Arnsberg. Bernd Löhr zeigt klare Kante für weltoffene Haltung und gegen Versuche einer rechtsextremen Unterwanderung der Arnsberger Feuerwehr.

Der Fall „Hartmut Ziebs“, sein angekündigter Rücktritt als Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes und die Diskussion um die von ihm formulierte Sorge vor einer Unterwanderung der Feuerwehr durch die AfD schlägt weiter Wellen. Unsere Zeitung sprach mit Bernd Löhr, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Arnsberg, über die Auswirkungen auf die heimischen Brandlöscher.

Wirkt der Fall Ziebs bis in die Feuerwehr Arnsberg?

Bernd Löhr: Der Fall Ziebs hat natürlich auch die Angehörigen der Feuerwehr Arnsberg beschäftigt. Seit Anfang November war es bei vielen Zusammenkünften stets Thema. Es war auch für die Feuerwehr neu, dass sich ein solches Thema derart in den sozialen Medien breit gemacht hat und somit für jeden Feuerwehrangehörigen unumgänglich wurde.

Wie wirkte es sich aus?

Viele von uns kennen Hartmut Ziebs persönlich aus seiner Zeit als Bezirksbrandmeister der Bezirksregierung Arnsberg in der Zeit zwischen 2002 und 2015. Wir können die Geschehnisse rund um die Bundesgeschäftsstelle in Berlin aus der Ferne nicht beurteilen, machen uns jedoch große Sorgen um die Entwicklungen als Feuerwehr, hierdurch mit rechts-nationalen Gesinnungen in Verbindung gebracht zu werden.

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Wie beurteilen Sie den angekündigten Rücktritt?

Ich habe großen Respekt vor dem Rücktritt von Hartmut Ziebs zum 31. Dezember 2019, obwohl ihn gewisse Kritiker sicherlich als Sieg feiern. Doch hat Hartmut Ziebs letztendlich auch dem Druck nachgegeben und sich und seine Familie dadurch geschützt. Ich finde es unerträglich, dass er verbal dermaßen beschimpft und vor seinem Privathaus sogar unbekannte Flüssigkeiten festgestellt wurden. Beides hat dazu geführt dass der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen hat. Das alles hat in der Feuerwehr und in unserer Gesellschaft nichts verloren. Es geht eindeutig zu weit! Ziebs geriet nach seiner Warnung vor rechter Unterwanderung unter Druck.

Muss sich auch die Arnsberger Feuerwehr grundsätzlich mit diesem Thema auseinandersetzen?

Wir setzen uns immer mit allen möglichen Themen innerhalb der Feuerwehr auseinander, so auch mit diesem. Ich weiß aber, dass meine Feuerwehrangehörigen eine weltoffene und tolerante Haltung haben. Im Rahmen einer Dienstbesprechung der Führungskräfte haben wir über dieses Thema offen diskutiert, wir alle würden eine derartige Unterwanderung nicht dulden.

Der Müscheder Hubertus Mantoan gibt seine vor eineinhalb Jahren erhaltene Verbandsmedaille aus Solidarität mit Hartmut Ziebs zurück: halten sie das für richtig?

Der Hintergrund im Fall Ziebs

Nach einem wochenlangen Streit im Deutschen Feuerwehrverband über die Aussagen des Präsidenten Hartmut Ziebs zur AfD und rechten Tendenzen erklärte Ziebs Mitte Dezember seinen Rücktritt zum Jahresende.

Ziebs sprach von „fortgesetzten Intrigen und Behinderung seiner Arbeit“. Er forderte seine Stellvertreter auf, ebenfalls zurückzutreten, um den Weg für einen Neuanfang freizumachen.

Ziebs hatte von Hassbotschaften, Drohungen und öffentlichen Schmähungen gesprochen, in die auch seine Familie hineingezogen worden sei.

Zuvor hatte es schon Streit um die Amtsführung von Hartmut Ziebs gegeben, der den Feuerwehrverband immer wieder mit progressiven Ideen konfrontiert hatte.

Die Rücktrittsaufforderung mehrerer Vizepräsidenten brachte Ziebs damit in Verbindung, dass er sich gegen die Gefahr rechtsnationaler Tendenzen im Verband gewandt hat.

Die Rückgabe der Deutschen Feuerwehr-Ehrenmedaille, als höchste Auszeichnung für Personen die nicht aktiv der Feuerwehr angehören, hat mich unvorbereitet getroffen. Da ich Hubertus Mantoan aber gut und lange kenne, passt diese Entscheidung zu seiner geradlinigen gesellschaftlichen Haltung. Ich respektiere diese Rückgabe. Neben dem Ausdruck der persönlichen Haltung hat sie aber auch eine gewisse lokale Öffentlichkeit in dieses Thema gebracht und somit auch ihren Beitrag zur Verdeutlichung der Probleme geleistet.

Was nehmen Sie aus dem Fall Ziebs als Lehre für die Feuerwehr mit?

Aus dieser Angelegenheit kann man unterschiedliche Lehren ziehen. Man hat Hartmut Ziebs unter anderem ein Interview mit der Lausitzer Zeitung zum Vorwurf gemacht, in dem er auf die Gefahr der Unterwanderung der Feuerwehr durch rechts-nationale Tendenzen der AfD gewarnt hat. Hierdurch soll er die politische Neutralität des höchsten deutschen Feuerwehramtes verletzt haben. Ich sehe dies jedoch nicht als Einmischung in ein politisches Thema, sondern erwarte dies als Pflicht eines Präsidenten, vor möglichen Tendenzen zu warnen – egal welcher Gesinnung. Hartmut Ziebs war vielen Mitgliedern in den Feuerwehren zu progressiv. Er hat mit einer enormen Geschwindigkeit Thema angepackt und vorangetrieben, für die viele im Kopf vermutlich einfach noch nicht bereit waren. Die Feuerwehren blicken auf eine lange Tradition zurück. Oftmals ist es schwer, hier Neuerungen zu etablieren. Letztendlich bleibt uns in vielen Dingen aber nur die Veränderung - ob wir es wollen, gut finden oder nicht. Wenn das überwiegend ehrenamtlich getragene System Feuerwehr in Zukunft überleben will, muss es sich leider auch verändern und Neuerungen positiv entgegenstehen.

Was heißt das konkret für Arnsberg?

Weiterhin nehme ich als Lehre mit, dass unsere weltoffene Haltung in der Feuerwehr Arnsberg ein nicht zu diskutierender Kurs bleiben muss. Auch der Deutsche Feuerwehrverband hat das Motto geprägt „Deine Feuerwehr – Unsere Feuerwehr! Für ein offenes Miteinander“. Noch wichtiger ist jedoch die Haltung der Feuerwehrangehörigen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt. Wir werden weiterhin jedem in Not geratenem helfen, egal welcher Religion er angehört, welche Herkunft er hat oder welche politische Gesinnung er verfolgt. Wir helfen jedem ohne zu fragen und das auch weiterhin. Ein Weg, von dem wir uns nicht abbringen lassen. So wie es die Verordnung über das Ehrenamt in den Freiwilligen Feuerwehren des Landes Nordrhein-Westfalen rechtlich vorgibt: Die ehrenamtlichen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr müssen sich der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes verpflichtet fühlen. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Ehrenamt zum Wohl der Allgemeinheit auszuüben.