Ennepetal/Schwelm. PCB in Ennepetal: Die Messergebnisse liegen vor. Das bedeuten die Ergebnisse für die Gesundheit der Ennepetaler.
PCB-Emissionen in Ennepetal: Viel schneller als gedacht liegen die Ergebnisse vor, die das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) aus den Grünkohlproben gezogen hat. Es gibt neue Empfehlungen, was die Menschen in dem Bereich nicht essen sollten, es gibt das Angebot der kostenlosen Blutprobe, und die Firma biw von SIHK-Präsident Ralf Stoffels ist laut LANUV einziger Verursacher der PCB.
Die Ausgangslage
Im Oktober 2018 gab es Hinweise aus der Nachbarschaft auf weiße Partikel, die vom Himmel regnen. Die Flocken waren watteähnlich, wurden dem LANUV übergeben. Viele Proben später stand fest: Im Gewerbegebiet Oelkinghausen und am dicht besiedelten Büttenberg liegen erhöhte PCB-Emissionen vor. Zu genaueren Bestimmungen wurden Messstationen mit Grünkohl aufgestellt, weil weit fächernde Pflanzen sehr gut als PCB-Nachweis dienen.
Die Erkenntnisse
Auch interessant
Die wesentliche Erkenntnis des LANUV lautet: An drei der sechs Messpunkte fanden sich erhöhte PCB Werte. Diese werden wie bereits bei früheren Untersuchungen vom PCB 47 dominiert. Die höchste Belastung wurde an Messpunkt 2 und damit direkt nördlich der Firma biw festgestellt. „Die neuen Ergebnisse machen es möglich, die Lage differenzierter zu bewerten. Danach gilt weiterhin: Eine akute Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger liegt zwar nicht vor. Dennoch leistet das Plus an Klarheit auch keinen Beitrag, um den Menschen alle Sorgen nehmen zu können. Weil das so ist und sich nun erneut viele Fragen stellen, wird die Kreisverwaltung wie bereits in den vergangenen Monaten am Ball bleiben“, macht Landrat Olaf Schade deutlich. Für Anfang Februar will er zur nächsten Bürgerversammlung einladen.
Die Verzehrempfehlungen
Mit Blick auf die neuen Ergebnisse hat das LANUV seine Verzehrempfehlungen differenziert. Danach sollte im unmittelbaren Umfeld der Firma biw angebautes Blattgemüse nicht gegessen werden. „Dazu zählen Grünkohl, Mangold, Staudensellerie und alle Gemüse, von denen Blätter verzehrt werden“, sagt Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein. Für das Wohngebiet Büttenberg und Bauen mit der Sonne gilt die Vorgabe, dort angebautes Blattgemüse nicht öfter als ein- oder zweimal pro Woche zu verzehren. Für alles andere Gemüse und Obst gelten bei Beachtung entsprechender Vorgaben – beispielsweise gut waschen und schälen – keine Einschränkungen.
„Diese Empfehlungen bleiben so lange bestehen, bis die Messwerte auf ein erträgliches Maß reduziert werden“, sagt Wolfgang Flender vom Fachbereich Umwelt beim Kreis. So werden die Grünkohluntersuchungen auch in diesem Jahr fortgeführt.
Die Blutproben
Auch interessant
Weil Kinder deutlich anfälliger sind für die Gefahren, die von PCB ausgehen, wollen LANUV und Kreis allen Eltern anbieten, dass ihre Kinder eine Blutprobe abgeben, die auf PCB analysiert wird. „Ebenso wollen wir dies auch Frauen im gebärfähigen Alter anbieten, um zu analysieren, wie sehr ein Mutterleib möglicherweise belastet ist“, sagt Dr. Sabine Klinke-Rehbein. In den kommenden Tagen wird die Abstimmung mit dem LANUV zur genauen Vorgehensweise laufen. In dem betroffenen Gebiet leben etwa 1000 Menschen. „Das Labor beginnt mit der Analyse erst, wenn alle Proben eingetroffen sind. Eine Untersuchung auf PCB ist kein Standardverfahren, so dass es einige Zeit in Anspruch nehmen wird, bis Ergebnisse vorliegen“, sagt die Amtsärztin. Der Ennepe-Ruhr-Kreis geht von etwa 1000 Menschen aus, die ihr Blut untersuchen lassen könnten. Jede Blutprobe kostet etwa 1000 Euro. Summa summarum eine Million Euro. „Wir prüfen natürlich die Regresspflicht der Firma biw“, sagt Wolfgang Flender.
Die Gesundheitsrisiken
Auch interessant
Dr. Susanne Klinke-Rehbein zählt die Folgen zu hoher PCB-Konzentrationen für den menschlichen Organismus auf: „Die PCB greifen vor allem das Immunsystem an. Kinder reagieren möglicherweise nicht mehr adäquat auf wichtige Impfungen.“ Ebenso würden PCB das Nervensystem angreifen. „Es kann zu einer Verminderung der Lern- und Gedächtnisleistung kommen“, sagt die Medizinerin. Der Hormonhaushalt könne beeinträchtig werden und die gesamte Gruppe der PCB gelte als krebserregend für den Menschen. Für Tiere, die in dem Gebiet leben, bestehen diese Gefahren nicht. Kreisveterinär Dr. Peter Richter: „Wir haben Fleisch-, Milch- und Futtermittelproben genommen und werden dies auch weiterhin tun. Es besteht keine Gefahr. Niemand muss ein Tier kasernieren.“
Die Verursacherfirma
Während der EN-Kreis der Firma biw mangelnde Kooperation vorwirft, weist Inhaber Ralf Stoffels diesen Vorwurf weit von sich. biw-Anwalt Michael Hoppenberg will sich am heutigen Dienstag zu dem Fall äußern. Berichterstattung folgt.