Ennepetal. Eine Riesen-Sauerei, die viele Fragen aufwirft: Unbekannte haben in einem Waldstück auf 20.000 qm hunderte Elektrogeräte illegal entsorgt.
Es ist kaum ein Durchkommen durchs dichte Geäst und Gestrüpp. Immer wieder fallen Worte wie „Unfassbar“ und „Was für eine Schweinerei“. Zwischen Blättern liegt ein Toaster, ein paar Meter weiter ein Mixer, und am Baumstumpf wurde ein Staubsauger abgelegt. Das ganze Ausmaß der Sauerei ist von keiner Stelle aus zu überblicken. Unbekannte haben im Waldstück zwischen dem Forstweg unterhalb der Breckerfelder Straße und der ehemaligen Straßenbahntrasse hunderte von Elektrokleingeräten illegal entsorgt. Auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern! Es ist die größte Wilde Kippe, mit der es Stadt und Forstamt jemals zu tun bekommen haben.
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Bürgermeisterin Imke Heymann schüttelt den Kopf. „Warum nur? Wer macht so was?“ Es sind Fragen, die sich auch ihre Begleiter stellen – und auf die es keine Antwort gibt. Noch nicht.
Hinweis ging vor drei Wochen ein
Vor drei Wochen erhielt das Ordnungsamt einen Anruf. Ein Anwohner aus Voerde hatte beim Pilzesammeln einen seltsamen Fund gemacht. In dem Forststück oberhalb des Schulte-Südhoff-Weges habe er mehrere Elektrogeräte gefunden. Firat Demirhan vom Ordnungsamt fuhr daraufhin raus, um sich mit dem Hinweisgeber an Ort und Stelle zu treffen. Was er entdeckte, war ein erschreckender Fund. Demirhan wurde nicht nur an besagter Stelle fündig. Egal in welche Richtung er ging, fand er immer wieder neuen Elektromüll. Ob weiter hoch oder weiter links oder weiter rechts. Zwischen den Blättern, an Baumstümpfen oder wo auch immer liegen Computer-Bildschirme, Staubsauger, Raclette-Geräte, Eierkocher, Hochdruckreiniger, Fernseher, Toaster, Kaffeemaschinen und und und. Demirhan hatte daraufhin ausgerechnet: Betroffen ist eine Fläche von 400 Metern in der Breite und 50 bis 60 Metern in der Höhe. Das Forststück liegt am Hang.
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Die Elektrogeräte wurden jedoch nicht auf einen oder mehreren Haufen abgelegt, sondern liegen weiträumig verteilt auf der gesamten Fläche herum. Wie viele es sind, kann nur geschätzt werden. Das Ordnungsamt geht von mehreren hundert aus.
Der Fund hat eine solche Dimension, dass sich die Stadtverwaltung für einen Ortstermin mit dem Revierförster, der Jagdaufsicht und der Presse entschied. Auch weil der Fall viele Fragen aufwirft und bei der Suche nach Antworten bzw. der Ermittlung der Übeltäter die Öffentlichkeit miteingebunden werden soll.
Eine der vielen unbeantworteten Fragen ist beispielsweise die, wie man so viele Geräte überhaupt unbemerkt an diese schwierig zugänglichen Stelle hinbekommt. Zumal sich die Übeltäter die Mühe machten, die Geräte noch viele Meter ins Gelände hinein zu schleppen. Von den Wanderwegen aus ist der Müll nicht zu erkennen.
Die Stadt vermutet, dass es mehrere Personen waren, die den Elektromüll – wahrscheinlich vom Schulte-Südhoff-Weg (Waldlehrpfad) aus -- ins Gelände brachten. Für eine Einzelperson wäre der Aufwand eher zu groß. gewesen Auch der Einsatz eines größeren Transportfahrzeuges ist naheliegend, und vermutlich geschah das Entsorgen – wegen der Anzahl der Geräte – in mehreren Etappen.
Unklar ist auch der Zeitraum, wann dies geschah. Auf vielen Elektrogeräten liegt eine dicke Schicht Blätter. Möglicherweise wurde der Müll schon vor Monaten dort entsorgt. Die einzige Eingrenzung die Revierförster Jens Nebel beim Ortstermin machen konnte: „2017 hatte hier eine Pflegemaßnahme stattgefunden. Da hatte noch nichts gelegen.“ Er spricht von der größten Sauerei, die er in seiner Amtszeit je zu sehen bekam.
Völlig überrascht und verärgert ist auch Karl-Heinz Reinke, der in dem Revier die Jagdaufsicht hat. „Ich war perplex, als ich davon hörte. Wir sind hier regelmäßig unterwegs, auch abends. Uns ist nie etwas aufgefallen. Dass das in dem Ausmaß überhaupt möglich ist… So eine Schweinerei habe ich noch nie gesehen. Das ist an Dreistigkeit und Unverschämtheit nicht zu überbieten.“
Wer etwas beobachtet hat, soll sich bei Stadt melden
Juristisch betrachtet handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Eine Straftat läge vor, wenn der Boden darunter verseucht wäre, beispielsweise durch auslaufende Betriebsmittel. Das teilte Stephan Langhard, zuständiger städtischer Fachbereichsleiter am Rande des Ortstermins mit.
Wer etwas im besagten Bereich beobachtet hat oder Hinweise zur Ermittlung der Übeltäter geben kann, soll sich bei der Stadt Ennepetal, Telefonnummer 02333/979-0, melden.
Mächtig angefressen zeigte sich auch Bürgermeisterin Imke Heymann. „Alles, was hier rumliegt, kann man kostenlos beim Wertstoffhof abgeben,“ hat sie kein Verständnis für die Tat. Allerdings gilt dies nicht für die gewerbliche Entsorgung.
Die Übeltäter gaben sich offensichtlich viel Mühe, dass man ihnen nicht auf die Schliche kommt. Seriennummern aus Geräten, die Rückschlüsse auf den Besitzer erlauben, wurden entfernt, berichtete Firat Demirhan.
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Bei der Beseitigung der Sauerei werden Forstamt und Stadt Hand in Hand arbeiten. Das Forstamt ist behördlich zuständig für die Reinigung des Forststückes, die Stadt für das Entsorgen des Mülls ab dem Wanderweg. Bei der Aktion helfen sollen Mitarbeiter der Gebal (Gevelsberger und Ennepetaler Beratung und Arbeitsgelegenheiten). Richard Blanke von der Gebal war am Dienstag mit vor Ort, um Einzelheiten abzusprechen.