Ennepetal. Hegering Ennepetal geht in die Luft: Er setzt eine Drohne mit Wärmebildkamera ein, um Rehkitze auf Wiesen zu finden. Bereits vier Tiere gerettet.

Gleich der erste Einsatz war ein großer Erfolg: Vier Kitze konnten die Einsatzkräfte des Hegerings Ennepetal mithilfe ihrer neu angeschafften Drohne retten. Mit Hilfe großzügiger Spenden hatten die Jäger das Fluggerät samt Wärmebildkamera anschaffen können. Nicht zuletzt hatte der Hegering am Engagementwettbewerb EN Krone der AVU teilgenommen und mit 777 Stimmen den mit 500 Euro dotierten Publikumspreis gewonnen.

„Für den ersten Einsatz war das enorm“, freut sich Hegeringleiterin Beate Flockenhaus darüber, dass die Drohne zur Kitzrettung sich gleich als so nützlich erwies. Am Tag zuvor hatte ein Jagdaufseher telefonisch bei Beate Flockenhaus gemeldet. Die Bauern, die aus Tierschutzgründen verpflichtet sind, nach Kitzen und Jungtieren zu suchen, wollten in dem Revier ihre Wiesen mähen. Jagdpächter und Jagdaufseher helfen gerne bei der Suche und arbeiten mit dem Hegering zusammen.

Ein Team aus mehreren Piloten

Die Hegeringleiterin stellte ein Team aus mehreren Piloten, Co-Piloten und Buschleuten – die eigentlichen Retter – zusammen. Die zu bearbeitenden Wiesen wurden vorher auf Google Earth inspiziert, um sicherzustellen, dass die Drohne dort starten darf. „Wir müssen uns strikt an die Vorgaben des Luftfahrtbundesamtes halten und das Gelände vor dem Start checken“, so Flockenhaus. Sollte es die zu bearbeitende Fläche hergeben, könne man die Drohne vorher programmieren, um diese selbstständig fliegen zu lassen. Bei schrägem und unwegsamem Gelände muss der Pilot die Drohne allerdings auf jeden Fall manuell fliegen.

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Morgens um 5.30 war es dann so weit: Kurz vor Sonnenaufgang wurde die Technik an der ersten Wiese im Bereich Rüggeberg/Mühlinghausen aufgebaut und der erste Drohnenflug gestartet. Alle warteten gespannt darauf, einen kleinen orangefarbenen Punkt auf dem Laptop-Display zu sehen. Der stellt Wärme dar, es könnte sich also um ein Kitz handeln. Zunächst wurde mehrfach eine Wärmequelle ausgemacht, doch die Helfer mit ihren Wäschekörben zogen umsonst los. Wahrscheinlich handelte es sich um Restwärme und die Jungtiere waren schon vorher geflüchtet.

Geschützt unter einem Wäschekorb

Am frühen Morgen macht sich der Suchtrupp an die Arbeit. Pilot und Co-Pilot kümmern sich um die Technik, die anderen um die Tiere.
Am frühen Morgen macht sich der Suchtrupp an die Arbeit. Pilot und Co-Pilot kümmern sich um die Technik, die anderen um die Tiere. © WP | Privat

Doch dann standen die Buschleute vor einem winzigen Kitz, dass sie mit Gummihandschuhen und Gras in den Händen bargen, damit das Kitz keinen menschlichen Geruch annimmt. Das Kitz selbst ist geruchslos, damit es vor Feinden geschützt ist. Es duckt sich und bleibt ruhig liegen. Die Helfer trugen das junge Reh vorsichtig an den Waldrand und legten es geschützt unter einen Wäschekorb. Diesen befestigten sie mit Stäben am Boden, damit es nicht wieder in die zu mähende Wiese zurück läuft. Nach dem Mähen befreien der Bauer oder weitere Helfer die Kitze dann sofort wieder.

Auf einer anderen Wiese fanden die Hegering-Aktiven ein schon größeres Kitz, das vor ihnen in den Wald flüchtete. Der Bereich wurde mit Stäben und Flatterband „abgeflattert“, damit das Kitz nicht vor dem Mähen zurückkommt. Auf der letzten Wiese stießen die Helfer mit den letzten Minuten Akku-Laufzeit der Drohne auf drei weitere Kitze, die sie retten konnten.

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Um 8 Uhr morgens endete der erste Drohneneinsatz. Am folgenden Tag fand der Hegering-Suchtrupp kein Tier. Zwar entdeckte die Drohne Verdächtiges, die Buschleute stießen aber unter anderem nur auf einen dampfenden Kuhfladen. Mittags herrschte schließlich Klarheit, dass man kein Kitz übersehen hatte. „Allein der wundervolle Sonnenaufgang über Ennepetal war es an diesem Morgen wert, so früh aufgestanden zu sein“, zeigte sich die Hegeringleiterin keineswegs enttäuscht von der vergeblichen Suchaktion. In der Folge war das Wetter zu regnerisch für den Drohneneinsatz. Außerdem sind die Kitze dann auch schon größer, so dass sie mit der Ricke mitlaufen und sich nicht mehr in eine Wiese ducken. „Das machen sie eigentlich nur in den ersten zwei Wochen“, erklärt Beate Flockenhaus.

Gerne schon eher angeschafft

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Für die Drohne bezahlte der Hegering bisher samt Zubehör rund 4700 Euro. Nicht zuletzt benötigt man einen Tragegurt für die Steuerung sowie zusätzliche Akkus, um die Einsatzzeit in den wenigen Stunden, in denen die Suche überhaupt möglich ist, zu verlängern. Steigen die Temperaturen am Tag an, ist mit der Wärmebildkamera kein Unterschied zu einem Kitz zu erfassen. Gerne hätte man die Technik bereits früher angeschafft, so Flockenhaus. Doch im April/Mai reichte das Geld noch nicht. Nun habe man aber immerhin noch einige Einsätze fliegen können, meint Beate Flockenhaus. Im kommenden Jahr sei man dann von Anfang an startklar.

Bevor es Ernst wurde, hatten die Hegering-Aktiven mit der Drohne trainiert. Fachkundige Anleitung gab es vom Lieferanten des Fluggeräts. Tim Cramer, Frank Ceska, Robin Barsuhn und Horst Flockenhaus ließen sich zu Piloten ausbilden, zudem gibt es Co-Piloten, die während des Einsatzes auf das zweite Display, auf das das Fluggerät Bilder sendet, schauen. Auch die Kitzrettung ist heutzutage eine hochtechnisierte Angelegenheit.

Großzügige Spender

Schon seit einiger Zeit hatte der Hegering Ennepetal auf die Anschaffung einer Drohne mit Wärmebildkamera zur Kitzrettung gespart. Doch Corona-bedingt waren die Spenden zeitweise nur zögerlich eingegangen.

Dank großzügiger Spenden der Stadt Ennepetal, der Sparkasse-Ennepetal-Breckerfeld, der AVU, des Hegering Gevelsberg und einiger privater Sponsoren konnte die Anschaffung dann doch getätigt werden.