weiterer Drogeriemarkt. Für Beckmann ist mit Blick auf die Leerstände die Schaffung zusätzlicher Gewerbefläche im Rathaus kontraproduktiv. „Wenn die Nachfrage runtergeht, lohnt es nicht, das Angebot zu erhöhen.“ Er spricht sich für mehr Veranstaltungen in der Innenstadt aus, die Aufenthaltsqualität in den Abendstunden zu steigern und eine Markthalle im Kesselhaus. „Mit dem Feierabendmarkt hat das funktioniert.“ Für Lenz ist das Kulturhaus mit Musikschule, Bücherei und VHS der Frequenzbringer. Dazu zusätzliche Einzelhandelsfläche im Rathaus.
Gewerbegebiet Linderhausen
Ein klares Nein gibt es von den drei Kandidaten zur Entwicklung eines möglichen Gewerbegebiets in Linderhausen. Lenz will im Stadtgebiet vorhandene Brachen revitalisieren und prüfen, was an der Ruhrstraße möglich ist. Er sieht Schwelm als Standort für Dienstleiter und streicht die Nähe zu den Unis in Duisburg und Dortmund heraus. Schwelm müsse sich auf junge, dynamische Unternehmen konzentrieren und seine gute Verkehrsanbindung hervorheben. Langhard sieht keinen Platz mehr für eine große zusammenhängende Gewerbefläche. „40 Prozent des Stadtgebiets sind bereits bebaut, das ist doppelt so viel wie der Durchschnitt.“
Bildung
„Schulpolitik ist die hohe Kunst der Kommunalpolitik“, sagt Langhard und fordert mit einem interkommunalen Schulentwicklungskonzept „städteübergreifendes Denken“ ein. „Die Probleme sind in Schwelm nicht alleine zu lösen.“ Beckmann bekennt sich zum dreigliedrigen Schulsystem und meint, Schwelm habe auf dem Gebiet bisher „einen guten Job gemacht“. Lenz ist zufrieden mit der Schullandschaft. Alle drei Kandidaten stehen zu den Umzugsplänen von Engelbertschule und Erprobungsstufe Gymnasium in die alte Gustav-Heinemann-Schule und wollen das Digitale stärken.
Die Wahlarena auf YouTube
Die Veranstaltung „Wahlarena Schwelm“ wurde auch als Livestream auf YouTube übertragen und von 127 Usern verfolgt. Bis Donnerstagnachmittag hatten insgesamt 297 Nutzer sich die Fragerunde mit den Bürgermeisterkandidaten angeschaut. Wer die „Wahlarena Schwelm“ noch sehen möchte, gibt auf youtube.com in der Suchmaske „Wahlarena Schwelm“ ein. Dann erscheint das Video ganz oben in der Ergebnisliste.