Schwelm. Schwelm soll eine klimaneutrale Kommune werden. Als ersten Schritt hat die Politik jetzt einen Beschluss gefasst.

Andere Städte haben es vorgemacht, nun beschreitet auch die Kreisstadt diesen Weg. Der Rat der Stadt Schwelm hat sich mehrheitlich eine Selbstverpflichtung auferlegt, das Handeln und alle Entscheidungen der Stadt künftig unter die Prämisse des Klimaschutzes zu stellen. „Ziel muss es sein, dass Schwelm im Laufe der nächsten Jahre eine klimaneutrale Kommune wird,“ heißt es.

Gemeinsamer Antrag

Zugrunde liegt dieser Entscheidung, die in der jüngsten Sitzung des Rats der Stadt Schwelm mehrheitlich bei vier Enthaltungen fiel, ein gemeinsamer „Antrag zum Klimaschutz“ von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und der Partei Die Bürger. Mit dem elf Punkte umfassenden Beschluss erkennt der Rat an, dass „die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität“ zu betrachten ist, wie es in dem Antrag heißt. Und weiter ist dort zu lesen: „Der Rat der Stadt Schwelm stellt fest, dass die globale Klimakrise auch die Stadt Schwelm erreicht hat, bekennt sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und erkennt an, dass die Veränderung des Klimas auch in Schwelm ernsthafte Maßnahmen erfordert, um diese Ziele zu erreichen.“ Mit dem Beschluss setze die Stadt Schwelm ein deutliches Zeichen, dass die bisherige städtische Klimapolitik weiter entwickelt werden müsse.

Klimaschutzbudget in Höhe von 150.000 Euro

Weil die Umsetzung der Vereinbarung Geld kostet und um möglichst schnell damit starten zu können, wird im Haushalt 2020 ein so genanntes Klimabudget in Höhe von 150.000 Euro für investive Maßnahmen eingestellt. Diesem Vorschlag der FDP folgte der Rat mehrheitlich.

Konkret sollen mit dem Budget eine Machbarkeitsstudie für ein Parkhaus im Bahnhofsumfeld und mindestens zehn Baumpflanzungen in der Innenstadt finanziert werden.

Weitere Mittel aus dem Budget sollen als Anschubfinanzierung für ein öffentliches Ladestationen-Konzept bereitgestellt werden.

Das ist konkret geplant

Konkret verpflichten sich Politik und Verwaltung unter anderem zu Folgendem:

- Bei allen Entscheidungen der Stadt und auch der Technischen Betriebe Schwelm, die künftig anstehen, werden die Auswirkungen auf das Klima berücksichtigt und in den Beschlussvorlagen auch mit angegeben. Dargestellt wird, ob sich die Entscheidungen förderlich, neutral oder schädlich auf das Klima auswirken.

- Die Verwaltung wird beauftragt, „Klimaschutz ganzheitlich in Abstimmung mit den städtischen Gremien zu entwickeln.“ Das Thema Klimaschutz wird dazu direkt bei der Bürgermeisterin verankert. Sie soll den Rat und der Öffentlichkeit halbjährig über Fortschritte und Probleme informieren.

- Der Klimamanager wird fester Bestandteil der Stadtverwaltung. Es wird über den bisherigen Förderzeitraum hinaus eine volle, unbefristete Stelle eingerichtet und im Stellenplan festgeschrieben.

- Um mehr Klimaschutz im Bereich der Mobilität zu schaffen, soll das Radwegenetz in Schwelm ausgebaut werden. „Ein direkter Anschluss an die Radwegeverbindungen in den Nachbarstädten ist herzustellen. In neuen Wohngebieten soll zukünftig planungsseitig grundsätzlich die Einrichtung von Radwegen geprüft werden“, heißt es in dem Antrag. Darüber hinaus erarbeitet die Stadt gemeinsam mit der AVU ein stadtweites Konzept zur Errichtung eines öffentlichen Ladenetzes für Fahrräder und Autos. „Wo möglich, wird unmittelbar mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur begonnen“, heißt es.

- Die Stadt bekommt einen Beirat für klimagerechte Stadtentwicklung. Er soll mögliche Maßnahmen für und in Schwelm erarbeiten und der Politik Vorschläge zur Umsetzung machen.

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Unverhältnismäßige Belastungen vermeiden

Mit dem Beschluss hat Klimaschutz aber nicht automatisch und in jedem Fall Vorfahrt. Unter Punkt 11 des Antrags sind auch die Grenzen aufgezeigt. Dort heißt es wörtlich: „Der Rat der Stadt Schwelm erkennt die Notwendigkeit an, die klimagerechte Stadtentwicklung sozialverträglich und mit Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit sowie die Belange von Wirtschaft und Handel zu gestalten und dabei unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden.“

Meinungen der Fraktionen

Alle Fraktionen unterstrichen die Bedeutung des Klimaschutzes und eines gemeinsamen Vorgehens. Hier sind die Wortbeiträge der einzelnen Parteien in Auszügen wiedergegeben:

Thorsten Kirschner (SPD):

Wir sind uns als Rat der Größe dieser Aufgabe bewusst. Sie wird alle Bereiche erreichen. Klimaschutz findet überall statt beziehungsweise sollte überall stattfinden. Die Gespräche dazu haben uns das gesamte Jahr über begleitet. Klimaschutz ist ein so übergeordnetes Thema, dass es sinnvoll ist, einen gemeinsamen Aufschlag mit diesem Antrag zu machen.

Oliver Flüshöh (CDU):

Es geht darum, Anreize zu schaffen, Chancen zu schaffen und keine Verbote auszusprechen. Der Antrag ist ein guter Kompromiss, aus dem wir schnell zur Umsetzung kommen können. Mein Eindruck ist: Die Bürger sind bereit dafür. Ich habe die Hoffnung, bis zum Ende der Legislaturperiode im nächsten Jahr noch viel umsetzen zu können.

Michael Schwunk (FDP):

Es werden auch Maßnahmen sein, die Geld kosten, Eingriffe benötigen und für Einzelne Nachteile haben. Daher haben wir vorgeschlagen, im städtischen Haushalt ein Klimabudget einzurichten. Wichtig ist, dass wir es jetzt umsetzen müssen. Wir haben beim Klimaschutz nicht mehr die Zeit, es lange aufzuschieben.

Marcel Gießwein (Grüne):

Das ist ein erster Aufschlag und ein klares Bekenntnis aller, dass wir zukünftig Klimaschutz als vordringliche Querschnittsaufgabe in unserer Stadt wahrnehmen wollen und werden. Es ist wichtig, dass so ein weitreichender Beschluss möglichst breit getragen wird. Nur so könn en eine allgemeine Akzeptanz geschaffen und Wege für weitere Maßnahmen erschlossen werden. Denn machen wir uns nichts vor: Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Wir werden viele Entscheidungen zu treffen haben und die werden auch Geld kosten. Wer glaubt, Klimaschutz gäbe es zum Nulltarif, ist auf dem Holzweg.

Johanna Burbulla (Die Bürger):

Klimaschutz ist eine der wichtigsten, wenn nicht gar die wichtigste Aufgabe, wohl wissend, dass Klimaschutz nur gemeinsam angegangen werden kann. Wir werden es schaffen, wenn wir es für die Menschen der Stadt machen und nicht gegen sie.

Jürgen Kranz (SWG/BfS):

Es gibt Punkte, die können wir bei dem gemeinsamen Antrag so nicht mittragen. Klimaneutrale Kommune? Das ist doch nur eine Worthülse. Und der Vorschlag eines Beirates: Ist uns zu unkonkret. Daher lehnen wir den Antrag nicht ab. Aber wir als Wählergemeinschaft werden uns enthalten.

Eleonore Lubitz (Linke):

Der gemeinsame Antrag ist erfreulich. Dem kann man nur zustimmen. Aber die Maßnahmen werden kosten. Bedürftige dürfen nicht Leidtragende des Klimaschutzes werden

Jürgen Feldmann (Linke):

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Ich freue mich, dass wir so ein breites Bündnis für den Klimaschutz haben und wir die Ziele jetzt ernst nehmen. Was mich schmunzeln lässt: Die Probleme sind seit Jahrzehnten bekannt, und die absoluten Ablehner von einst machen nun so, als wenn sie Vorkämpfer in der Sache sind.