Ennepetal. Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass der 30-jährige keinen Anschlag geplant hat. Ermittlungen gegen den Ennepetaler laufen weiter.

Den 30-jährigen Ennepetaler, den die Polizei mit Waffen und Drogen aufgegriffen hatte, in dessen Wohnung und der seiner Freundin sie ebenfalls Waffen, Drogen und zahlreiche Nazi-Devotionalien sowie rechtsextremes Propaganda-Material gefunden hatte, ist wieder auf freiem Fuß. „Das, was wir am Ende gefunden haben, reicht nicht für einen Haftbefehl aus“, sagt der Hagener Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli auf Nachfrage dieser Zeitung. So durfte der Ennepetaler am Freitag nach einigen Nächten im Hagener Polizeigewahrsam die Heimreise antreten und kann nun von zu Hause aus auf seine Anklage warten – wenn es denn dazu kommt. Die gute Nachricht, die sich dahinter verbirgt: Die Möglichkeit, dass es sich um einen Rechtsradikalen handeln könnte, der möglicherweise Anschläge plant, schließen die Ermittlungsbehörden mittlerweile aus.

Zufallsfang am Hagener Bahnhof

Eher zufällig war der Ennepetaler den Polizisten am vergangenen Dienstagmorgen um 9.20 Uhr am Hagener Hauptbahnhof im Rahmen einer Schwerpunktkontrolle gegen den dort florierenden Drogenhandel in die Arme gelaufen. Und die erfahrenen Polizeikräfte staunten nicht schlecht, was sie bei ihm fanden. Während der Kontrolle am Hagener Bahnhof kamen eine Gaspistole mit Munition, ein Einhandmesser, ein Schlagring, scharfe Munition, mehrere Druckverschlusstütchen mit Betäubungsmitteln, verschreibungspflichtige Medikamente sowie ein Aufkleber, der auf die rechte Szene verweist, zum Vorschein.

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Die Beamten fackelten nicht lange, nahmen den Ennepetaler vorläufig fest, waren in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Noch am gleichen Tag lagen Durchsuchungsbefehle vor für die Wohnung des Vaters in einem Enneptaler Mehrfamilienhaus, in der der 30-Jährige gemeldet war und ein Zimmer hatte, sowie für die Wohnung seiner Freundin in Sprockhövel. Und das, was die Beamten dort fanden, war auf den ersten Blick enorm und sehr besorgniserregend. Am Ende der Durchsuchungen hatten sie mehr als 100 Asservate mitgenommen: Gaspistolen, scharfe Munition, Stich-, Schlag- und Wurfwaffen, Elektroschocker, eine Armbrust mit Stahlpfeilen, chemische Substanzen sowie verschiedene IT-Geräte und Speichermedien – unter anderem eine Festplatte und das Smartphone des Mannes. Außerdem fand die Polizei weitere Betäubungsmittel und stieß auf zahlreiche Nazi-Propaganda-Materialien.

Vor allem in der Ennepetaler Wohnung soll laut Informationen dieser Zeitung die gesamte Decke seines chaotischen Zimmers mit Fahnen der SS und der Reichskriegsflagge abgehängt gewesen sein. Nicht zuletzt deshalb hatte der Staatsschutz die Ermittlungen gegen den Ennepetaler übernommen. Denn in Verbindung mit seiner offensichtlich rechten Gesinnung hatten in erster Linie die unbekannten Chemikalien die Aufmerksamkeit der Beamten erregt.

Chemikalien

„Derzeit deutet nichts darauf hin, dass er die Chemikalien zum Bauen eines Sprengsatzes verwenden wollte“, sagt Dr. Gerhard Pauli. Laut Informationen sind die Chemikalien zwar in Verbindung mit diversen weiteren Substanzen dafür geeignet, Sprengstoff herzustellen, aber hier scheint ein anderer Zweck vorzuliegen: Drogen. Die asservierten Substanzen sind wohl vor allem beliebt, um Drogen zu strecken.

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Nachdem die Ermittlungen immer weiter fortschritten, deutete sich von Tag zu Tag mehr an, dass der Mann keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Weil ebenso keine Fluchtgefahr besteht, war es aus Sicht der Staatsanwaltschaft Hagen nicht notwendig, einen Haftbefehl auszustellen. „Die scharfe Munition hätte er mit seinen Waffen nicht abfeuern können, was die verfassungsfeindlichen Symbole anbelangt, müssen wir auch genau prüfen, was am Ende davon übrig bleibt“, sagt Dr. Pauli auf Nachfrage dieser Zeitung und fährt fort: „Wir glauben nicht, dass von ihm eine Gefahr ausgeht.“

Vater will nichts bemerkt haben

Die Ermittlungen gegen den 30-jährigen Ennepetaler, der seit seiner Jugend bereits mit seinem Vater unter einem Dach wohnt, laufen derweil weiter. Denn nur, weil er nicht in einer Zelle sitzt, heißt das nicht, dass er nicht auch angeklagt und verurteilt werden wird. Derzeit stehen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetzt, das Waffengesetz sowie die Nazi-Propaganda ganz oben auf der Liste der möglichen Anklagepunkte. Derweil werden die Asservate weiter ausgewertet. Aber auch hier hat sich nach der Durchsicht der ersten Datenträger der Anfangsverdacht auf einen sehr gefährlichen Rechtsextremen bislang nicht bewahrheitet.

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Im Zuge dieser Ermittlungen soll laut gut informierter Quellen auch bereits der Vater des Verdächtigen befragt worden sein. Er hat gegenüber den Beamten angegeben, nichts von all dem, was sein Sohn in seinem Zimmer hortete und mit sich herumtrug, mitbekommen zu haben, obwohl dessen Zimmer komplett mit der Symbolik des Dritten Reichs plakatiert gewesen sein soll.

Bis die Ermittlungen abgeschlossen sind und Anklage erhoben werden kann, wird allerdings wohl noch einige Zeit verstreichen – schließlich sicherte die Polizei eine beträchtliche Anzahl an Asservaten in den beiden Wohnungen im südlichen EN-Kreis.