Gevelsberg. Gevelsberg: Aserbaidschaner soll Opfer nach Todesdrohung gewürgt haben. Dann verließ er das Land, bis ihn die Behörden schnappen. Prozessauftakt.

Das Angebot einer Scheinehe, ein abgelehnter Asylantrag, ein versuchter Mord und ein mehrjähriges Verschwinden bis zur Verhaftung – in der Geschichte, für die sich ab Dienstag vor dem Hagener Schwurgericht ein 28-Jähriger verantworten muss, kommt einiges zusammen. Dreh- und Angelpunkt soll nach den Ermittlungen ein Gevelsberger Kiosk gewesen sein. Dort soll es auch zu dem Mordversuch gekommen sein.

Ihren Anfang nahm die Sache bereits im Jahr 2015, als der heute 28-Jährige mit Frau und Kind aus Aserbaidschan nach Deutschland einreiste und sich in Gevelsberg niederließ. Nachdem Frau und Kind im Folgejahr wieder zurück in die Heimat gezogen sein sollen, blieb der Angeklagte hingegen in Deutschland – und wollte die Bundesrepublik offenbar auch nicht so bald wieder verlassen. Und an dieser Stelle kommt der Gevelsberger Kiosk ins Spiel.

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Der 28-Jährige hatte nämlich ein Auge auf die Schwester der Betreiberin geworfen. Ob es Liebe war oder nicht, ist wohl schwer nachzuweisen. So wie sich der Fall für die Anklagevertreter der Hagener Staatsanwaltschaft nun darstellt, soll es dem Aserbaidschaner vor allem darum gegangen sein, über eine Scheinehe – ungeachtet seiner bestehenden Ehe – in Deutschland bleiben zu können.

Ob es diesbezüglich tatsächlich ein Geldangebot des Angeklagten für die Frau gegeben hat, wird wohl der Prozess klären müssen. Fest steht hingegen, dass das Betreiberpärchen des Kiosks mit dieser Liaison ganz und gar nicht einverstanden war. Schwester und Schwager der potenziellen Ehepartnerin sollen den Angeklagten auch genau mit diesen Vermutungen konfrontiert haben.

Inhaber schläft in seinem Laden

Diesen Vorwurf wollte der Mann allerdings ganz und gar nicht auf sich sitzen lassen. Es kam zum Streit und im Zuge dessen soll der Angeklagte gedroht haben, „irgendetwas“ im Kiosk anzustellen. Ebenso soll er Schwester und Schwager gedroht haben, sie umzubringen. Vor allem wegen der Drohungen gegen das Geschäft als Existenzgrundlage, soll der Kioskbesitzer sich dazu entschieden haben, die Nacht vom 7. auf den 8. August des Jahres 2016 in seinem Laden zu verbringen.

Gegen 4.30 Uhr soll dort eine Angestellte mit ihrem Schwager in den Laden gekommen sein. Sie soll dem Mann um etwa 6 Uhr die Tür geöffnet und ihm gesagt haben, dass der Chef im Hinterzimmer schläft. Der Aserbaidschaner soll sich direkt in das Hinterzimmer begeben haben. „Dort soll er versucht haben, den Mann heimtückisch zu ermorden, indem er sich auf die Brust des Schlafenden setzte und diesen mit beiden Händen kräftig würgte“, schreibt Bernhard Kuchler, Pressesprecher des Landgerichts Hagen in einer Pressemitteilung. Erst als der Geschädigte durch das Würgen bereits rot angelaufen gewesen sei, soll die Mitarbeiterin des Kiosks aufmerksam geworden sein. Ihr Schwager hat laut Anklageschrift den Verdächtigen von seinem Opfer heruntergerissen. Dieser flüchtete anschließend.

Festnahme nach Einreise

Der Geschädigte soll Druckstellen am Hals und eine Platzwunde an der Unterlippe erlitten haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen versuchten Mordes, erhob im Jahr 2017 schließlich Anklage, so dass ein Haftbefehl gegen den 28-jährigen Gevelsberger erging. Doch der war derweil verschwunden. Ob er tatsächlich geflüchtet ist oder nur seiner Ausreisepflicht wegen seines abgelehnten Asylantrags nachgekommen ist, wird wohl schwer nachzuvollziehen sein, weil nach Informationen dieser Zeitung beides zeitlich sehr nah beieinander liegt.

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Fakt ist: In diesem Jahr stand der Gesuchte plötzlich wieder auf der Matte der Bundesrepublik Deutschland. Das blieb von den Ermittlungsbehörden nicht unentdeckt und schnell fand sich der Aserbaidschaner in Haft wieder. Mit mehrjähriger Verspätung wird nun vor dem Landgericht in Hagen das Verfahren gegen den 28-Jährigen wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eröffnet.

In der Regel zieht eine Verurteilung für diese schwerwiegenden Gewaltvergehen laut Strafgesetzbuch eine Gefängnisstrafe von drei bis 15 Jahren für den Täter nach sich. Der Angeklagte ist bislang – zumindest in Deutschland – nicht vorbestraft.