Schwelm. Zunächst als Vize-, später als Präsident hat sich der Schwelmer Hartmut Ziebs für die Feuerwehr eingesetzt. Ein Rückblick im Interview.
Hartmut Ziebs war lange Jahre Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes und damit der ranghöchste Feuerwehrmann in Deutschland. Durch seine klare Haltung gegen rechte Tendenzen innerhalb der Feuerwehren hat sich der gebürtige Schwelmer bei verschiedenen Landesverbänden nicht gerade beliebt gemacht. Das führte auch letztendlich dazu, dass er nicht wieder in das Amt gewählt worden ist. In dieser Zeitung hält er Rückblick auf interessante Jahre in der Bundeshauptstadt Berlin und Ausblick auf das, was er in der kommenden Zeit vorhat.
Sie haben Jahre lang als Feuerwehrmann die Interessen ihrer Kollegen in Berlin vertreten. Dort hatten sie auch einen Zweitwohnsitz. Vermissen Sie die Bundeshauptstadt?
Hartmut Ziebs: Ich war und bin immer gerne in Berlin. Natürlich fehlt mir etwas unsere Bundeshauptstadt. Aber, ich bin immer Schwelmer geblieben. Schwelm würde ich vermissen.
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Was haben Sie an ihrer Funktionärstätigkeit besonders geschätzt?
Man konnte etwas bewegen und Einfluss nehmen. In der Funktion als deutscher Feuerwehrpräsident hatte man national und international ein durchweg positives Standing. Aus dieser Position heraus war der Zugang zu Politikern, Ministern, Ministerien oder dem diplomatischen Dienst vergleichsweise einfach.
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Wenn sie einmal Rückschau halten, welche Geschehnisse fallen Ihnen da sofort ein?
Dies sind zwei Begegnungen. Bei meinem Besuch in Armenien habe ich die teilweise katastrophalen Zustände der Unterkunft von Berufsfeuerwehrleuten kennen gelernt. Trotzdem versehen diese Frauen und Männer fröhlich, stolz und gerne den Dienst. Leider konnten wir aus Deutschland die ersehnte Hilfe nicht leisten. Im Frühjahr 2017 war eine Gruppe israelischer Feuerwehrleute in Deutschland zu Besuch. Aus diesem Grund war ich in einer jüdischen Gemeinde zum Abendessen eingeladen. Mich haben die Sicherungsmaßnahmen zum Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen schockiert. Mein alter Freund Yitzhak Itzik sagte mir: „Du musst Dir jetzt noch die jüdische Schule in Berlin-Mitte anschauen. Wir müssen unsere Kinder in einem Hochsicherheitstrakt zur Schule schicken.“ Neben der Angst vor islamistischen Attentätern, prägt auch immer noch die Angst vor Neonazis und Antisemiten das Leben der Juden in Deutschland. Das stimmt mich ungemein nachdenklich und gleichzeitig traurig.
Sie haben viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens durch ihre Tätigkeit getroffen. Welche Person hat bei Ihnen den größten Eindruck hinterlassen?
Ich kann dies nicht auf eine Person begrenzen, es gab mehrere Menschen, die ich sehr schätzen gelernt habe. So hatte ich zum Beispiel zu den beiden Bundespräsidenten Gauck und Steinmeier immer eine gute Beziehung. Bundespräsident Gauck hat nach dem dramatischen Brandunglück in Titisee eine ungemein einfühlsame Begegnung mit den Rettungskräften die mich schwer bewegt hat. Zu Bundespräsident Steinmeier habe ich ein besonderes Verhältnis. Er hat sich unter anderem von einfachen Feuerwehrleuten in einem Gespräch über die Sorgen und Nöte berichten lassen. Soweit es in seinem Rahmen möglich ist, nimmt er sich der Probleme an. Es hat mich positiv überrascht, dass der Bundespräsident über die Diskussionen im DFV, die letztlich zu meinem Rücktritt geführt haben, sehr gut unterrichtet war. Hierzu hatten wir einen offenen Meinungsaustausch. Die Bundeskanzlerin hat mich in den Gesprächsterminen immer wieder durch ihr Wissen zu einzelnen Themen fasziniert. Ich habe unsere Bundeskanzlerin als faire und kompetente Gesprächspartnerin sehr schätzen gelernt. In gleicher Weise haben der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, Kardinal Marx, der ehemalige Sicherheitsberater aus dem Haus Springer, Herr Yitzhak Itzik und Herr Prof. Dr. Jürgen Gramke aus Essen positive Spuren bei mir hinterlassen.
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Als Chef-Lobby der deutschen Feuerwehr haben Sie im Dienst der Sache viele Gespräche geführt. Vieles läuft auf persönlicher Ebene ab. Haben alle ihre Gesprächspartner ihre Zusagen gehalten?
Ja, alle Gesprächspartner aus der Politik und den Ministerien haben sich an die Absprachen gehalten. Da gab es nie Enttäuschungen für mich.
Gibt es irgendetwas, was Sie aus heutiger Sicht anders machen würden?
Ich würde alles wieder so machen. Lediglich die Personalführung in der Bundesgeschäftsstelle des DFV würde ich heute stringenter handhaben.
Was haben Sie an Berlin geschätzt, was hat Ihnen nicht so gut gefallen?
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Berlin ist eine irre lebendige und schnelllebige Stadt. Berlin ist sexy, aber arm. Wenn man aber im Regierungsviertel arbeitet und wohnt, läuft man Gefahr in einer Blase zu leben und den Blick für die Menschen und die tatsächlichen Herausforderungen zu verlieren. Daher ist es mir immer wichtig, den Kontakt zum normalen Leben zu halten.
Hat ihre Tätigkeit als Präsident des Feuerwehrverbandes ihre Einstellung zur Politik geändert?
Nein! Mir hat die ehemalige und leider schon verstorbene Landtagsabgeordnete Monika Brunert-Jetter einmal gesagt, ich sei der politischste Bezirksbrandmeister, den sie kenne. Scheinbar haben mich die Schwelmer Politik und die Landespolitik gut auf Berlin vorbereitet.
Nun sind Sie wieder in Schwelm. Der große Bereich des Ehrenamts in Berlin ist weg. Welche Ziele haben Sie sich in ihrer Heimatstadt gesetzt?
Ja selbstverständlich engagiere ich mich weiter ehrenamtlich! Ich war und bin ein überzeugter Schwelmer Feuerwehrmann. Aber ich möchte auch weiterhin in der Politik mitgestalten. Man lernt nie aus. Und so habe ich vieles im politischen Berlin und der Weltpolitik dazu gelernt. Ich möchte weiterhin den Menschen in unserem Land und unserer Stadt dienen.