Gevelsberg. Die Stadt hat die Mittelstraße gesperrt, um den durch Corona gebeutelten Wirten Raum zu geben. Die Aktion erlangte bundesweite Beachtung.

Nachdem die gastronomischen Betriebe wieder Gäste empfangen durften, liegen deren Umsätze nicht ansatzweise bei den Zahlen wie man sie aus einem vergleichbaren Zeitraum im vergangenen Jahr aufweisen konnte. Und dass, obwohl sie sich sehr viel Mühe geben, die Hygiene- und Sicherheitsschutzmaßnahmen befolgen. Was die Gastronomie bei den Abstandsregelungen daher am dringendsten braucht, ist Platz – und den gewährte ihnen die Stadt Gevelsberg am Samstag und Sonntag, mittels der Erlaubnis zu einer zeitlich begrenzte Ausdehnung der Sondernutzungsflächen.

Was mit anderen Worten hieß, die Mittelstraße wurde vom 13. bis 14. Juni für den Verkehr gesperrt, damit die dort angesiedelten Gastronomie ihre Außengastronomie bis auf die Fahrbahnen ausdehnen konnten, um so mehr Sitzplätze anbieten zu können. Und wer die Gevelsberger kennt, der ahnte schon im Vorfeld, dass sie trotz der noch bestehenden Pandemie in die Wohnzimmer der lokalen Gemeinschaft einkehren würden.

Disziplin auf der Mittelstraße

Die Kirmesgruppe Pinass Brumse stößt nach Monaten ohne Treffen vor der VHS an der Mittelstraße an.      
Die Kirmesgruppe Pinass Brumse stößt nach Monaten ohne Treffen vor der VHS an der Mittelstraße an.      © WP | André Sicks

Zudem war dies ja auch ein sichtbaren Zeichen an Solidarität für die heimischen Gastronomiebetriebe, dem die Unterzeichnung der sogenannten „Gevelsberger Erklärung“ voraus gegangen war, die Bürgermeister Claus Jacobi, gemeinsam mit dem Vorsitzenden des altehrwürdigen Gevelsberger Wirtevereins, Ralf Hedtmann Inhaber des Bistro Papillon, und dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer von DEHOGA Westfalen, Lars Martin, kürzlich an den Start gebracht hatte. Diese stößt landesweit auf großen Zuspruch und etliche Kommunen wollen dem Beispiel der Gevelsberger folgen.

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Blauer Himmel, Sonnenschein, angenehme Temperaturen – es zog die Menschen hinaus aus ihren vier Wänden. Sie konnten mal wieder etwas geselliges Leben genießen. „Endlich mal wieder etwas unternehmen in diesen Zeiten“, hörte man von allen Seiten. Es war für viele so eine Art Befreiung – ein Loslassen können. So erging es auch der Kirmesgruppe „Pinass Brumse“.Sie hatten sie sich im Vorfeld bei Kai „Bombe“ Czychon, dem Inhaber vom Pub 18 (Rosendahler Straße) und vom Kuckucksnest in der Hochstraße, zwei Tische in seinem eigens eingerichteten Biergarten vor der VHS reserviert um ihr „Schiff“ mal wieder auf hohe See zu bringen. Auch wenn man es nicht mit der Gevelsberger Kirmes vergleichen konnte, dennoch war es für die Truppe um Brumse-Chef Stefan Remmel ein tolles Gefühl, mal wieder unter Menschen sein zu dürfen.

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Dass es dafür zwischen den einzelnen Tischen einen geforderten Mindestabstand bedurfte, man sich in Anwesenheitslisten eintragen musste und die Bedienungen mit Maske das Bier ausschließlich an die Tische servierten, etwas ungewöhnlich aber „es tat der Stimmung keinen Abbruch“, erzählten die Kirmesfreunde, Von daher hatte das Brumse-Schiff bis spät in die Nacht hinein stets Wasser unterm Kiel.

Vertrauen in Gäste zahlt sich aus

Auch in den Restaurants selbst, waren die Tische komplett gefüllt, und die Gäste, unter ihnen auch Bürgermeisterkandidat Felix Keßler, sparten nicht an Lob für die Aktion. Man konnte ohne Ängste die Gevelsberger Gastronomie besuchen, die Betriebe waren in einer für sie neuen Realität angekommen. Zudem wurde die Einhaltung der Corona-Vorschriften vom Ordnungsamt und einem privaten Ordnungsdienst strengstens kontrolliert: Jeder konnte sich irgendwie sicher fühlen und war einfach nur glücklich darüber, dass das Leben nach Gevelsberg zurückgekehrt war. Gleichzeitig – so lautet zumindest eine erste Bilanz – haben sich die Menschen sehr diszipliniert an die Regeln gehalten, um die Aktion nicht zu gefährden.

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Mittendrin waren Unternehmer Moritz Schoenawa und Bürgermeister Claus Jacobi mit einem Bollerwagen unterwegs, um die 18 teilnehmenden Gastronomiebetrieben mit Hygieneartikeln auszurüsten. Genauer gesagt, spendete Schoenawa 200 Flaschen Handdesinfektionsmittel und 200 Pakete an Tüchern zur Flächendesinfektion für die Gevelsberger Gastronomie. Angefangenvom Eiscafé Concetta in der Fußgängerzone bis hinauf zum Bistro Papillon.

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Dem aber nicht genug, am Sonntagnachmittag kamen zudem zahlreiche Bürgermeister, Landes- und Bundespolitiker in die Stadt, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie die Aktion funktioniert, der auch die Verantwortlichen in Gevelsberg mit leichter Sorge entgegenblickten, ob alle die Hygieneregeln einhalten. Auch Fernsehteams sowie die Deutsche Presseagentur berichteten bundesweit über die Aktion in Gevelsberg und schauten genau hin, wie sich die Besucher verhielten.

Das Vertrauen in die Gäste schien sich aber ausgezahlt zu haben. Sie dankten es am Ende mit Disziplin, Anstand und vor allem der Einhaltung aller aufgestellten Regeln.